Von Thilo Alexe
Der Antragstitel wirkt wuchtig: „Illegale Graffiti sind Straftaten – Bekämpfung verstärken – Eigentum respektieren!“ Mit der von CDU und FDP eingebrachten Forderung befasst sich heute Sachsens Landtag. „Illegale Graffiti werden in Teilen der Öffentlichkeit ungeachtet der Missachtung fremden Eigentums als mittlerweile gesellschaftsfähig angesehen“, schreiben die Koalitionspartner tadelnd.
Doch ungeachtet der gesellschaftlichen Akzeptanz: Illegale Graffiti kommen vor allem die, die sie beseitigen sollen, teuer zu stehen. Auf rund zwei Millionen Euro (2012) schätzt die Stadt Leipzig die durch Spraydosen angerichteten Schäden. Chemnitz gab im vergangenen Jahr 13.500 Euro für das Säubern von Graffiti-Flächen aus. Allerdings wurden Schmierereien nur dann entfernt, wenn sie einen verfassungsfeindlichen Inhalt hatten oder die Täter ermittelt und dadurch Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden konnten. „In den meisten anderen Fällen können keine Graffitientfernungen erfolgen“, teilt die Stadt weiter mit.
Geringe Aufklärungsquote schafft Kostenproblem
Damit ist ein Großteil des Problems umrissen. Die Aufklärungsquoten bei Graffiti-Straftaten sind meist gering. Im Kreis Görlitz wurden 2012 nach Angaben des Innenministeriums gerade mal ein Drittel (31,6 Prozent) der Fälle aufgeklärt. Das war damals die höchste Quote in Sachsen.
Seit 2005 gilt bundesweit das sogenannte Graffitibekämpfungsgesetz. Dadurch kann Sprayen als Sachbeschädigung geahndet werden. Allerdings nur dann, wenn jemand „unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert“.
Wann aber ist das der Fall? CDU und FDP im Landtag schließen nicht aus, dass Präzisierungen in der Gesetzgebung nötig werden können. Die Koalitionsfraktionen sprechen von „schwierigen Abwägungsprozessen beziehungsweise Nachweisfragen im gerichtlichen Verfahren“. Anders gesagt: Ist eine künstlerisch wertvoll aufgesprayte Blume auf einer Hausfassade bereits strafbar?
CDU und FDP fordern mit dem Antrag die Staatsregierung auf, über Zahlen zu Sachbeschädigungen durch Graffiti und Gegenmaßnahmen zu berichten. Zudem soll die Regierung eine Einschätzung zur Rechtslage geben, „um gegebenenfalls bei erkannten Problemen nachzubessern“.
Sind legale Graffiti-Flächen eine Lösung?
Inwieweit der Vorstoß, der offenbar auf Druck der Liberalen in einigen Passagen etwas weicher formuliert wurde, Wirkung erzielt, bleibt offen. „Verbesserungsvorschläge macht die Koalition nicht“, bemängelt die Grünen-Abgeordnete Eva Jähnigen. Die umtriebige Leipziger Sprayer-Szene mit rund 250 Mitgliedern dürfte das Papier kaum aufschrecken. Mehr als 2.200 Graffiti-Straftaten registrierte die Stadt für 2012. Zwei rivalisierende Gruppen liefern sich einen spektakulären Sprühwettkampf. Die ORG-Crew hinterließ vor zwei Jahren ihr Logo auf 15 mal 80 Metern auf dem inzwischen abgerissenen Robotron-Gebäude. Die andere Gruppe konterte und verewigte sich unlängst am Augustusplatz. Im März wurde ein mutmaßlicher Szeneboss von der Polizei gefasst.
Leipzigs Stadtrat spricht sich für mehr legale Graffiti-Flächen aus. Ein Präventionskonzept, auf das auch andere setzen. Vier solcher Flächen können Sprayer in Dresden nutzen. Die Stadt bemühe sich zudem um neue Plätze, heißt es aus dem Rathaus. Zudem kooperiert Dresden mit einem Verein, der gute Kontakte in die Graffiti-Szene hat. Leipzig will Präventionsarbeit bündeln und eine Stelle dafür schaffen.
Weitere Links und Informationen
›› Antrag von CDU und FDP: Illegale Graffiti sind Straftaten
›› Momentan gültiges bundesweites Graffitibekämpfungsgesetz
›› Künstlerische Freiheit aus der Dose, SZ vom 03.04.2014
›› Keine legalen Graffiti für Prohlis, SZ vom 09.04.2014