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Kulturerbe "Steigerlied": Die Hymne der deutschen Bergleute

Das "Steigerlied" ist deutsches Kulturerbe, das wurde am Donnerstag vor dem Landtag gefeiert. Auch Politiker sangen mit - einer kam sogar im Bergmannszwirn.

Von Bernd Klempnow & Niels Heudtlaß
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Das "Steigerlied" ist deutsches Kulturerbe - das wurde vor dem Landtag gefeiert.
Das "Steigerlied" ist deutsches Kulturerbe - das wurde vor dem Landtag gefeiert. © SZ/Angelina Sortino

Dresden. Auf schwarzen Hüten, verziert mit gekreuzten goldenen Hämmern, wippen gelbe Federbüsche rhythmisch im Takt. Raue Männerkehlen erheben sich zum Gesang. „Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt“ schallt es am Donnerstag über den Vorplatz des sächsischen Landtags. Der Steigerlied genannte Bergarbeiter-Hit gelangte am Vortag auf die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland.

Zu diesem Anlass intonierte der Männergesangsverein „Sachsentreue“ aus dem erzgebirgischen Neuwürschnitz das Lied bei strahlendem Sonnenschein auf den Treppen zum Parlament. Auch Frauen und Männer aus der Politik wie Kulturministerin Barbara Klepsch, Landtagspräsident Matthias Rößler und Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (alle CDU) reihten sich ein. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) erschien sogar im Habit der Bergleute.

Die Kulturministerkonferenz hatte am Mittwoch entschieden, das Bergmanns- und Volkslied in das bundesweite Unesco-Verzeichnis aufzunehmen. Der Antrag dazu war 2021 durch den Verein Ruhrkohle Musik in Nordrhein-Westfalen als länderübergreifende Initiative gestellt worden, weil das Lied große Bedeutung für alle Bergbauregionen in Deutschland genießt.

Für Sachsen war der 1990 gegründete Sächsische Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e.V. an der Ausarbeitung beteiligt, Dachverband und Interessenvertretung von 65 Vereinen mit aktuell mehr als 3.500 Mitgliedern aus Sachsen und der Tschechischen Republik.

„Die Würdigung für das Steigerlied ist auch eine Würdigung für all das, was an Traditions- und Brauchtumspflege hinter diesem Lied steht“, freut sich Heino Neuber, Zweiter Vorsitzender des Vereins. Die Ursprünge des Liedes reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Der erste Beleg einer öffentlichen Aufführung findet sich in der Beschreibung einer Festveranstaltung 1678 zu Ehren des sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. in Schneeberg. Das Lied kündet von der Hoffnung der Bergleute, nach der harten und gefährlichen Arbeit unter Tage wieder ans Licht und zu ihren Familien zurückzukehren. Es wird meist im Stehen gesungen und ist fester Bestandteil von Bergparaden im Erzgebirge, im Harz, im Ruhrgebiet oder im Saarland. Das Lied sei ein Identität stiftender Punkt für all diese Verbände, so Neuber. „Es zeigt, dass wir eine Einheit sind.“

Das Steigerlied ist lebendige Kultur und Identität. Es ist die Hymne der deutschen Bergleute und integraler Bestandteil der in Sachsen besonders lebendigen Bergbautraditionen“, so Kulturministerin Klepsch, die aus dem Erzgebirge stammt und sich beim Singen des Liedes als besonders textsicher erwies.

Viele Vereine und Privatpersonen, Gemeinden und Bildungsträger würden sich „in herausragender Weise für den Erhalt dieser einzigartigen Kulturform“ engagieren. Bisher gehörte das Lied nur zum entsprechenden Landesinventar von Nordrhein-Westfalen. Da es aber seit Jahrhunderten in allen Bergbauregionen Deutschlands gesungen wird und für die Gemeinschaft in den vom Berg- und Hüttenwesen geprägten Kulturlandschaften steht, hatte die Kulturministerkonferenz entschieden, das Singen dieses populären Liedes in das bundesweite Verzeichnis aufzunehmen. In dem gibt es derzeit 144 Einträge: 128 Kulturformen und 16 Modellprogramme zur Erhaltung Immateriellen Kulturerbes.

Doch nicht nur das Bergmann-Lied ist jetzt Kulturerbe. Ebenso wurden etwa die klassische deutsche Reitlehre und der Zirkus auf Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen ins Bundesverzeichnis aufgenommen. Der Zirkus sei laut Ministerium eine eigenständige Form der Darstellenden Künste, die eine Vielzahl von Kunstformen und Disziplinen verbinde: Theater, Musik, Athletik, Medien und Technik. Mit dem Antrag auf Aufnahme habe sich die Trägergruppe verpflichtet, die Geschichte des Zirkus hinsichtlich kolonialer Aspekte sowie die Tier-Mensch-Beziehung aufzuarbeiten.