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„Schaut nicht weg!“

Nach Dynamo-Krawallen in Bielefeld macht das Wort „Liga-Ausschluss“ die Runde. Diese drastische Maßnahme steht zumindest zur Diskussion. Unterdessen positionieren sich Verein und Politik. Trainer Olaf Janßen nimmt dabei eine neue Rolle ein: als Öffentlichkeitsarbeiter, der lieber über Fußball statt „Hass und Gewalt“ reden will.

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© Robert Michael

Frank Kastner und Tina Hofmann

Dresden. Sachsens Innenminister Markus Ulbig hat den Druck auf Dynamo Dresden erhöht. „Das, was Dynamo - der Verein, der Vorstand - macht, ist bemerkenswert, aber es ist nicht genug“, sagte der CDU-Politiker und forderte nach den erneuten Ausschreitungen der Dynamo-Anhänger in Bielefeld eine konsequente Verfolgung und Bestrafung der Verantwortlichen. „Es gibt sportorientierte Fußballfans und es gibt immer wieder Idioten“, sagte Ulbig und forderte die echten Fans auf, bei der Identifizierung der Randalierer zu helfen. Diese müssten persönlich dingfest gemacht werden. Dabei dürfe „keine Gnade an den Tag gelegt werden“, sagte der Minister.

Damit stößt er bei Dynamo-Trainer Olaf Janßen auf offene Ohren. In einem flammenden Appell wandte er sich am Montag während einer Pressekonferenz an die „98 Prozent wirklichen Fans“: „Schaut nicht weg! Gebt diesen Kriminellen keinen Unterschlupf! Erhebt Euch und zeigt ihnen die Stirn! Schiebt sie in die erste Reihe, damit die Justiz sie verurteilen kann! Gebt Hass und Gewalt keine Chance! Denn Hass und Gewalt werden den Fußball zerstören. Den Fußball, den ihr so liebt und letztlich auch euren Verein.“

Der 47-Jährige Coach betonte, dass er das Gefühl habe, der Zeitpunkt der Randale nur eine Woche nach der Übereinkunft von Verein, DFB und DFL über einen Neuanfang sei bewusst gewählt gewesen. „Das tut allen, die im sportlichen Bereich für den Erfolg arbeiten, verdammt weh“, sagte Janßen.

DFB erwartet mehr als nur Entschuldigungen

Ein härteres Vorgehen der Polizei gegen die - eigenen - gewaltbereiten Fans fordert unterdessen Andreas Ritter, der Präsident des Zweitligisten. In einem Gespräch mit MDR 1 Radio Sachsen gab er zu, dass der Club „mit dem Verhindern von Ausschreitungen vor dem Stadion überfordert“ sei. Ritter zeigte sich tief enttäuscht vom Verhalten der eigenen Fans. Die Chaoten und Kriminellen seien dabei, den Verein zu ruinieren, sagte er. Das Bild sei verheerend. Alle Arbeit der vergangenen Jahre, ein besseres Image aufzubauen, würde zunichtegemacht. Am Montagabend war ein Treffen mit Fanbetreuern angesetzt. Danach will der Verein über eigene Konsequenzen entscheiden.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der das Vorstrafenregister der Sachsen gerade gelöscht und die 17 anhängigen Verfahren gegen Zahlung von 30.000 Euro eingestellt hat, erwartet mehr als nur Entschuldigungen. „Da ist der Aufsichtsrat ebenso gefordert wie die Ultras-Gruppierungen“, meinte DFB-Vizepräsident Rainer Koch.

Nach dpa-Informationen ist der Zug nach Bielefeld - wie sonst üblich - nicht von der Bundespolizei, sondern nur vom eigenen Sicherheitsdienst begleitet worden. Auf der Fahrt soll Alkohol ausgeschenkt worden sein, was unter Aufsicht der Bundespolizei verboten ist. Die Bielefelder Polizei stellte in ihrem Bericht fest, dass die Fans bereits stark alkoholisiert am Spielort eingetroffen waren. (dpa)