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Schiebocks großer Party

790 Jahre wird man nur einmal, finden die Macher des Festumzugs von Bischofswerda. Wer nicht dabei war, der hat was verpasst.

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© Rocci Klein

Von Constanze Knappe

Kurz vor Zwei am Sonnabendnachmittag werden im Gewerbegebiet Nord in Bischofswerda noch die Flaggen aufgezogen. So kurz vor knapp, da ist Klaus Klix, einem der Organisatoren des großen Festumzugs zum 790. Geburtstag der Stadt, die Aufregung anzumerken. Mit dem Bischofswerdaer Karnevalsclub (BKC) waren die ersten Teilnehmer bereits gegen 12.15 Uhr da. Es braucht so seine Zeit, bis sich alle sortiert haben. Wenig später sind die Fahnen bereit. Schlag Zwei gibt Klaus Klix das Signal zum Aufbruch. Wie ein Felsbrocken fällt die Anspannung von ihm ab. „Jetzt kann es nur noch gut werden“, sagt er.

Die Bilder vom Stadtfest in Bischofswerda

Der Festumzug mit 74 Bildern und weit mehr als 800 Mitwirkenden setzt sich in Bewegung. Entlang der Bautzener Straße ist alles, was sich zum Sitzen eignet, längst besetzt. Vor vielen Häusern wurden Stühle rausgestellt. Erwartungsfroh harren die Zuschauer der Dinge, die da kommen mögen.

Eine Familie in Leinensachen erinnert an die Erstbesiedlung von 1227. Matthias Richter und seine Frau Christel haben sofort zugesagt, im Umzug mitzulaufen. Als Bischofswerdaer, so finden sie, muss man dabei sein. Ab der Hellmuth-Muntschick- über die Kamenzer Straße verdichten sich die Reihen der Zuschauer, ehe es eine Runde über den Altmarkt geht und die Kirchstraße wieder in Richtung Kulturhaus, wo sich die Gruppen auflösen. Über die vier Kilometer lange Strecke schiebt Matthias Richter den mit Leinensäcken und Getreideähren beladenen Schiebock. Auf den letzten Metern darf Enkelin Nadine aufsteigen. Gegen 14.40 Uhr sind die Richters am Ziel. Geschafft, aber glücklich. „Ordentlich warm“, kommentiert es Christel Richter. Nachdem der Schiebock abgestellt ist, schauen sie sich den Rest des Umzugs an, dessen hinterer Teil erst noch losgeht.

Städtisches Leben in großer Vielfalt

Im August vorigen Jahres wurden die ersten Ideen für den Umzug zusammengetragen. Mit viel Liebe zum Detail wurden seither die Szenen gestaltet. Wie das der Fronfeste. Andreas Schmidt und Eric Voigt gehen hinter dem Wagen. David Grizan sitzt als Scharfrichter obendrauf. Die Drei vom Jugendklub Weickersdorf loben die Stimmung an der Strecke. „Für so etwas sind wir immer zu haben“, sagen sie. Spaß habe es gemacht. Das bestätigt auch Christoph Kurze. „Wer sich das entgehen ließ, ist selbst schuld“, fügt er hinzu. Für ihn und seine Mitstreiter war es Ehrensache, als napoleonische Soldaten dabei zu sein. Im Verein Napoleonstraße 1813 betreiben sie seit vielen Jahren ihr Hobby. Nach dem Umzug gönnen sie sich erst einmal ein kühles Bier. Währenddessen gehen die Bischofswerdaer Spielleute, die im fünften Bild mehr als 40 Minuten am Stück gespielt hatten, im Gänsemarsch wieder in Richtung Markt. Dort werden sie nach dem Umzug noch einmal für die Besucher aufspielen.

Das Kinderhaus Sonnenschein hat so viele Sonnen dabei, dass sich selbst Klärchen am Himmel beeindruckt zeigt und einen klitzekleinen Sonnenstrahl durch die Wolken schiebt. Tapfer meistern selbst die Kleinsten in den Schaubildern der Kitas die Strecke. „Die Stadt lebt, für Nachwuchs ist gesorgt“, so die frohe Botschaft daraus. Jede Menge Lebensfreude verbreiten auch die Vereine zum Beispiel in Winnetous Kampfszene oder der Vorführung der Fechter.

Im Block der Wirtschaft regnet es Luftschlangen über den Altmarkt. Karl-Heinz John zieht einen mit Butter beladenen Leiterwagen über den Markt, die Mitglieder der Bäckerinnung verteilen Kekse, die Schiebocker Fleisch GmbH fährt mit Würsten vor. Und dann kommt die Firma Max Aicher – mit einem riesigen Schiebock, der kaum auf den Lkw-Anhänger passt und bald am Eingang ihres Gewerbeparks stehen wird. Da bleibt manchem Besucher vor Staunen beinahe der Mund offen stehen. Ebenso als die Feuerwehr ihre nagelneue Drehleiter 30 Meter in den Himmel fährt.

Bild um Bild schiebt sich an den Zuschauern vorbei. Fast zwei Stunden lang. Die vielen Schieböcke im Umzug gar nicht gezählt. Am Ende ist ein strahlender OB „völlig geplättet“. Er gab vor einem Jahr das Motto „Wir sind Bischofswerda“ aus. „Die Bürger aus der Stadt und den Ortsteilen haben heute gemeinsam gezeigt, wie viel Kraft in Bischofswerda steckt. Einfach sensationell“, so Holm Große.

Zuschauer sind begeistert

Mit der Meinung steht er nicht alleine. „Einfach toll“, lobt Steffi Behr den Umzug, die mit Söhnchen Lenny aus Demitz-Thumitz gekommen ist. „Die große Vielfalt, die es in Bischofswerda gibt und was die Vereine so zu bieten haben, das hat man doch gar nicht alles gewusst“, fügt ihre Freundin Isabell Winkler hinzu. Sandra Schlenkrich kam mit ihrer Familie extra aus Kamenz. „Sehr schön“, bewertet sie den Umzug. Als gebürtige Bischofswerdaerin habe sie sich das unbedingt ansehen müssen. Früher spielte sie bei den Spielleuten mit und sei auch bei Umzügen dabei gewesen. „Toll, dass es soetwas jetzt mal wieder gibt und wie viel Mühe sich die Leute gegeben haben“, erklärt sie. Daran wird man sich gewiss nach Jahren noch erinnern. Denn so viele Smartphones und Kameras, wie an diesem Nachmittag gezückt sind, hat Bischofswerda wohl noch nie gesehen.