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Werden Nussknacker und Pyramiden knapp?

Zitterpartie für die "Männlmacher": Weil Planung pandemiebedingt kaum möglich ist, gehen viele besorgt in das anstehende Weihnachtsgeschäft.

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Seiffen: Carola Seifert klebt in der Werkstatt des Holzspielzeugmacher Markus Füchtner in Seiffen Haare an die Nussknacker-Figuren "Roter König". 1870 soll Füchtners Ur-Ur-Ur-Großvater den ersten erzgebirgischen Nussknacker gefertigt haben.
Seiffen: Carola Seifert klebt in der Werkstatt des Holzspielzeugmacher Markus Füchtner in Seiffen Haare an die Nussknacker-Figuren "Roter König". 1870 soll Füchtners Ur-Ur-Ur-Großvater den ersten erzgebirgischen Nussknacker gefertigt haben. © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild (Symbolbild)

Rothenkirchen/ Seiffen/ Crottendorf. Es gibt sie mit Lesebrille, Jägerhut oder Schwibbogen: Die kleinen Mini-Eulen aus Holz sind bei den Kunden der Drechslerei Kuhnert aus dem vogtländischen Rothenkirchen beliebt. "Sie verkaufen sich am besten. Viele haben angefangen, die Figuren zu sammeln", sagt Frank Kuhnert über seinen Betrieb an der Grenze zum Erzgebirge. Dennoch sorgt er sich um seine Läden für die erzgebirgische Holzkunst, unter anderem in Dresden, Leipzig oder Plauen, mit Blick auf die Pandemie und die steigenden Fallzahlen: "Jeder Landkreis hat unterschiedliche Bestimmungen, und die wechseln schnell. Dadurch können wir schlecht planen, auch was die Produktion betrifft".

Die Corona-Pandemie habe unter anderem auch zur Folge, dass einzelne beliebte Produkte der Kunsthandwerker aus dem Erzgebirge schon ab diesem Oktober ausverkauft und nicht mehr lieferbar waren, sagt Unternehmer Frederic Günther, Geschäftsführer des Verbands Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller. Der Online-Umsatz habe sich seit Corona verdoppelt - vorher lag er bei unter zehn Prozent. "Einige wurden von den Anfragen richtig überrannt".

Eine Umfrage des Verbandes ergab noch für das vergangene Jahr einen Umsatzverlust von 12 Prozent bei den 50 dort organisierten Herstellern und 25 Prozent bei den über 100 Fachgeschäften. Nun scheine es Günther zufolge einen hohen Nachholbedarf bei den Kunden zu geben. Allerdings: "Einige Kunsthandwerker halten noch Produkte für die Weihnachtsmärkte zurück, was sie am Ende vielleicht bereuen könnten", ergänzt Günther. Denn die "Männlmacher", wie sie auch genannt werden - und zu denen rund 270 Vertreter der Branche gehören - blicken Günther zufolge mit Bauchschmerzen auf das anstehende Weihnachtsgeschäft. "Die Märkte bedeuten großen Aufwand. Hätten wir eher gewusst, welche Regeln jetzt genau kommen, hätten wir mit Produktion und Personal planen können".

Große Nachfrage - Lager leer

Mit den steigenden Corona-Zahlen geht im Räucherkerzenland in Crottendorf eine Welle an Stornierungen einher. Bis zu 100.000 Besucher begrüßt das Räucherkerzenland normalerweise, wo neben Schauwerkstätten und einem Café verschiedene Räucherkerzen verkauft und auch selbst hergestellt werden können. Vor allem im Rahmen von Familienfeiern werde das Angebot gern genutzt, erklärt der Geschäftsführer der Crottendorfer Räucherkerzen GmbH, Mirko Paul. Nun bereiten ihm Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie Sorgen. "Nachdem bekannt wurde, dass in vielen Bereichen die 2G-Regel eingeführt werden soll, kamen bei uns die Absagen. Eine ungeimpfte Person reicht, dass eine ganze Gruppe storniert", sagt er.

Ein Testzentrum vor Ort sollte zusätzliche Sicherheit geben. "Die Ware liegt bereit. Nach einem guten Sommer haben wir uns eigentlich auf das Weihnachtsgeschäft gefreut und extra Leute eingestellt". Nun hoffe er, dass er die über 50 Mitarbeiter vor Ort halten könne. "Wir erwarten einen dritten, sogar noch schwereren Winter, da wir kaum finanzielle Hilfen erwarten können".

Von einem "enormen Druck" auf die eigenen Lager spricht Juliane Kröner von der Genossenschaft der Drechsler, Bildhauer, Holz- und Spielwarenhersteller in Seiffen im Erzgebirge (Dregeno)- und nennt andere Gründe als Corona: "Die asiatische Saisonware ist nicht lieferbar, deshalb wird bei uns nachgefragt. Einzelne Manufakturen kommen nicht nach, Produkte sind ausverkauft", schildert sie die Situation. Gründe seien auch Personalmangel in den Betrieben und fehlende Materialien. "Es fehlt zum Teil an Kartons, an Sperrholz und auch an kleinen Elektroteilen, die mit verbaut werden".

Hölzerner Drosten ist ein Glücksfall

Zukünftig könnte der Materialmangel im erzgebirgischen Kunsthandwerk ein Problem werden, sagt auch Verbandschef Günther. "Noch haben viele vorgetrocknetes Holz aus dem letzten Jahr gelagert." Aber verdreifachte Preise für Sperrholz, das für Schwibbögen verwendet wird, fehlende Kartons und anderes Verpackungsmaterial könnten sich bald bemerkbar machen.

Mit dem hölzernen Christian Drosten, dem der Kopf raucht, ist dem Spielwarenmacher Günther in Seiffen ein Glücksfall gelungen, das seit einem Jahr durch die Krise trägt. Das Virologen-Räuchermännchen war ein enormer Erfolg, sagt Inhaber Tino Günther. "Wir konnten unsere Produktion und die Mitarbeiterzahl seitdem verdoppeln. Von dieser Erfolgsgeschichte abgesehen, kämpfen auch wir damit, dass uns verlässliche Aussagen fehlen", sagt er zum anstehenden Weihnachtsgeschäft. "Wir haben keine Ahnung, ob und wann wir die Produktion für die Weihnachtsmärkte noch hochfahren sollten", erläutert der Inhaber. Nach wie vor würden 70 Prozent der Produktion auf den Weihnachtsmärkten verkauft.

Der Onlineversand hat sich bei Günther seit 2019 verdreifacht - und stellt den Kunsthandwerker vor Herausforderungen. "Örtliche Postfilialen laufen am Limit. Außerdem fehlt es an Versandkartons und dann bleibt die Frage, ob die oftmals ausgebuchte Logistik-Branche das Weihnachtsgeschäft überhaupt bewältigen kann". (dpa)