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SOE: So werden Menschen vor kommenden Fluten gewarnt

Seit 2002 wurde viel in den technischen Hochwasserschutz investiert. Aber auch der Warnschutz wurde verbessert. Allerdings gibt es noch Lücken.

Von Maik Brückner
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So sah es am 13. August 2002 in Glashütte aus - das Foto entstand vom Aussichtspunkt Pilz.
So sah es am 13. August 2002 in Glashütte aus - das Foto entstand vom Aussichtspunkt Pilz. © Höhnel

Sachsen hat aus der Jahrhundertflut 2002 Lehren gezogen. Der Freistaat hat seither nicht nur Schutzdämme gebaut, Böschungen erhöht und Fließhindernisse abgebaut. Er hat auch die Warnsysteme verbessert. "Es wurde sehr viel getan", sagt Veith Hanzsch. Er ist einer, der es wissen muss. Hanzsch war über viele Jahre stellvertretender Kreisbrandmeister und ist nach wie vor Stadtwehrleiter in Glashütte. Das ist eine Stadt, die bei jenem Hochwasser arg in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Damals warnte die Feuerwehr die Bürger auf zwei Wegen. Sie fuhr mit Lautsprechern durch die Orte. Dabei wurden die Kameraden von der Polizei unterstützt. Aber auch über die Motorsirenen wurden die Leute gewarnt. "Die Sirenen haben so lange funktioniert, bis kein Strom mehr da war", erinnert sich der Feuerwehrschef.

Nach diesen Erfahrungen wurde in Warntechnik investiert - nicht nur in Glashütte, sondern in ganz Sachsen. Die Sirenen wurden erhalten. In einigen Kommunen im Kreis aber auch in Dresden wurden auch neue installiert. Zudem wurden Feuerwehrfahrzeuge mit Lautsprechern ausgerüstet, Gerätehäuser und Verwaltungsgebäude mit Netzersatzanlagen ausgestattet. Damit sollen die Verwaltungen und die Wehrleitungen auch bei einem Stromausfall handlungsfähig bleiben, sagt Hanzsch.

Glashüttes Stadtwehrleiter Veith Hanzsch hat die Flut 2002 hautnah erlebt. Um die Bürger besser vor solchen Ereignissen zu warnen, würde er gern alle Sirenen umrüsten. Doch dafür reicht das Geld nicht.
Glashüttes Stadtwehrleiter Veith Hanzsch hat die Flut 2002 hautnah erlebt. Um die Bürger besser vor solchen Ereignissen zu warnen, würde er gern alle Sirenen umrüsten. Doch dafür reicht das Geld nicht. © Egbert Kamprath

Zudem hat der Freistaat das Hochwasser-Informationssystem entwickelt und in Betrieb genommen. Mit diesem werden die Pegelstände der größeren Flüsse, die zu den Gewässer Erster Ordnung gehören und für die der Freistaat zuständig ist, erfasst. Davon haben auch die Bürger etwas. Jeder könne zu jeder Zeit die Pegelstände der Flüsse abrufen und erhält auch eine Prognose, erklärt Thomas Kunz, Sprecher des Landratsamtes Pirna. Bürger und Gemeinden können sich selbst gut informieren.

Warnsystem auch für Bäche und kleinere Flüsse

Hanzsch ist froh, dass nun auch an Warnsystemen für kleinere Flüsse und Bäche gearbeitet wird. Damit befassen sich Hochschulen und Universitäten. "Die Stadt Glashütte arbeitet bei zwei Projekten als assoziierter Partner mit", sagt der Feuerwehrchef. Generell sei das ein komplexes Thema. Da spielen unter anderem Wetterdaten, Niederschlagsmengen und Ablaufmodelle für die Gewässer eine Rolle.

Auf anderen Gebieten ist man schon weiter. In den letzten Jahren wurden auch Warnsysteme für Handys wie die Bürger Info- & Warn-App (kurz: BIWAPP) und die Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes (kurz: NINA) entwickelt.

