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Vulkanismus im Vogtland: Sorgt Magma künftig für warme Stuben?

Unterirdisches Magma sorgt im Vogtland immer wieder für Schwarmbeben. Doch die Wärme tief unter der Erdoberfläche könnte für die Region auch von Nutzen sein und künftig vielleicht sogar ein Kraftwerk antreiben.

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Eine Wasserfontäne sprudelt aus der Thermalquelle Neumühle bei Geilsdorf im Vogtland. Unter der Quelle, die bei geologischen Erkundungsbohrungen Anfang der 1960er Jahre entdeckt wurde, vermutet man die größte unterirdische Wärme durch Vulkangeschehen im V
Eine Wasserfontäne sprudelt aus der Thermalquelle Neumühle bei Geilsdorf im Vogtland. Unter der Quelle, die bei geologischen Erkundungsbohrungen Anfang der 1960er Jahre entdeckt wurde, vermutet man die größte unterirdische Wärme durch Vulkangeschehen im V © Kristin Schmidt/dpa

Bösenbrunn. Die Erde im Vogtland bebt immer wieder, lässt Gase aufsteigen und warmes Wasser hervorsprudeln. Das in der Tiefe als Ursache für die Beben vermutete Magma könnte sich künftig als Wärmequelle erweisen. Im besten Fall wäre die damit verbundene Hitze aus der Tiefe für die Menschen nutzbar, erklärt Horst Kämpf vom Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). Besonders das Gebiet um Bösenbrunn erscheine günstig. "Sollte ein ausreichend großes, unterirdisches Wärme-Reservoir gefunden werden, besteht hier die Möglichkeit einer klimafreundlichen Energiegewinnung." Das lässt gerade in der aktuellen Energiekrise aufhorchen.

Vor allem für eine Lagerstätte im Ortsteil Schönbrunn, in der ehemals Flussspat abgebaut wurde, interessieren sich die Wissenschaftler. Vielen Einheimischen seien der Ort und sein 32 Grad warmes Quellwasser aus dem Untergrund – sogenanntes Thermalwasser - noch als Bademöglichkeit in Erinnerung, sagt Kämpf. In einer Tiefe von bis zu fünf Kilometern könnte das Wasser dort um die 200 Grad heiß sein, vermuten die Wissenschaftler. "Das sind Hinweise auf eine große unterirdische Wärme."

"Einzigartiges Potenzial für nutzbare Erdwärme"

Auch die Thermalquelle Neumühle mit ihrem 25 Grad warmen Wasser in der Nachbargemeinde Weischlitz zeige das Potenzial vor Ort. "Bisher wurde es verpasst, diesen unterirdischen Schatz zu nutzen, etwa in Form eines Thermalbades", sagt Kämpf, der seit Jahrzehnten als Geologe in der Region zu Schwarmbeben forscht. Ein Jahr läuft nun die Testphase des Projektes zur Tiefen-Geothermie - also zur Nutzung von Erdwärme aus bis zu 5.000 Metern Tiefe. Neben dem GFZ Potsdam sind auch Wissenschaftler der TU Bergakademie Freiberg und der Universität Jena involviert. Danach sind Anschlussprojekte vorgesehen.

Die Forschungen seien im Freistaat bisher einmalig und das Untersuchungsgebiet in Südwestsachsen nehme eine Sonderstellung ein, teilt das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie mit, das die Förderung übernimmt. 175.000 Euro sind für das erste Jahr vorgesehen. "Das Auftreten warmer Wässer im Untergrund ist wahrscheinlich stark mit den Schwarmbeben-Ereignissen im Vogtland verknüpft. Daraus ergibt sich in der Region ein einzigartiges Potenzial für nutzbare Erdwärme", heißt es in einer Stellungnahme. Nach derzeitigen Erkenntnissen beschränke sich das geeignete Areal auf die Gegend zwischen den Städten Plauen und Oelsnitz.

Vorerst nur Grundlagenforschung

Sonst seien die geologischen Gegebenheiten in Sachsen für diese Form der Wärmeförderung eher ungeeignet. Bei dem Projekt handle es sich vorerst um Grundlagenforschung. "Mit einem Forschungsvorlauf von ungefähr zehn Jahren könnte jedoch eine Wärmegewinnung aufgebaut werden. Für eine Abschätzung des Potenzials und einer damit verbundenen Kraftwerksleistung ist es jedoch in der jetzigen Projektphase noch zu früh", erklärt ein Behördensprecher weiter.

Mit vier Jahren reiner Forschungsarbeit rechnet Geologe Kämpf: "Wir erstellen ein Wärme-Reservoir-Modell, eventuell auch Vorschläge für erste Bohrungen und welche genauen Standorte sich für die Wärmegewinnung am besten eignen würden." Dazugehörige Untersuchungen an dem aufsteigenden Wasser und an Gasen will er vor Ort selbst übernehmen. Im Gegensatz zur oberflächennahen Geothermie, bei der über Rohre die Erdwärme für einzelne Eigenheime genutzt wird, gehen die Wissenschaftler bei der Tiefen-Geothermie mehrere tausend Meter in den Untergrund, um das vom Magma erhitzte Thermalwasser anzuzapfen. "Wir sind uns relativ sicher, dass sich unter dem Gebiet eine größere Wärmequelle befindet."

Hoffnung auf ein Kleinkraftwerk

Aber wie heiß ist es unter der vogtländischen Erde wirklich? Und wie genau breitet sich die unterirdische Wärme aus? "In den nächsten Jahren können wir mehr sagen", hofft Kämpf. Vielleicht reicht die unterirdische Wärme lediglich für einige Haushalte in der Region, vielleicht aber auch für eine Art Kraftwerk. "Das ist unsere große Hoffnung." Im süddeutschen Molassebecken oder der Rhein-Ruhr-Region sei diese Art der Wärmegewinnung schon realisiert worden oder in Planung. Kämpf: "Das sind Kleinkraftwerke, von ihrer Größe her nicht mit Kohle- oder Gaskraftwerken vergleichbar."

Mit Spannung wird das Forschungsprojekt in der Gemeinde Bösenbrunn selbst erwartet. "Natürlich wissen wir von dem Warmwasser-Vorkommen unter unserer Erde", sagt Bürgermeister Christian Klemet. Auch viele Einwohner hätten sich in der Vergangenheit die Frage gestellt, warum das Potenzial nicht besser genutzt werde. Aber die meisten Ideen wären für den kleinen Ort mit etwas mehr als 1.100 Einwohnern allein nicht zu verwirklichen gewesen - etwa ein Thermalbad. "Auch angesichts der aktuellen Energieprobleme sehe ich die Forschungen positiv", sagt der Bürgermeister und hofft, dass die Kommune frühzeitig in weitere Planungen eingebunden wird. (dpa)