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Straßenausbau: Nur in Sachsen drohen den Bürgern noch teure Rechnungen

Alle Ost-Länder haben die umstrittenen kommunalen Straßenausbaubeiträge längst abgeschafft. In Sachsen scheitert die Kenia-Koalition bisher an einer kleinen Verbesserung.

Von Gunnar Saft
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Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sorgt auch in Sachsen schon seit vielen Jahre für Proteste von betroffenen Bürgern. Anders als in vielen anderen Bundesländern können Kommunen im Freistaat weiter auf diese umstrittene Abgabe zurückgreifen.
Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sorgt auch in Sachsen schon seit vielen Jahre für Proteste von betroffenen Bürgern. Anders als in vielen anderen Bundesländern können Kommunen im Freistaat weiter auf diese umstrittene Abgabe zurückgreifen. © Steffen Füssel (Archiv)

Sie sorgten nach der Wende auch in Ostdeutschland für viele Negativschlagzeilen: Die kommunalen Straßenausbaubeiträge, die Bürgern in Rechnung gestellt wurden, nachdem die Straßen an ihren Privatgrundstücken ausgebaut oder saniert worden waren. Die zum Teil extrem hohen finanziellen Forderungen waren für Betroffene mitunter existenzgefährdend.

Die gute Nachricht für alle Bürger in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen: In diesen ostdeutschen Bundesländern wurden die Straßenausbaubeiträge – wie auch in einigen West-Ländern – mittlerweile komplett abgeschafft. Nur den Sachsen drohen im Fall der Fälle weiter teure Rechnungen.

Zur Landtagswahl 2019 hatte sich dann die SPD ins Wahlprogramm geschrieben, auch im Freistaat die Straßenausbaubeiträge endlich komplett zu streichen. In den gemeinsamen Koalitionsvertrag mit der CDU und den Grünen schaffte es dieses Projekt allerdings nicht. So können die sächsischen Kommunen diese Beiträge heute weiterhin erheben, lediglich eine generelle Pflicht dazu gibt es nicht mehr. Offenbar vertraut man im Freistaat darauf, dass etliche, aber bei weitem nicht alle Kommunen zuletzt auf das Eintreiben solcher Beiträge freiwillig verzichtet hatten.

Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde daher nur vereinbart, eine brisante Sonderregelung abzuschaffen. Die verpflichtet bis heute jede sächsische Kommune dazu, zumindest bei einer Haushaltsnotlage und damit bei besonders knapper Kassenlage die Straßenausbaubeiträge trotzdem von allen Bürgern einzufordern – ob das der zuständige Kämmerer oder Rathauschef vor Ort will oder nicht. Und genau diese „faktische Erhebungspflicht“, so waren sich CDU, Grüne und SPD vor über drei Jahren einig, sollte auch in Sachsen endlich wegfallen.

SPD-Abgeordneter macht Staatsregierung Druck

Eine Anfrage von Sächsische.de beim zuständigen Innenministerium in Dresden ergab jetzt allerdings: Passiert ist in der Hinsicht bisher nichts, im Gegenteil. In seinen Antworten lässt das Ministerium erkennen, dass man skeptisch ist, diese im Koalitionsvertrag von allen Regierungsparteien vereinbarte Änderung tatsächlich umsetzen zu können. So erklärt man im besten Behördendeutsch: Ein derartiger Eingriff in die allgemeinen Grundsätze über den Haushaltsausgleich und die Sicherung der dauerhaften finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen „mit dem Ziel, explizit nur die Erhebung von Straßenbaubeiträgen von dem zu betrachtenden Konsolidierungspotenzial ausnehmen zu können“, werde derzeit noch juristisch geprüft und bedürfe der weiteren Erörterung. Nach einer tatsächlichen Gesetzesänderung noch vor der nächsten Landtagswahl im Jahr 2024 klingt das alles nicht.

In den Reihen der Koalitionsfraktionen im Landtag sorgt dieses Zögern mittlerweile für Unruhe. Albrecht Pallas, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: „Kommunen mit finanziellen Schwierigkeiten, vor allem ihre Einwohnerinnen und Einwohner, werden durch den Zwang zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in Haushaltsnotlagen gegenüber anderen Kommunen erheblich benachteiligt und dadurch doppelt bestraft. Genau deshalb haben wir die Abschaffung dieser Regelung in den Koalitionsvertrag verhandelt. Ich erwarte von der Staatsregierung, dass sie den Punkt ohne wenn und aber umsetzt.“ Pallas kündigte an, von der Staatsregierung per parlamentarischer Anfrage eine Antwort einzufordern, wann genau nun das gemeinsame Vorhaben umgesetzt wird.

Zurückhaltender äußern sich bei dem Streitthema die Kommunen selbst. Mischa Woitscheck, Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages: „Es ist richtig, dass die Option zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen im Freistaat Sachsen erhalten bleibt und dies der aktuelle Koalitionsvertrag bekräftigt. Aus unserer Sicht gehört es zur kommunalen Selbstverwaltung und kommunalen Finanzhoheit dazu, auch solche weitreichenden Entscheidungen im Gemeinderat oder Stadtrat treffen zu können.“ Soll heißen, am besten, es bleibt alles genau so wie bisher.