Leben und Stil
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Weihnachten wie früher - Schönste Deko gesucht

In Krisenzeiten sehnen sich viele nach Traditionellem. Robert Woeste hilft in seinem Antikladen in Dresden, Herzen zu erwärmen. Zeigen Sie uns auch Ihre Deko!

Von Kornelia Noack
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Stammen aus längst vergangenen Zeiten: Räuchermännchen, Engel, Pyramiden, Schwibbögen im Antikladen von Robert Woeste in Dresden.
Stammen aus längst vergangenen Zeiten: Räuchermännchen, Engel, Pyramiden, Schwibbögen im Antikladen von Robert Woeste in Dresden. © Jürgen Lösel

Lehrer Lämpel zieht genüsslich an seiner Pfeife. Die Brille sitzt ihm auf der Nasenspitze, eine braune Bommelmütze auf dem Kopf. Vom korpulentem Bäckersmann direkt neben ihm mit dem langen grauem Bart, ein Nudelholz in der einen, eine Torte in der anderen Hand, nimmt er keinerlei Notiz.

Ebenso wenig wie von dem kleinen Waidmann in grünem Zwirn, dem Nachtwächter in Blau, den zwei fröhlichen Striezelkindern, dem Weihnachtsmann im roten Mantel oder dem Erzgebirgischen Bergmann. Und doch bilden sie eine Gemeinschaft, diese kleinen Figuren, die allesamt das Räuchern mögen.

Mehr als 1.500 historische Holzfiguren

Es ist ein buntes Volk, das in den Regalen und Vitrinen von Robert Woeste Aufstellung genommen hat. Mehr als 1.500 der kleinen, liebevoll geschnitzten Holzfiguren dürften es sein. Dass die meisten von ihnen schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel haben, sieht man ihnen kaum an. Regelmäßig im Advent verwandelt Robert Woeste seinen Antikladen in Dresden in eine kleine Weihnachtswunderwelt.

Das Besondere: Die Räuchermännchen, Engel, Pyramiden, Schwibbögen und auch Baumschmuck stammen aus längst vergangenen Zeiten. Lässt man den Blick schweifen, ruft das ein wohlig-warmes Gefühl hervor. Weihnachten ist das Fest der Familie und des Zusammenkommens. Da wird man schon mal ein bisschen emotionaler.

Brauchtum aus dem Erzgebirge

Wer den Laden des 45-Jährigen betritt, wird von kniehohen Bergmann- und Engel-Figuren empfangen – ganz traditionell in Uniform und mit roter Schürze. Die Zwei sind die wohl bekanntesten Erzgebirger, die es in zahlreiche Weihnachtsstuben in ganz Sachsen geschafft haben.

Bis heute gibt es in einigen erzgebirgischen Familien den Brauch, den Mädchen zu ihrer ersten Weihnacht einen Engel und den Jungen einen Bergmann zu schenken. Zur Weihnachtszeit werden die Holzfiguren dann ins Fenster gestellt, und jeder Vorbeikommende erfährt, wie viel Jungen und Mädchen in dieser Familie wohnen.

Weihnachten lebt von Erinnerungen

Genau solche Geschichten sind es, die die Herzen zur Weihnachtszeit erwärmen. Die letzten Wochen des Jahres sind für viele eine Zeit, in der sie sich nach Gefühlen aus der Vergangenheit sehnen: Nach der Fröhlichkeit, Wärme und Geborgenheit, die sie von den Weihnachtstagen ihrer Kindheit kennen – als die Familie in einem warmen und geschmückten Zimmer zusammenrückte und man etwas Schönes geschenkt bekam. Und da gehören eben auch Weihnachtsholzfiguren wie ein klassischer Nussknacker oder auch Wilhelms Buschs strenger Lehrer Lämpel dazu.

Der Lehrer Lämpel mit seiner langen Pfeife stand schon in der DDR auf so manchem Weihnachtstisch.
Der Lehrer Lämpel mit seiner langen Pfeife stand schon in der DDR auf so manchem Weihnachtstisch. © Jürgen Lösel

Suche nach besonderen Einzelstücken

„Nicht selten kommen Ältere mit einem Foto vorbei und suchen genau die eine Weihnachtsfigur, die damals im Regal bei den Eltern stand“, sagt Robert Woeste, der seinen Laden schon seit über 20 Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Daniel betreibt.

