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Sachsens größte Steuersünden

Eine Aussichtsplattform dort, wo die Aussicht ohnehin bestens ist? Geld für einen Intendanten, der sein Amt nicht antritt?

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© Claudia Hübschmann

Von Franziska Springer

Bund, Länder und Kommunen – sie alle gehen bisweilen zu arglos mit öffentlichen Geldern um.

Sollte Intendant der Dresdner Semperoper werden, wurde es aber nicht: Serge Dorny.
Sollte Intendant der Dresdner Semperoper werden, wurde es aber nicht: Serge Dorny. © Robert Michael
Am Grenzübergang in Altenberg (Zinnwald/Cinovec) soll rückgebaut werden und die intakte Straße einem Neubau weichen.
Am Grenzübergang in Altenberg (Zinnwald/Cinovec) soll rückgebaut werden und die intakte Straße einem Neubau weichen. © E. Kamprath

Auch drei Fälle aus Sachsen erschienen dem Bund der Steuerzahler (BdSt) als so verschwenderisch, dass sie den Weg in die diesjährige Ausgabe von dessen Schwarzbuch fanden. Doch manch vermeintlicher Steuersünder sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Fall 1: Intendant der Semperoper

Die Ernennung von Serge Dorny sollte der Semperoper künstlerisch zu neuem Glanz verhelfen. Im Herbst 2013 unterschrieb der heute 56-Jährige seinen Fünfjahresvertrag in dem traditionsreichen Bühnenhaus. Am 1. September 2014 sollte er sein Amt antreten. Doch dazu kam es nicht.

Im Februar 2014, sieben Monate vor Arbeitsbeginn, wurde Dorny fristlos gekündigt. Grund war laut Steuerzahlerbund, dass sein Konzept für die Entwicklungsrichtung der Oper nicht zu der von Orchesterchef Christian Thielemann passe. Der designierte Intendant klagte gegen die Kündigung seines mit 1,7 Millionen Euro dotierten Vertrages und bekam recht. Im Anschluss einigten sich die Streitparteien auf einen Vergleich von 350 000 Euro – ein teurer Spaß für Sachsen, aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Auch Gerichts- und Anwaltskosten trägt der Freistaat. Der BdSt geht von mindestens 30 000 Euro aus, vermutet aber weitaus höhere Beträge durch teure Honorarvereinbarungen mit juristischen Dienstleistern.

Um zu verhindern, dass künstlerische oder konzeptionelle Differenzen den Geldbeutel der Steuerzahler künftig erneut belasten, fordert der Steuerzahlerbund, Verträge im Kunst- und Kulturbereich besonders sorgfältig und präzise vorzubereiten.

Fall 2: Grenzübergang Altenberg

Als juristisch korrekt, aber wenig sachgerecht bezeichnet Thomas Meyer, Präsident des Sächsischen Steuerzahlerbundes, den geplanten Fahrbahnneubau der B 170 am Grenzübergang vom erzgebirgischen Zinnwald ins tschechische Cinovec.

Die 2001 neu errichtete Zollanlage verlor mit dem Schengenabkommen und dem Wegfall der Grenzkontrollen seine Funktion. Auch die damals angelegten Fahrbahnen – zweispurig ausgebaut und durch einen Grünstreifen in der Mitte voneinander getrennt – war durch die Nähe zur Autobahn 17 nicht mehr ausgelastet. Um geltenden Regelungen gerecht zu werden, sollte die Zollanlage daraufhin zurückgebaut werden. Zu der gehört auch die intakte und funktionsfähige Fahrbahn. Diese soll laut Planungen des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr durch eine neue Straße mit zwei Richtungsfahrbahnen ohne Mitteltrennung ersetzt werden. 560 000 Euro soll die Maßnahme kosten.

Der Steuerzahlerbund kritisiert diese unverhältnismäßige Belastung der Steuerzahler und fordert, „dass Gesetze und Vorschriften regelmäßig angepasst werden“ um nicht nur rechtlich saubere, sondern vor allem auch pragmatische Lösungen für veränderte Gemengelagen zu finden.

Fall 3: „Bischofsmütze“ von Meißen

Die Weinhänge, das Elbtal, die Albrechtsburg – all diese beliebten Fotomotive der Meißener Altstadt wollte die Stadtverwaltung mit einer neuen Aussichtsplattform in Gestalt einer Bischofsmütze in noch besseres Licht rücken. Finanziert werden sollte das Bauvorhaben in der Nähe der Altstadtbrücke aus Sanierungsbeiträgen der Grundstückseigentümer in der Meißner Altstadt. Noch geeigneter erschien den Stadtvätern dann aber ein Standort im Kändlerpark – unmittelbar neben der Altstadtbrücke. Das erregte Unmut, schließlich bietet die Elbquerung mindestens ebenso gute Sicht auf die Sehenswürdigkeiten. Und das, ohne Sichtachsen erst durch Baumfällungen herstellen zu müssen. Mit 76 000 Euro wurden die Kosten für den doppelten Aussichtspunkt beziffert. Kritische Stimmen aus der Meißner Bürgerschaft wurden nach Angaben des BdSt ignoriert.

Gegen diesen Vorwurf wehrt sich die Stadt entschieden: „Die 76 000 Euro sind der Gesamtfinanzierungsbedarf für die Umgestaltung des Parks als wichtigem Stadteingangsbereich“, heißt es. Darüber hinaus folge der Stadtratsbeschluss zur Parkumgestaltung, der bereits 2016 gefasst wurde, Vorschlägen aus der Bürgerschaft.