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Sachsens Wirtschaftsförderer planen Webinare für Investoren

Auch in Corona-Zeiten geht das Ansiedlungsgeschäft weiter. 2019 war das beste Jahr seit langem in puncto Standortinvestitionen.

Von Nora Miethke
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© Jochen Lübke/dpa

Unternehmerreisen, Messebeteiligungen, Delegationsbesuche, Konferenzen – viele Instrumente, die die Wirtschaftsförderung Sachsen (WFS) seit 1991 für sächsische Unternehmen anbietet, sind seit gut zwei Monaten krisenbedingt nicht durchführbar. Die Corona-Pandemie hat auch bei der landeseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft zu umfangreichen Veränderungen geführt. 

„Die meisten Kollegen agieren zwar derzeit noch vom Homeoffice aus – aber wir arbeiten mit voller Kraft und setzen verstärkt auf Alternativen“, sagt WFS-Geschäftsführer Thomas Horn. Ziel sei es, für die Zeit nach der Krise und das Durchstarten gut gerüstet zu sein. „Sachsens Wirtschaft soll zurück in die Erfolgsspur“, so das Versprechen.

Dafür werden derzeit gemeinsam mit den Partnern der Außenwirtschaftsinitiative Sachsen (AWIS) fortlaufend die Entwicklungen auf den wichtigsten ausländischen Märkten analysiert und die länderspezifischen Corona-Regelungen mit Blick auf den internationalen Warenverkehr sowie die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter beobachtet. In Webinaren werden diese Informationen den Unternehmen zugänglich gemacht. 

Seit Beginn der Corona-Krise hat die WFS sieben Online-Veranstaltungen angeboten, in drei davon ging es speziell um die Situation in Tschechien und Polen mit insgesamt 150 Teilnehmern. Die beiden Länder sind Sachsens wichtigste Importpartner und rangieren auf Platz 5 und 6 der sächsischen Exportmärkte. 


Thomas Horn und sein Team erwarten, dass die sächsischen Unternehmen künftig noch stärker als zuvor Partner in den unmittelbaren Nachbarländern und in anderen EU-Staaten suchen werden. „Umso mehr, wenn weltweit in vielen Regionen Reisebeschränkungen und Sicherheitsvorschriften weiterhin Bestand haben werden“, so der WFS-Chef.

Weiterhin wurde eine „Kontaktstelle Lieferketten“ eingerichtet. An diese können sich sächsische Unternehmen wenden, die aktuell von Störungen oder Unterbrechungen ihrer internationalen Lieferketten betroffen sind. Diese Kontaktstellen sollen, wenn nötig auch mit Hilfe auf politischer Ebene, dazu beitragen, dass die Lieferung benötigter Zulieferprodukte wieder reibungslos erfolgt. 

Die zentrale Kontaktstelle ist beim Bundeswirtschaftsministerium eingerichtet worden. Bislang sind bei der Kontaktstelle in Sachsen zwölf Anfragen eingegangen. Es wird allerdings mit einem Anstieg der Anzahl gerechnet, umso mehr, wenn Reisebeschränkungen anhalten werden. Insbesondere aus dem Maschinenbau kommen Anfragen, weil Techniker nicht ins Ausland können, um Montagen und Auslieferungen zu begleiten.

Grund zum Optimismus in der aktuellen Zeit bietet der Blick zurück auf das Bilanzjahr 2019. Mit 27 Ansiedlungs- sowie Firmenerweiterungsprojekten war es das beste Jahr seit dem Jahr 2000. Damit verbunden sind geplante Investitionen in Höhe von 805 Millionen Euro sowie die Schaffung von 1.828 neuen und die Sicherung von 473 Arbeitsplätzen. Auch während der Corona-Pandemie würden die Firmen ihre Vorhaben weiter vorantreiben, drehten sich auf den Baustellen die Kräne, hieß es. Hier drei Beispiele:

Die Yellow Tec Plastic GmbH hatte vor einem Jahr ihre Standortentscheidung für Sachsen verkündet. In Görlitz will das Medizintechnik-Unternehmen Kunststoffprodukte für den medizinischen Bereich und die Biotechnologie herstellen. Diese kommen in Laboren, Kliniken und der Pharmabranche zum Einsatz. Yellow Tec konnte bereits mit dem Tiefbau und den Erdarbeiten für die Produktionsgebäude beginnen. Die Errichtung der Gebäudehüllen ist bis September 2020 vorgesehen. Das Unternehmen schafft im Görlitzer Werk 60 Arbeitsplätze.

Beim Schweizer HLK-Unternehmen Belimo Automation Deutschland GmbH geht der Auf- und Ausbau des neuen Service- und Logistik-Centers in Großröhrsdorf ebenfalls planmäßig voran. Im Herbst 2020 soll der Betrieb anlaufen. Belimo ist Weltmarktführer bei Antrieben, Ventilen und Sensoren zur Regelung und Steuerung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Mit dem Investment rückt der Spezialist noch näher an seine Kunden in Deutschland, Nord- und Osteuropa heran. Bis 2028 werden in Sachsen 100 neue Arbeitsplätze entstehen.

In Leipzig entsteht derzeit für den Automobilzulieferer Dräxlmeier eine 25.000 Quadratmeter große Produktionsstätte. Die Fertigstellung des Neubaus ist bis Ende 2020 vorgesehen. Die Firma wird dort ein leistungsstarkes 800-Volt-Gesamtbatteriesystem für einen rein elektrisch betriebenen Sportwagen aus dem Premiumsegment fertigen. Die Suche nach Mitarbeitern für die modernsten Fertigungsverfahren und komplexen Automatisierungstechniken ist angelaufen – mindestens 150 sollen es am neuen Standort in Leipzig-Stahmeln werden.

„Das Ansiedlungsgeschäft geht weiter“, betont Horn. Zwar werde das eine oder andere Vorhaben derzeit von den Unternehmen angehalten oder zurückgestellt. Der anfangs befürchtete Strömungsabriss sei aber nicht eingetreten. Trotz der überall schwierigen Rahmenbedingungen hätte die WFS auch in den vergangenen Wochen neue Anfragen akquirieren können, heißt es. Auch bei der internationalen Investorenansprache werden digitale Formate eine größere Rolle als früher spielen. 

Konkret plant die WFS, ab Frühsommer in Großbritannien mehrere Webinare für potenzielle Investoren durchzuführen. Auch die Nutzung digitaler Messe- und Konferenzformate wird vorbereitet, um für sächsische Unternehmen einen möglichen Ausgleich für die vielen Veranstaltungsabsagen in diesem Jahr zu finden. „Das ist für die Firmen wichtig, um neue Aufträge zu akquirieren und bestehende Kundenkontakte zu pflegen“, betont Horn. Allerdings stehe man da noch am Anfang, gibt er zu.

Anfragen an die „Kontaktstelle Lieferketten“ in Sachsen sind möglich per Email oder telefonisch unter 0351 – 2138 123.