Das schreibt Sarrazin: Beim gegenwärtigen demografischen Trend wird Deutschland in 100 Jahren noch 25 Millionen, in 200 Jahren noch acht Millionen und in 300 Jahren noch drei Millionen Einwohner haben.
Fakt ist: Richtig ist, dass die Einwohnerzahl sinken wird. Das Statistische Bundesamt rechnet mit einem Rückgang von fast 82,5 Millionen im Jahr 2005 auf 65 bis 70 Millionen im Jahr 2060. Hingegen ist eine seriöse Vorausberechnung für 2110, gar für 2310 völlig unmöglich. Dasselbe gilt für Rechenmodelle, dass sich innerhalb von vier Generationen der Bevölkerungsanteil der Migranten verzehnfacht.
Das schreibt Sarrazin: Bleibt die Geburtenrate der muslimischen Migranten in Deutschland dauerhaft höher als die der deutschstämmigen Bevölkerung, werden Staat und Gesellschaft im Lauf weniger Generationen von den Migranten übernommen.
Fakt ist: Der Trend ist nicht falsch. Allerdings sind Modellrechnungen wie die von Sarrazin über einen Zeitraum von drei Generationen sehr spekulativ. Wenn Einwandererfamilien gut integriert sind und ein bestimmtes Einkommen erreicht haben, passen sich zum Beispiel auch ihre Geburtenraten dem niedrigen Stand von deutschen Frauen an.
Das schreibt Sarrazin: Muslime in Deutschland haben eine unterdurchschnittliche Beteiligung am Arbeitsmarkt, unterdurchschnittliche Bildungserfolge und eine überdurchschnittliche Quote von Transferleistungen.
Fakt ist: Tatsächlich haben muslimische Migranten eine geringere Erwerbstätigkeit und mit gut zehn Prozent einen höheren Anteil von Hartz-IV-Empfängern als andere Gruppen. Zwar haben nur sieben Prozent der Türkischstämmigen Abitur – gegenüber insgesamt 17 Prozent. Doch von den Zuwanderern aus dem Irak oder dem Iran haben gut 30 Prozent Abitur und 15,2 Prozent Hochschulabschluss.
Das schreibt Sarrazin: Den muslimischen Einwanderern haftet eine besondere Mischung aus islamischer Religiosität und traditionellen Lebensformen an. Sie erschwert die ökonomische und kulturelle Integration.
Fakt ist: 90 Prozent der muslimischen Migranten gelten als religiös. Was deren „besonderen Kinderreichtum“ betrifft, so berücksichtigt Sarrazin nicht, dass neue Studien eine stark sinkende Geburtenrate schon in der zweiten Generation hier lebender Türkinnen belegen. Möglich ist, dass der Staat falsche Anreize setzt: Wer für viele Kinder ausreichende Sozialleistungen erhält, braucht nicht zu arbeiten.
Das schreibt Sarrazin: Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent erblich. Deshalb bedeutet ein schichtabhängig unterschiedliches generatives Verhalten leider auch, dass sich das vererbte intellektuelle Potenzial verdünnt.
Fakt ist: Tatsächlich ist die Geburtenrate in höheren Schichten niedriger. Doch deshalb muss die Unterschicht nicht wachsen. Sie wurde in den 60er-Jahren dank Bildungs- und Wirtschaftsaufschwung in der Relation kleiner. Unplausibel ist, warum die Intelligenz insgesamt durch viele Kinder in ärmeren Schichten sinkt. Das lässt Einflüsse – etwa durch schulische Förderung – völlig außer acht. (SZ)