Von Manfred Müller
Baßlitz. Andreas Schmidt hat eine etwas eigenwillige Art, Urlaub zu machen. Der Plessaer schwingt sich auf seinen Mc-Cormick-Traktor, kuppelt einen Wohnwagen an und tuckert drei Wochen lang durch Sachsen. „Das ist Reisen wie im Zeitalter der Postkutsche“, erklärt der 70-Jährige. „Entschleunigung pur – da wird der Kopf so richtig frei.“ Zuverlässig macht Schmidt Station im Großenhainer Raum, wo er im August an mindestens einem Traktorentreffen teilnimmt. So verschlug es ihn am Wochenende mal wieder nach Baßlitz. Imker Gerhard Leupold hatte zum Ackerschleppertreffen geladen, und mehr als 50 Traktoren-Oldies kamen angetuckert. Ob Mc Cormick, Eicher, Kramer, Ursus oder Lanz – die Schrauber aus dem Röderland bringen jeden Schleppertyp wieder zum Laufen. Auch etliche komplette Eigenbauten waren zu bestaunen. „In Deutschland gab es mal mehr als 300 Traktorenhersteller“, sagt Horst Wenzel etwas wehmütig. „Heute ist kein Einziger mehr in deutscher Hand.“ Der Kottewitzer ist mit seiner Frau Ursula auf einem 1962er-Kramer angereist – zünftig ausstaffiert mit Tiroler Lederhosen und Dirndl. Er habe den Schlepper deshalb erworben und aufgebaut, weil er mit zwei Beifahrersitzen zugelassen sei, erklärt der Maschinenbauingenieur. Da könne er zu Traktorentreffen gleich zwei Frauen mitnehmen. „Als Kind wünscht man sich eine elektrische Eisenbahn, im Alter eben einen eigenen Traktor“, scherzt der 62-Jährige.
Einfach und robust
Alte Schlepper wieder aufzubauen hat Tradition in der Großenhainer Pflege. In vielen Dörfern gründeten sich kleine Vereinigungen, deren Herz für historische Landtechnik schlägt. Familie Bennewitz aus Walda zum Beispiel hat sich ganz dem Lanz Bulldog verschrieben, der mit seinem genial einfachen Antrieb jeden Technikfreak in Begeisterung versetzt. Und nicht nur das. Einen Lanz kann man identifizieren, lange bevor man ihn zu Gesicht bekommt. Er kündigt sich mit einem behäbigen, basslastig blubbernden Auspuffgeräusch an, das bereits auf einen halben Kilometer jeden Verkehrslärm übertönt. Die legendären Schlepper wurden Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts von der Heinrich-Lanz-AG Mannheim, heute John Deere, hergestellt. Der Name rührt vom Aussehen der ersten Motoren her, die dem Gesicht einer Bulldogge ähnelten. Der Erfolg des Lanz war seine Einfachheit und Robustheit. Darüber hinaus fuhr der zuverlässige und mit Rohöl betriebene Schlepper bereits, als es dieselgetriebene Traktoren noch nicht gab und die benzingetriebenen Maschinen im rauen Betrieb der Landwirtschaft sehr unzuverlässig waren. Der Dallwitzer „Club der Oldies“ hat sogar T-Shirts mit einer Liebeserklärung an die „Dieselschnaufer und Rohölzünder“ drucken lassen. „Ich bin auf dem Traktor groß geworden“, erzählt Club-Chef Gerhard Fiedler, vom dem die Idee stammt. Der Dallwitzer konnte bereits mit 14 Jahren einen Schlepper übers Feld steuern. „Man musste nicht mehr hinter dem Ochsen- oder Pferdegespann herrennen – das hat uns Jungs damals sehr stolz gemacht.
Schauer verhindert Ackerschlepperschieben
Zum zehnten Male hatte der Imker Eberhard Leupold zur Oldtimerschau auf die Wiese hinter seinem Gehöft eingeladen, und schon am Morgen war der kleine Ortsteil von Priestewitz komplett zugeparkt. Neben den kultigen Traktoren gab es jede Menge alte Landtechnik zu sehen. Von der Dreschmaschine über die Strohpresse bis zur Viehwaage und das Butterfass kann man die Landwirtschaft bis in Großmutters Zeit zurückverfolgen. Manche Geräte tragen so eigenwillige Namen wie Schrotquetsche oder Rübenrungse, und man braucht schon einen älteren Bauern, der einem den ursprünglichen Verwendungszweck und die Funktionsweise erklärt.
Der unterhaltsame Höhepunkt der Veranstaltung, das Ackerschlepperschieben, fiel am Sonntagnachmittag leider ins Wasser. Normalerweise wuchten dann Sechsermannschaften aus den umliegenden Dörfern einen Bulldog über einen 50-Meter-Parcours. „Da gibt es Spezialisten, die das in 14 Sekunden schaffen“, sagt Gerhard Leupold. Allerdings fegte schon zur Mittagszeit ein Schauer über Baßlitz, der sich am Nachmittag zu Dauerregen verdichtete. Eine Schlammschlacht aber wollte Leupold nicht riskieren – schon wegen der Verletzungsgefahr.
Viele Gäste harrten dennoch bis zum Abend in biergeselliger Runde in seiner Scheune aus. Die Landwirte unter ihnen werden sich über den Regen eher gefreut haben.