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Sauerland-Boxstall droht das Aus

Der Streit zwischen dem einzigen deutschen Profi-Weltmeister und der Promotion eskaliert. Es geht natürlich ums Geld.

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© action press

Von Alexander Hiller

Gehen im vermeintlich größten deutschen Profiboxstall bald die Lichter aus? Das Team Sauerland Event veranstaltet am 14. Juli den WM-Kampf von Tyron Zeuge. In Offenburg verteidigt der einzige deutsche Profi-Weltmeister seinen WM-Gürtel im Super-Mittelgewicht nach Version der WBA gegen den Engländer Rocky Fielding. Nach jetzigem Stand wird es der letzte Auftritt von Zeuge unter der Flagge des Boxstalls, wenn das Duell gegen den Briten nicht noch vorher im letzten Moment platzt. Das wäre wohl der Supergau für den Boxstall, der seinen Sitz vor einem Jahr aus finanziellen Gründen von Berlin nach Hamburg verlegt hat.

Hinter den Kulissen brodelt es gewaltig, das Tuch zwischen Zeuge und dessen Trainer Jürgen Brähmer auf der einen sowie Sauerland auf der anderen Seite, ist wohl endgültig zerschnitten. „Zahlungsvereinbarungen, die mündlich und schriftlich geschlossen wurden, sind mehrfach nicht eingehalten worden“, sagte Brähmer. „Man muss fast schon davon ausgehen, dass die nicht mehr zahlungsfähig sind. Wir sind nicht die einzigen, die finanziell nicht oder unzureichend bedient werden. Das mutet wie eine Verschleppungstaktik an, erklärt der Ex-Weltmeister.

Der Sächsischen Zeitung bestätigt der 39-Jährige exklusiv, dass sein derzeit bester und bekanntester Schützling zum Beispiel noch auf 20 Prozent seiner Kampfbörse aus dem letzten WM-Kampf wartet. Das Duell am 24. März 2018 gegen den Nigerianer Isaac Ekpo hatte der Berliner mit einem technischen K.o. in Runde zwei gewonnen.Zeuge und sein Trainer haben die Nase von den Verzögerungen voll. Der Weltmeister kündigte im Mai seinen noch bis 2019 laufenden Vertrag mit Sauerland. „Aus all den Gründen, die bekannt sind: Unzureichende Trainingsvorbereitung, keine Kommunikation – an allen Ecken und Enden wird gespart“, klagt Brähmer. „Wir haben einen gültigen, rechtsverbindlichen Vertrag bis Ende 2019 und werden den weiterhin erfüllen“, pocht Promoter Nisse Sauerland weiterhin auf die Einhaltung der Zusammenarbeit.

Für Brähmers Spar-These spricht, dass der Boxstall seit Monaten zur Zukunft von Kulttrainer Ulli Wegner schweigt. Der Kontrakt des 76-Jährigen ist am 30. Juni ausgelaufen, ein neues Angebot soll es laut dem Magazin Boxsport nicht geben. „Unter gewissen Voraussetzungen könnte ich mir vorstellen, noch weiterzumachen“, hatte der Erfolgscoach erklärt. „Wilfried Sauerland persönlich führt die Gespräche mit Ulli und seinem Berater und will ihn gerne halten“, beschwichtigte Sauerland-Geschäftsführer Christian Meyer.

Brähmer, der zu seinem Halbfinale in der World Boxing Super Series um die Muhammad-Ali-Trophy wegen eines Infekts nicht antreten konnte, hatte nach sechs Jahren gemeinsamer Zeit der Promotion gekündigt. „Ich hatte eine Veranstaltungsvereinbarung, die hat Sauerland nicht erfüllt. Ich habe meine Absprachen eingehalten – ohne Vertrag“, erklärt Brähmer auf SZ-Nachfrage. Der Schweriner, zuletzt Halbschwergewichts-Weltmeister der WBA, will seine Karriere noch fortsetzen und promotet sich nun eigenständig. „Ich bin noch nicht ganz zufrieden mit meiner Karriere. Solange ich mein Niveau von jetzt halten kann, mache ich das“.

Eine Firma – und damit eine mögliche Konkurrenz zu Sauerland – sei in Planung. „Ich habe da eine Handvoll Leute zusammen“, sagt Brähmer. Sehr wahrscheinlich, dass Tyron Zeuge dann dort das neue sportliche Aushängeschild wird.

Nisse Sauerland, Juniorchef der Boxpromotion, versucht vor dem Event am 14. Juli die Wogen zu glätten. „Alle vertraglich vereinbarten Zahlungen sind oder werden gezahlt. Wir freuen uns auf einen sensationellen Weltmeisterschafts-kampf in Offenburg“, sagte er. Brähmer betonte, er habe die Sparringspartner für Zeuge und dessen Teamkollegen Araik Marutjan aus eigener Tasche bezahlt. Es soll sich um eine fünfstellige Summe handeln. „Die Summe habe ich vorgestreckt. Ich gehe davon aus, dass Sauerland ein Interesse daran hat, dass die Boxer gut trainiert in den Kampf gehen. Nur den Eindruck macht das Prozedere nicht“, ärgert sich Brähmer.

Dass Zeuge den Kampf aus den genannten Gründen platzen lässt, glaubt sein Trainer nicht. „Ich denke, wir werden den Kampf so oder so machen. Interessant wird es, wenn es danach zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. Dann werden viele Dinge und Praktiken offengelegt“, sagt Brähmer. (mit dpa und sid)