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Sascha, der Tausendsassa

Die vierte Auflage von „Rock am Airport“ lockt mit lokaler Musik. Auch der Moderator ist ein bekanntes Gesicht.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Kevin Schwarzbach

Riesa. Die Band steht schon bereit, die Musiker klimpern auf ihren Gitarren, doch der wichtigste Mann fehlt noch: Hans-Jürgen Sasse eilt mit einem Notizzettel in der Hand aus seinem Büro hinter der Bühne direkt hinein ins Rampenlicht. Der 69-Jährige ist sofort in seiner Rolle und gibt den Entertainer: „Sie sind hier heute genau richtig, meine Freundinnen und Freunde der Rockmusik.“ Seine Stimme hebt und senkt sich gefühlvoll, die Zuschauer sind sofort involviert. Sasse ist in Riesa ein bekanntes Gesicht, auf unzähligen Veranstaltungen greift er zum Mikrofon und führt durch das Programm. So auch am vergangenen Sonnabend bei „Rock am Airport“.

Die Band Taktlos sind vorwiegend ältere Herren. Die Amateure kommen aus Riesa und spielen sauberen Rock.
Die Band Taktlos sind vorwiegend ältere Herren. Die Amateure kommen aus Riesa und spielen sauberen Rock. © Klaus-Dieter Brühl

Die Veranstaltung erlebt bereits ihre vierte Auflage. Einst als lockere Idee lokaler Musiker geboren, ist sie heute fester Bestandteil im Programmkalender der Stadt. Peter „Kette“ Kettner gilt als Vater der Veranstaltung, als kreativer Kopf hinter dem Event. Doch auch Hans-Jürgen „Sascha“ Sasse ist von Beginn an mit dabei. Bereits im Jahr 2003 überkam die beiden Freunde die Lust, Bands aus der Gegend stärker in den Fokus zu rücken. Damals war die Region noch gebeutelt vom Jahrhunderthochwasser, in Strehla organisierten Kettner und Sasse spontan ein Spendenkonzert. Seither ließ sie die Idee mit den lokalen Musikern nicht mehr los, es entstand das Motto „Wir von hier“.

Hans-Jürgen Sasse hat Erfahrung mit verrückten Ideen und neuen Wegen. Der studierte Sportwissenschaftler kam 1975 nach Riesa und arbeitete hier nach seinem Dienst als Sportoffizier bei der Armee als Sportlehrer im Schuldienst. Doch schon immer war er auch DJ aus Leidenschaft, eröffnete etwa „Saschas Musikladen“ oder gründete später die „My Way Event group“, die heute sein Sohn Robin Sasse führt. Die Jobs als Moderator haben sich quasi von allein ergeben, als guter DJ muss man zwangsläufig auch ein Wortjongleur sein.

Die erste Band tritt mit 15 Minuten Verspätung auf dem Flugplatz auf. „Fast pünktlich für uns Musiker“, sagt Sasse und lacht ins Mikrofon. Das Publikum stimmt sofort ein. Danach fährt Sasse unbeirrt fort, die Zuschauer hängen an seiner Stimme. Die Band „Taktlos“ bekommt ihre gebührende Vorstellung, Sasse den ersten Applaus. Damit alles glatt läuft, hat er sich vorher im Internet über die Bands belesen, Videos angesehen und mit den Mitgliedern telefoniert. „Die Musik und das Moderieren sind mein Leben“, sagt Hans-Jürgen Sasse. „Ich mache das alles aus absoluter Überzeugung und weil es mich nach wie vor glücklich macht.“ Eigentlich sei er ja Rentner, sagt der 69-Jährige, aber bei seinen zahlreichen Interessen gäbe es immer etwas zu tun. So arbeitet Sasse etwa seit fünf Jahren als Entertainer auf Schiffen. „Bisher bin ich immer über den Rhein oder die Donau gefahren, dieses Jahr habe ich eine kleine Beförderung bekommen und bin jetzt auch auf Fahrten zu See nach Paris und Le Havre im Einsatz“, sagt Sasse und kann sich sein Lächeln nicht verkneifen. „Wann ist man schon mal in diesen Städten?“ Den Job hat er durch seine alten Verflechtungen im Berufsverband Discjockeys bekommen, dessen Vizepräsident er einst war.

Und wenn „Sascha“ mal nicht auf Schiffen unterwegs ist oder als Musiker oder Moderator über die Bühnen der Region pilgert, steht der Riesaer vor den Studierenden der Berufsakademie und unterrichtet sie in Veranstaltungstechnik und -management. „Ein Job, für den ich unglaublich dankbar bin, weil ich den jungen Leuten etwas aus meiner Erfahrung mit auf den Weg geben kann.“

Doch manchmal hilft alle Erfahrung und Motivation dem Tausendsassa nichts, wenn er keine Unterstützer an Bord hat. „Wenn Kette nicht mit seiner unvergleichlichen Hartnäckigkeit am Ball geblieben und unsere Ideen bei den Entscheidern und Sponsoren bekannt und beliebt gemacht hätte, wären wir mit unseren lokalen Bands heute nicht dort, wo wir sind“, sagt Hans-Jürgen Sasse. Mittlerweile sind so viele Bands involviert, dass beim Stadtfest andere Gruppen auftreten als bei „Rock am Airport“. Für Sasse eine einzigartige Konstellation: Lokale Amateurbands können dank engagierter Sponsoren bei bester technischer Ausstattung vor einem dankbaren Publikum auftreten und ein bisschen Bestätigung für ihr Schaffen ergattern. Der Tausendsassa kann seinen Satz kaum beenden. Er muss wieder auf die Bühne, die nächste Band wartet auf ihre Ankündigung durch den Moderator.