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Sachsens Kabelnetz von Primacom geht an Tele Columbus

Eine große Leipziger Firma wird geschluckt. Damit gerät ein Teil der Mitarbeiter in Gefahr.

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Von Georg Moeritz

Ein stolzer Elefant ist das Symbol der Firma Primacom in Leipzig. Auch die 450 Mitarbeiter des Unternehmens haben inzwischen eine dicke Haut, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Enrico Zemke. Vor ein paar Jahren wurde ihnen schon einmal die Fusion mit dem Konkurrenten Tele Columbus angekündigt. Damals konnten sich die Rivalen schließlich nicht einigen. Aber seit gestern steht fest: Die drittgrößte Firma für Kabelnetze in Deutschland kauft die viertgrößte: Tele Columbus mit Sitz in Berlin schluckt Primacom in Leipzig. Dort sitzen zum Beispiel Mitarbeiter von Personal- und Finanzabteilung, für deren berufliche Zukunft gestern niemand garantierte.

Die beiden Firmen zusammen haben 2,8 Millionen Kunden, vor allem in Ostdeutschland. In Dresden und Chemnitz sind sie direkte Konkurrenten, in Berlin gibt es in manchen Straßen abwechselnd Häuser mit Primacom- und Tele-Columbus-Anschluss. Bei der Kundenwerbung haben sich die beiden Konkurrenten bisher nichts geschenkt: Primacom mit dem Elefanten bietet „Kombipakete“ aus Kabelfernsehen, Telefonpauschale sowie Internet mit „bis zu“ 50 Megabit pro Sekunde zum Preis „ab“ 29,99 Euro an. Tele Columbus mit dem Sparschwein als Symbol hat eine „3er Kombi“ für 19,99 Euro im ersten Jahr im Angebot. Allerdings gibt es im Kleingedruckten bei beiden Firmen noch Zuschläge für die erste Einrichtung der Technik.

Schon zum Monatsende sollen die beiden Firmen zusammengehen. Die bisherigen Primacom-Besitzer, Finanzinvestoren, verkaufen die Leipziger Firma für 711 Millionen Euro. Ob Name und Tiersymbol erhalten bleiben, konnte Firmensprecher Stefan Susbauer gestern nicht sagen. Auch habe niemand ein Versprechen für den Firmensitz in Leipzig abgegeben – allerdings auch nicht für die Verwaltung von Tele Columbus in Hannover. Susbauer betonte mehrmals, die beiden Firmen seien annähernd gleich groß und würden durch den Zusammenschluss stärker und besser.

Beide Firmen mit Shops in Dresden

Bisher steht Tele Columbus für 1,7 Millionen Kabel-Anschlüsse, Primacom für 1,2 Millionen. Primacom beschäftigt 450 Menschen, davon nach Gewerkschaftsschätzung mehr als die Hälfte in der Leipziger Zentrale. Bei Tele Columbus sind laut Geschäftsbericht für das Jahr 2013 rund 480 Mitarbeiter unter Vertrag, allerdings hat die Firma anders als Primacom kein eigenes Call-Center. Verdi-Gewerkschafter Zemke hält die beiden Firmen daher auch für „ungefähr gleich stark“ und kann nicht abschätzen, wie Tele Columbus mit den Arbeitsplätzen umgehen wird. In der Verwaltung gebe es nun jedenfalls doppelt besetzte Funktionen. In manchen Städten sind auch beide Firmen mit Shops vertreten. Im Dresdner Osten hieß es gestern in einem der Shops, es sei mitgeteilt worden, dass niemand zumachen müsse.

Beide Unternehmen sind vor allem damit groß geworden, ganze Wohnungsgesellschaften unter Vertrag zu nehmen – dabei bekamen sie meist Hunderte Haushaltskunden auf einmal. Dieses Jahr warb Primacom nach eigener Erfolgsstatistik 12 000 neue Kunden an. Ein Kabelnetz in Halle an der Saale kam dazu, voriges Jahr bereits das Unternehmen Deutsche Telekabel mit 270 000 Kunden.

Die beiden größten Kabelfirmen auf dem deutschen Markt bleiben mit großem Abstand Vodafone, mit seiner Marke Kabel Deutschland, sowie Unity Media. Doch die nächste Fusion kann folgen: Weltmarktführer Liberty Global besitzt Unity und hat jüngst Interesse an Tele Columbus geäußert. Allerdings sagt Primacom-Sprecher Susbauer, durch die Fusion Berlin-Leipzig entstehe nun ein gewichtiger Brocken, der nicht mehr so leicht zu schlucken sei.