Von Georg Moeritz
Ein Zuber fürs heiße Winterbad im Freien – so etwas finden gut gelaunte Gäste in der Adventszeit in Dresden, wenn sie den Weihnachtsmarkt im Stallhof des Schlosses besuchen. Doch im Winterdorf Schmilka in der Sächsischen Schweiz hat der Tourismus-Unternehmer Sven-Erik Hitzer außer dem Badezuber ein ganzes Programm um Mühle, Brauerei, Hotels und Ferienwohnungen aufgebaut. Damit zieht er auch nach Weihnachten Urlauber in ein Gebirge, das nicht mit Schneegarantie werben kann. Das Winterdorf Schmilka darf sich seit Donnerstag als „Leuchtturm der Tourismuswirtschaft“ sehen. Diesen Titel vergab der Ostdeutsche Sparkassenverband auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin (ITB). Sachsen ist auf dieser Messe wieder mit einem großen Stand vertreten, noch bis Sonntag in der Halle 11.2.
Während Dresden dort mit Abbildungen berühmter Gemälde wie dem Schokoladenmädchen wirbt, freut sich der Tourismusverband Sächsische Schweiz über den Preis für Schmilka. Geschäftsführer Tino Richter sieht darin einen Vorreiter. Er wirbt schon mit der Marke „Winterträume Sächsische Schweiz“ für die ganze Region.
Bauhaus soll Zugkraft bringen wie Martin Luther
Obwohl die Adventszeit kurz war, übernachteten im Dezember gut neun Prozent mehr Gäste in Sachsen als ein Jahr zuvor. Die Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt schafften auch aufs ganze Jahr gesehen ein starkes Wachstum: Mehr als vier Prozent Zuwachs bei Übernachtungen stehen in der Statistik. „Der Luther-Effekt war definitiv zu spüren“, heißt es im Sparkassen-Tourismusbarometer Ostdeutschland. Vom Reformationsjubiläum habe auch Thüringen profitiert. Nicht nur Wirte, auch Stadtführer und Ausstellungsmacher lebten davon. Also haben die Tourismuswerber nach einem Kultur-Zugpferd gesucht, mit dem sie den Luther-Effekt wiederholen könnten. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte: „Das Bauhaus ist für uns eine Chance, an den Erfolg des Reformationsjubiläums anzuknüpfen.“ Sachsen-Anhalt will 50 Millionen Euro für passende Werbung ausgeben, Thüringen 40 Millionen. Sachsen will das Jubiläum 100 Jahre Bauhaus-Gründung im Jahr 2019 ebenfalls nutzen, auch wenn die bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Dessau und Weimar stehen. Das Grassi-Museum in Leipzig bereitet eine Ausstellung vor, das Haus Schminke in Löbau als Beispiel für Neues Bauen wird 2018 renoviert.
Erlebnisse gewünscht: Hotelwerbung bisher ohne Bratwurst und Bernstein
Laut Tourismusbarometer sollten Gastgeber in Ostdeutschland sich noch stärker auf beliebte Themen einstellen: Die Werbeexperten stellten fest, es gebe bei Hotels weder themenbezogene Angebote zur Thüringer Bratwurst, noch zu Martin Luther oder Bernstein. Die Gäste wünschten sich „authentische Erlebnisse“. Die bekommen sie laut Sven-Erik Hitzer im Winterdorf Schmilka – das sei „sehr authentisch“, sagt er in einem Film, den der Sparkassenverband aus Anlass der Preisverleihung drehen ließ. Andere Regionen müssen anscheinend darauf achten, den Anschluss nicht zu verlieren. Mecklenburg-Vorpommern zählte voriges Jahr 1,8 Prozent weniger Übernachtungen als im Jahr davor, während Schleswig-Holstein sechs Prozent Zuwachs meldete. Der Marktanteil der neuen Länder an allen Übernachtungen in Deutschland sank auf 17,5 Prozent, den niedrigsten Wert seit der Jahrtausendwende. Dabei zeigt das Tourismusbarometer steigende Investitionen in der Branche im Osten – und steigende Gewinne. Die Rendite erreichte im Zeitraum 2010 bis 2016 durchschnittlich 7,5 Prozent vom Umsatz, nach 4,8 Prozent zuvor.
Zufriedenheit: Sachsen online besser bewertet als neue Länder
Wenn Tourismusforscher die Zufriedenheit der Gäste erkunden wollen, werten sie die Beurteilungen in Online-Portalen aus. Sächsische Unterkünfte liegen demnach über dem deutschen Durchschnitt, anderswo im Osten gelang das nicht. Zwar wurden die Hotels insgesamt „positiv bewertet“, aber an Zimmern und Preisen gab es Kritik – und an den Internetverbindungen. Dennoch kommen mehr Gäste aus dem Ausland: Bundesweit stieg die Zahl der Übernachtungen von Auslandsgästen um 3,6 Prozent, in Ostdeutschland um 4,8. in Sachsen waren erstmals Polen die Gäste mit den meisten Übernachtungen, vor den Niederländern. Mehr Russen kamen auch.
So geht sächsisch: Werbefilm nach Aschenbrödel-Vorbild
Ein sächsischer Werbefilm ist auf der ITB mit dem Preis „Das goldene Stadttor“ prämiert worden: der Winterfilm „Und wovon träumst Du?“. Die dreieinhalb Minuten erinnern mit Romantik an „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und sind Teil der Kampagne „So geht sächsisch.“