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Schausteller sehen Volksfeste bedroht

Die Umsetzung einer EU-Norm in Deutschland lässt Schausteller das Schlimmste befürchten. Das Aus für Jahrmärkte und Volksfeste drohe, warnen sie. Jetzt bekommen sie Unterstützung aus der Politik.

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© dpa (Symbolfoto)

Von Angelika Jansen

Hannover. Krake, Kettenkarussell und Riesenrad könnten auf Volksfesten bald der Vergangenheit angehören. Denn wegen einer neuen Sicherheitsvorgabe der EU befürchten einige Schausteller das Ende traditioneller Jahrmärkte.

Künftig droht ihnen bundesweit der Verlust der Betriebsgenehmigung, sollten ihre Fahrgeschäfte nicht der EU-Norm entsprechen. Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds, mahnt ohnehin, die Zahl der Volksfeste sei in den vergangenen Jahren deutlich gesunken.

Nach der neuen Regelung sollen Berechnungen der Statik etwa belegen, dass bestimmte Fahrgeschäfte wie Kettenkarussells künftig Personen mit einem durchschnittlichen Körpergewicht von 100 Kilogramm tragen können - statt wie bisher nur 75 Kilogramm.

„Das kommt einer Neuabnahme der Fahrgeschäfte gleich und könnte für viele Traditionsunternehmen das Aus bedeuten“, sagt Benno Fabricius, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Lüneburg und Umgebung. „Die Umsetzung der europäischen Vorschrift stellt alle bisher in Deutschland angewendeten Sicherheitsstandards für Fahrgeschäfte in Frage.“ Viele Kollegen hätten ihre Fahrgeschäfte schon ins Ausland verkauft.

Vor allem in ländlichen Regionen behielt man die traditionellen Märkte bei, um Unterhaltung zu bieten, wie Andreas Matuschak erklärt. Er organisiert im Jahr rund 250 Volksfeste in Norddeutschland.

Aber etwas hat sich verändert: „Wir haben vor fünfzehn Jahren noch rund 12 000 Volksfeste gehabt, jetzt sind es nur noch 10 000“, sagt Hakelberg. Von den Bruttoumsätzen der Branche würden gut zwei Drittel auf Volksfesten erwirtschaftet - rund 2,65 Milliarden Euro. Wegen der großen Volksfeste und Freizeitparks hätten kleinere ländliche Jahrmärkte einen Teil ihrer Anziehungskraft eingebüßt, erklärt Joachim Lotz, Citymanager der Stadt Uelzen. Der Dauerbetrieb in Freizeitparks komme den Verbrauchern entgegen - heute warte niemand mehr, bis die Sensation vor seiner Haustür aufgebaut werde.

Und jetzt die neue EU-Norm: „Die Ursprungsfassung des „European Committee for Standardization“ sah einen Schutz für bestehende Anlagen vor“, erklärt Hakelberg. „Wir kritisieren, dass die 16 Bauministerien in Deutschland diesen Bestandsschutz verneint haben.“ Immerhin bekommen die Schausteller in Niedersachsen Unterstützung von der Politik - der Landtag will sich mit dem Thema befassen.

Die neue europäische Regelung gilt den Angaben zufolge nur für reisende Fahrgeschäfte, nicht für Geräte in Freizeitparks, obwohl die Anlagen dort einer Dauerbelastung ausgesetzt seien. Dabei unterlägen die mobilen Attraktionen schon durch den regelmäßigen Auf- und Abbau und die damit einhergehenden Abnahmen am jeweiligen Einsatzort ständiger Überwachung, erklärt Fabricius.

Es drohe ein „deutscher Exportschlager“ wegzubrechen, warnt Matuschak: „Veranstalter aus der ganzen Welt bestellen ganze Ausstattungen für ihre Feste, weil sie glauben, dass keiner schönere Volksfeste organisieren könne als Deutschland.“ Vor allem der deutsche Weihnachtsmarkt ist zu einem Wirtschaftsfaktor geworden und erfreut sich auch im Ausland ungebrochener Beliebtheit. Hakelberg sagt: „Die Schausteller machen mittlerweile mehr als eine Milliarde Euro Umsatz auf den Weihnachtsmärkten.“ (dpa)