Sollte es demnächst wieder zu Hochwasserereignissen kommen, setzt das Landratsamt auf einen "Warnmix". Je nach Lage werden die Bürger frühzeitig mittels WarnApps und über die Medien informiert. Ein wichtiges Element im Warnmix sind und bleiben nicht nur aus Sicht von Veith Hanzsch, sondern auch nach Ansicht des Landratsamtes die Sirenen. "Wir haben im Landkreis eine gute Sirenenabdeckung, mit der ein Großteil der Bürger erreicht werden kann", so Sprecher Kunz. Im Landkreis gibt es nach Informationen des Landratsamtes knapp 294 Sirenen, davon 239 Motorsirenen und 45 elektronische Sirenen, die alle den Kommunen gehören. In Glashütte könnten außerdem auch noch Megafone zum Einsatz kommen. Auch über das Radio und die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender werden Informationen herausgegeben.


Doch trotz dieser Investitionen gibt es noch Lücken im System, sogar in der Kreisstadt Pirna. Nach den Erfahrungen im Ahrtal hat der Bund nun ein Sirenenförderprogramm aufgelegt. Demnach sollten die Sirenen flächendeckend modernisiert werden. Der neue Standard sollen digitale Sirenen sein, mit denen auch Sprachnachrichten gesendet werden können und die dank eingebauter Batterien auch eine Weile ohne Strom auskommen. "Aus diesem Programm werden aktuell 32 Projekte im Landkreis gefördert", erklärt das Amt für Sicherheit und Ordnung im Landratsamt.

"Doch das Geld reicht bei weitem nicht aus", so Hanzsch. Das bestätigt Sprecher Kunz. Aufgrund der hohen Nachfrage soll das Programm nun vom Freistaat fortgeführt werden. Das könnte in den Jahren 2023/2024 aktuell werden. Die Entscheidung, ob der Freistaat hier tätig werden soll, hat der Landtag aber noch nicht getroffen, so Kunz.

So sah es nach dem Hochwasser in Glashütte am 14. August 2002 aus. Vor dem Bahnhof stand ein Container, der von den Wassermassen angespült wurde.
So sah es nach dem Hochwasser in Glashütte am 14. August 2002 aus. Vor dem Bahnhof stand ein Container, der von den Wassermassen angespült wurde. © Glashütte

Auch in Glashütte gibt es noch Schwachstellen. In einem Ortsteil existiert immer noch keine Sirene, in anderen, größeren Orten gibt es nur eine. Das ist zu wenig, um alle Bürger flächendeckend zu erreichen, so Hanzsch. Hier müsse nachgerüstet werden. Doch das geht nur, wenn die Kommunen Fördermittel ausreichend bekommen. Glashütte erhielt gerade nur so viel, um eine Sirene modernisieren zu können.

Einmal pro Woche gibt es einen Probealarm

Auch wenn sich alle Wünsch des Stadtwehrleiters erfüllen sollen: Auch in Zukunft wird es keine 100-prozentige Frühwarnung geben können. Man werde nie alle Bürger erreichen, vor allem wenn es sich um lokale Ereignisse handelt. Deshalb appelliert Hanzsch an den gesunden Menschenverstand und an das Mittun der Anlieger, die Grundstücke an Flüssen haben. Sie haben dafür auch eine Verantwortung und sollten die Uferbereiche regelmäßig pflegen und Abflusshindernisse beseitigen.

Bewährt hat sich indes, dass einmal wöchentlich immer mittwochs 15 Uhr ein Probealarm im Kreis stattfindet. Damit könne zumindest die Funktionssicherheit geprüft werden, so Hanzsch. Darüber hinaus gibt es einmal jährlich einen kreisweiten Probealarm mit dem Warnsignal und anschließender Entwarnung. Damit werde kontrolliert, ob das System funktioniert und das richtige Signal einheitlich abgestrahlt wird. Geplant ist dieser Test am 8. Dezember um 11 Uhr im Rahmen des nationalen Warntages, ergänzt Sprecher Kunz.

Die aktuellen Sirenen-Standorte sind öffentlich über das Geoportal des Landkreises einsehbar: http://gis.landratsamt-pirna.de/geoportal/