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Stadttauben in Sachsen in Not - Vereine kümmern sich um die Tiere

Stadttauben haben keinen guten Ruf. Sie werden für Schäden an Bauwerken verantwortlich gemacht und gelten als Krankheitsüberträger. Deshalb werden sie oft mit drakonischen Mitteln bekämpft. Initiativen setzen sich für die Tauben ein.

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Tauben sitzen im Taubenschlag auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses.
Tauben sitzen im Taubenschlag auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses. © Martin Schutt/dpa

Dresden. Wilde Tauben in sächsischen Großstädten sind für viele ein Ärgernis. Statt auf Stachelbänder und Spikes zur Abschreckung setzen Tauben-Vereine allerdings eher auf sanfte Methoden zur Bestandsregulierung, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Wie viele wilde Stadttauben es in Dresden gibt, ist nicht bekannt. Stadttauben seien Wildtiere so wie Spatzen, Raben oder andere Vögel auch, hieß es bei der Stadtverwaltung. Sie würden von der Stadt nicht betreut. Die städtischen Verwaltungsgebäude werden vereinzelt mit Spikes und Netzen versehen, um Tauben fernzuhalten, wie es hieß.

Der zweite Vorsitzende des Landestierschutzverbandes, Michael Sperlich, sieht bei den Stadttauben den Menschen in der Verantwortung. Sie seien keine klassischen Wildtiere, sagte er. Der Mensch habe sie domestiziert, ehe sie verwilderten. Die Anfeindung der Tiere als "Ratten der Lüfte" sei unberechtigt. "Taubenkot ist nicht problematischer als der Kot anderer Vögel auch." Sollen die Tiere irgendwo vergrämt werden, dürften sie nicht verletzt werden.

Die Dresdner Stadttauben-Initiative kümmert sich um die gescholtenen Tiere. "Wir betreuen in Schlägen am Bahnhof Mitte und in der Innenstadt etwa 500 Tauben", sagte Sebastian Genz von der Stadttauben-Initiative. "Auch die Loschwitzer Brücke über die Elbe - das sogenannte Blaue Wunder - ist so ein Tauben-Hotspot." Während der Sommermonate kämen viele Brieftauben hinzu, die bei Wettflügen entkräftet in der Stadt strandeten und sich den Stadttauben anschlössen.

Eine Taube fliegt im Taubenschlag der Stadttauben-Initiative Dresden e. V..
Eine Taube fliegt im Taubenschlag der Stadttauben-Initiative Dresden e. V.. © Robert Michael/dpa

Der Verein betreibt drei Taubenschläge und zwei Volieren. Die Tiere würden in den Schlägen artgerecht gefüttert und der Taubenbestand tierschutzgerecht reguliert. Dazu werden die Eier der Tauben heimlich gegen Eier aus Gips getauscht. Kranke und verletzte Tiere werden behandelt und gepflegt. Die Tauben würden von Menschen angeschossen, von Fallen verstümmelt oder auch mit Flüssigkeiten übergossen, sagte Genz. "Es hält sich das Vorurteil, dass sie Krankheiten übertragen, obgleich das eigentlich fast ausgeschlossen ist."

Doch jetzt wachse vor allem bei den Jüngeren Verständnis für die Tiere. Die Initiative arbeite mit Unternehmen zusammen. Der Verein sei auf Futterpatenschaften und private Spenden angewiesen. Unterstützung gibt es nicht. Es gebe kein entsprechendes Förderprogramm, bestätigte die Landesdirektion Sachsen in Chemnitz.

Taubenbestand in Chemnitz hat sich in den letzten 20 Jahren halbiert

Auf 500 bis 1.000 Brutpaare wird der Taubenbestand in Chemnitz geschätzt. Der Bestand habe sich in den vergangenen 20 Jahren etwa halbiert, sagte eine Stadtsprecherin. In der Stadt gebe es drei Taubenhäuser, die vom "Tierschutzverein Chemnitz und Umgebung" betreut würden und die sich der Haltung und artgerechten Fütterung von Stadttauben widmen.

Von einer Vermehrung der Stadttauben sei auch künftig nicht auszugehen, weil den Tieren viele Brutplätze durch den Abriss von Gebäuden oder Sanierung abhanden kämen, hieß es. Zudem hätten sich Wanderfalken in der Stadt niedergelassen, ein viertes Brutpaar etabliere sich gerade. Stadttauben stünden auf deren Speiseplan. Es gebe jedoch noch keine Untersuchungen, wie Wanderfalken die Population der Stadttauben beeinflussten, hieß es.

Wer in Leipzig Tauben füttert, muss mit hohen Geldstrafen rechnen

Wer in Leipzig wildlebende Tauben füttert, kann mit einer Geldbuße bis 5.000 Euro belangt werden. Die Tauben werden vom Infektionsschutzgesetz als Gesundheitsschädlinge eingestuft, begründete die Stadtverwaltung. Das Füttern der Tiere sei in der Polizeiverordnung verboten. Wer dagegen verstoße, begehe eine Ordnungswidrigkeit. Werden bei Kontrollen Taubenschwärme in Gebäuden oder auf Grundstücken festgestellt, sind die Eigentümer gefragt, diese etwa durch Stachelbänder tierschutzgerecht zu vergrämen, die Nistmöglichkeiten zu beseitigen oder Gebäudeöffnungen zu verschließen.

"Die Stadt ist schwierig, wenn es um ein tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement geht", sagte Konstanze Radke von der Stadttaubenhilfe Leipzig. "Seit Jahren versuchen wir vergeblich mit ihnen an einen Tisch zu kommen." Die Notwendigkeit von betreuten Schlägen und eine langfristige, artgerechte Reduzierung der Population durch den regelmäßiger Austausch der Eier durch Attrappen werde nicht gesehen.

Die Tiere seien auch durch das Fütterungsverbot unterernährt, viele seien krank und geschwächt. Die Menschen in Leipzig und Umland seien in den vergangenen Jahren jedoch sehr viel aufmerksamer und verständnisvoller geworden, sagte Radke. "Immer mehr Menschen melden uns verletzte oder schwache Tauben."

Seit etwa zweieinhalb Jahren gebe es eine Kooperation mit der Deutschen Bahn, um die Taubenpopulation an einem Bahnhof zu reduzieren. Im dem Schlag lebten etwa 120 bis 140 Tiere. "Wir tauschen jährlich rund 400 bis 500 Eier. Auch Tierarztpraxen kommen ab und an auf uns zu, wenn sie eine verletzte Taube haben." Die eine oder andere Hausverwaltung melde sich, wenn etwa Tauben an unerwünschten Orten nisteten. (dpa)