Hin und wieder konnten sie schon weiterhelfen. Denn die Woestes kaufen Weihnachtsschmuck von sächsischen Firmen aus DDR-Zeiten an und stellen die Einzelstücke zum Verkauf aus. Da finden sich unter anderem Exemplare von Dregeno, Weihnachtsspielzeug von Vero, Räuchermännchen von Max Dittmann, Schwibbögen der Seiffener Firma Glaesser oder kleine Engel des Grünhainicher Herstellers Wendt & Kühn aus den vergangenen Jahrzehnten.

Und ab und an ist dann eben genau die Figur dabei, die gesucht wurde oder eine Sammlung vervollständigen kann. „Viele schätzen das Vergangene oder wollen Stücke mit emotionalem Wert an ihre Kinder und Enkel weitergeben, weil es etwas Beständiges ist“, sagt Woeste.

Den "Räuchertürken" gab es einst in verschiedenen Ausführungen.
Den "Räuchertürken" gab es einst in verschiedenen Ausführungen. © Jürgen Lösel

Weihnachtstrend 2022: Wie anno dazumal

In Krisenzeiten wie heute voller Unsicherheiten und Sorgen verwundert es daher nicht, dass Trendexperten „Weihnachten wie anno dazumal“ als Weihnachtstrend 2022 ausgerufen haben. Die traditionellen Farben Grün, Rot und Gold sind angesagt. Dazu nostalgische, märchenhafte und – man muss es so nennen – kitschige Dekorationen: Der Nussknacker steht auf dem Kaminsims, Rehe zieren das Fensterbrett. Am Baum hängen neben roten Kugeln kleine Schaukelpferde.

Auch im Winter 2021 war das schon so. Das hat einen guten Grund, sagt Trendforscherin Gabriela Kaiser. „Da die Menschen im Moment ganz viel Sicherheit suchen, kann man bei den Trends keine revolutionären Sprünge erwarten. Sondern was wir im Moment brauchen, ist das Wissen, dass es Kontinuität gibt. Dass es einfach gut weitergeht.“

Der blaue Nachtwächter von Vero dürfte bei vielen Älteren Erinnerungen wecken.
Der blaue Nachtwächter von Vero dürfte bei vielen Älteren Erinnerungen wecken. © Jürgen Lösel

So sieht das auch Trendscout Claudia Herke. „In Zeiten, in denen die Menschen ihren Halt verlieren, werden Dinge, die einen emotionalen Wert haben, äußerst wichtig. Sie wirken vertraut, heimelig und bedeuten uns etwas.“ Weiterentwicklungen gebe es trotzdem. „Man bringt zum Beispiel viel Weiß in das Gesamtbild der klassischen Farben Rot, Grün und Gold“, so Kaiser. Alternativ rät sie zu Schwarz als Kombinationsfarbe – gerade „wenn man es ein bisschen moderner mag“.

Essiggurke als Baumschmuck

Weihnachtsmänner, die Yoga machen. Hirsche, die Ski fahren. Ein Hamburger oder eine Essiggurke als Baumschmuck. „Kinder lieben das ja“, sagt Kaiser. „Der klassische Tannenbaum ist klasse. Aber wenn ein paar witzige Kugeln oder lustige Formen dazwischen hängen, ist das ja gerade für Kinder noch schöner.“ Und auch für die Großen.

Weihnachten ist Kitsch erlaubt

Sogar Menschen, die es grundsätzlich ein bisschen reduzierter wollen, werden zu Weihnachten etwas gefühlsduseliger und dekorieren das Zuhause ein bisschen mehr, als sie es sonst tun. Wer dabei nicht nur auf Traditionelles setzen mag, kann Dekoration wählen, die etwas Witz versprüht.

Auch die moderneren Holzfiguren vieler erzgebirgischer Hersteller entlocken einem oft ein Lächeln. „Inzwischen werden ja so gut wie alle Berufe abgebildet“, sagt Robert Woeste. Da gibt es zum Beispiel das „Männl“ als Virologe oder den Wichtel als Reporter im Homeoffice. „Viele Designer schaffen gut gelaunte, unbeschwerte Blickpunkte und Anker, die eine positive Wirkung auf unsere Stimmung haben“, sagt Claudia Herke.

Und der Weihnachtsromantiker würde sagen: Na klar, warum auch nicht. Ist doch schließlich Weihnachten. (mit dpa)

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