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Neues Zecken-Risikogebiet in Sachsen

Aufgrund wachsender Krankheitsfälle wird im fünften Kreis die Warnstufe ausgerufen. Im Sommer wird eine Zecken-Plage erwartet.

Von Stephanie Wesely
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FSME-Viren werden von Zecken übertragen und können zu einer Hirnhautentzündung führen.
FSME-Viren werden von Zecken übertragen und können zu einer Hirnhautentzündung führen. © dpa/Patrick Pleul

Dresden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat am Donnerstag den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge als FSME-Risikogebiet eingestuft. Vier solcher Gebiete gibt es bereits in Sachsen: den Vogtlandkreis, die Landkreise Bautzen und Zwickau sowie den Erzgebirgskreis. Zum Risikogebiet werden Regionen erklärt, in denen mindestens ein FSME-Fall pro 100.000 Einwohner innerhalb von fünf Jahren gemeldet wird.

FSME – die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) – wird durch Zecken übertragen. Es ist eine heimtückische Erkrankung, die in Stadien verläuft. Hirnhautentzündung, schwere Lähmungen, Nervenschäden und sogar der Tod können die Folgen sein.

„2018 war ein Rekord-Zeckenjahr. Die Zeckendichte hat sich fast verdoppelt, wenn auch hauptsächlich in Süddeutschland“, sagt Dr. Gerhard Dobler vom Konsiliarlabor für FSME in München. Laut Robert Koch Institut wurden deutschlandweit 587 Erkrankungen gemeldet.

Im neu hinzugekommenen Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gab es laut Gesundheitsministerium 2015 und 2018 jeweils einen FSME-Fall, 2016 und 2017 jeweils zwei Fälle. Ganz Sachsen hatte 2018 zwölf Erkrankte, wobei die Dunkelziffer höher liegt. Bei den Betroffenen Sachsen handelte es sich um ein siebenjähriges Kind und elf Erwachsene zwischen 20 und 80 Jahren. Neun mussten im Krankenhaus behandelt werden, weil bei ihnen die Erkrankung so schwer verlief.

So können Sie sich schützen

Schutz bietet eine Impfung. Jetzt im Winter ist die beste Zeit dafür. „Wir empfehlen die Impfung für Menschen, die sich aus beruflichen Gründen oder in der Freizeit in Risikogebieten aufhalten“, sagt die sächsische Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU). In diesen Fällen übernimmt auch die Krankenkasse die Kosten. Vollständig geimpft war nur einer der Erkrankten in Sachsen. Ein weiterer hatte 2008 die letzte Impfung bekommen. „Das unterstreicht, dass die FSME-Impfung regelmäßig aufgefrischt werden muss“, so das Ministerium. Zur Grundimmunisierung gehören drei Impfungen. Zwischen der ersten und der zweiten Dosis sollten höchstens drei Monate liegen, zwischen der zweiten und dritten neun bis zwölf Monate. Dieser Schutz hält laut RKI mindestens drei Jahre, dann muss er aufgefrischt werden. Werden nur zwei Termine wahrgenommen, reiche der Schutz nur ein Jahr.

Laut AOK Plus ließen sich im letzten Jahr 79 Prozent mehr Sachsen gegen FSME impfen als 2017. Der Trend gilt auch deutschlandweit. Laut Medizindatenbank Insight health verordneten Ärzte 2018 knapp vier Millionen Impfdosen – 30 Prozent mehr als 2015. „Das ist eine gute Entwicklung, doch von Impfraten wie in Österreich und der Schweiz sind wir noch weit entfernt. Dort sind mehr als 80 Prozent der Menschen vor FSME geschützt“, sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Deshalb werde sich wohl der Trend fortsetzen, dass jedes Jahr neue Risikogebiete dazukommen. Sind sie einmal festgelegt, bleiben sie es der RKI-Sprecherin zufolge auch für mindestens 20 Jahre. „Selbst wenn in einem Jahr dort einmal keine Erkrankungen auftreten, will man kein unnötiges Risiko eingehen.“ Die Ausweitung der FSME-Gebiete zeigt aber auch eine lange beobachtete Tendenz: Die Zecke zieht immer weiter gen Norden.

400 Zecken auf 100 Quadratmetern

Zu wissen, dass man in einem Risikogebiet wohnt, mache aber auch vorsichtiger, so Glasmacher. Gerade die jetzigen Temperaturen sind ein Vorgeschmack auf den Frühling. Viele zieht es ins Freie. Doch ab sieben Grad über Null kommen auch die Zecken. „Entsprechende Kleidung und die Verwendung von Schutzmitteln auf der Haut können die Spinnentiere vertreiben oder fernhalten“, sagte Gesundheitsministerin Barbara Klepsch.

Die Menge an Tieren im Nymphenstadium – einer Vorstufe zur erwachsenen Zecke – lässt für den bevorstehenden Sommer eine Plage erwarten, so Veterinärmediziner Dr. Gerhard Doblerauf dem Parasitologenkongress in Wien. Auf 23 Kontrollflächen in ganz Deutschland zählen Wissenschaftler die Zecken und erforschen ihre Entwicklung. „Stellenweise haben wir 2018 mehr als 400 Zecken auf einem Areal von zehn mal zehn Metern festgestellt. In den Jahren zuvor waren es im Schnitt 260“, sagt Gerhard Dobler. Er sieht den Trend mit Sorge, denn Zecken können gefährliche Krankheiten übertragen, zum Beispiel die Gehirnhautentzündung FSME.

Zeckenspezialisten wie der Mikrobiologe Professor Jochen Süß aus Jena machen für den Anstieg der Erkrankungen nicht nur die zunehmende Zeckendichte, sondern vor allem das Freizeitverhalten verantwortlich. „In einem langen, heißen Sommer wie dem letzten flüchten sich die Menschen in schattige Waldgebiete. Doch dort warten auch die Zecken.“

© dpa