Von Heike Sabel
Dohna. Das Buch, das Thilo Scala in den Händen hält, stammt von 1889. Die Zeilen sind eng geschrieben, manuell mit Tinte, in alter deutscher Schrift. Es ist ein Protokollbuch der Dohnaer Stadträte. Thilo Scala hält es vorsichtig, fasst es nur mit weißen Baumwollhandschuhen an. Immer wieder legt er das Buch weg, um einen Satz in den Computer zu tippen. Er übersetzt gewissermaßen das Buch, macht es so allen zugängig und bewahrt es für die Zukunft. Thilo Scala macht das freiwillig, in seiner Freizeit – als Freund des Dohnaer Museums. Wie er dazu gekommen ist, weiß er nicht mehr. Es muss im April 2011 gewesen sein, sagt der Heidenauer. Er war Stammgast im Dohnaer Museum. Wahrscheinlich kam er irgendwann mit der Leiterin Eva-Maria Lohberg ins Gespräch. Als sie erfuhr, dass er des Altdeutschen und auch Lateinischen mächtig ist, wird sie ihn wohl gefragt haben. So wie sie jetzt wieder Leute anspricht. „Unser kleines Team wird immer älter“, sagt sie.
Die erste ehrenamtliche Helferin begann 1994 über die Aktion 55. Anderen kamen mal über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder als Rentner auf der Suche nach einer Aufgabe. Jetzt ist Thilo Scala mit 55 der Jüngste, die Älteste in der Gruppe der Museumsfreunde ist 79. Nur die Hälfte ist bis 65 Jahre alt. „Es ist also an der Zeit, sich wieder um Nachwuchs zu bemühen“, sagt Eva-Maria Lohberg. Die Aufgaben sind vielfältig.
Für jeden eine Aufgabe finden
Von Diensten im Museum zur Absicherung der Öffnungszeiten, über Veranstaltungen wie den Denkmaltag und den Weihnachtsmarkt bis hin zu Museums- oder Stadtführungen. Außerdem will das Museum mehr mit Schulen und Kindern arbeiten und ihnen museumspädagogische Projekte anbieten. „Dazu sind wir aber derzeit personell nicht in der Lage“, sagt Eva-Maria Lohberg. Auch hier sind also Leute gefragt, vielleicht ehemalige Lehrer. Thilo Scala zum Beispiel ist Offsetdrucker von Beruf.
Wer wie andere spezielle Fähigkeiten hat, für den findet sich auch eine Aufgabe. Sei es handwerklich oder sprachlich. „Im Archiv harren noch Unmengen von alten Dokumenten und handschriftlichen Nachlässen auf eine Transkription, damit sich das Wissen auch denen erschließt, die das Altdeutsche nicht kennen“, sagt Eva-Maria Lohberg. Thilo Scala hatte schnell gemerkt, dass er in Dohna gebraucht wird. Hier wäre, als er dazu kam, noch nicht viel übertragen gewesen. Anders als in Heidenau, wo diesbezüglich nicht mehr viel zu tun sei. Dafür hat Heidenau kein Museum. Früher gab es mal eines im Hinterhaus auf der Haeckelstraße. Da ging Scala auch ein und aus. Viele Dokumente und Exponate seien danach nach Dohna gekommen. Von Zeit zu Zeit wird immer mal wieder diskutiert, ob Heidenau ein Museum brauche. Bisher lautete die Antwort immer Nein.
Thilo Scala kommt in der Regel mehrmals in der Woche ins Museum. Das älteste Dokument, das er bisher übersetzte, war die Leichenpredigt eines Dohnaer Pfarrers von 1601. Da hat er drei Wochen dran gearbeitet. „Die Schrift war so klein, auch Griechisch und viel Latein waren dabei.“
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