Merken

Schilderposse am Waldschlößchen

Eine Stadtteil-Tafel auf Altstädter Seite sorgt für Aufregung. Nun gehört Dresdens umstrittenste Brücke ganz zur Neustadt.

Teilen
Folgen
© Sven Ellger

Von Ulrike Kirsten und Sarah Grundmann

Die Neustadt ist um eine Attraktion reicher. Die Waldschlößchenbrücke gehört nun komplett zum Szeneviertel. Ein Stadtteilschild mit der Bezeichnung „Neustadt – Radeberger Vorstadt“ macht darauf seit Kurzem aufmerksam. Das steht allerdings auf Johannstädter Seite der Brücke. Demnach gehört nicht nur die Hälfte der 636 Meter langen Querung zur Neustadt, sondern auch die ganze Elbe. Ein Unikat, denn ähnliche Stadtteilschilder sucht man an den anderen Dresdner Elbbrücken vergeblich. Auch die Johannstadt zählt nun anteilig zur Neustadt, ebenso ein Stück des Altstädter Elberadwegs.

Unter den Neustädtern, den größten Kritikern der Brücke, sorgt das für Amüsement. Die Grünen haben bereits eigene Pläne, was aus dem 181 Millionen Euro teuren Bauwerk werden soll. „Eine Fahrradstraße wäre schön. Den Tunnel könnten Skater und Graffiti-Künstler nutzen“, sagt Ortsbeirätin Ulla Wacker (Grüne). Freude herrscht auch bei der SPD. „Wir freuen uns, dass die Neustadt wächst. Nach Einführung der neuen Ortschaftsverfassung werden wir im Ortsbeirat Neustadt über die weitere Nutzung der Brücke entscheiden“, sagt der Neustädter Stadtrat Vincent Drews (SPD).

Die FDP vermutet hingegen hinter dem Schild eine Taktik des Rathauses. „Die Waldschlößchenbrücke gehört nun zur Neustadt – dahinter verbirgt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein ausgeklügelter Plan von Herrn Koettnitz, um den Straßenzustand der Neustädter Straßen statistisch aufzuhübschen“, sagt FDP-Ortsbeirätin Benita Horst. Immerhin sei ein Großteil der Straßen der Radeberger Vorstadt holprig und würde es auf Jahre hinaus bleiben.

Auf Neustädter Seite der Brücke ist die Johannstadt hingegen mit einem üblichen Richtungsschild ausgewiesen, dass die Fahrtrichtung anzeigt. Vielen Bewohnern ist die Tafel bisher noch gar nicht aufgefallen. „Wo sollte die Stadt es sonst hinstellen? Ich finde es eher witzig, dass der Teil jetzt wohl zur Neustadt gehört. Das werde ich gleich weitergeben“, sagt Katja, eine junge Anwohnerin.

Der CDU-Ortsverband Altstadt sieht das weniger locker. „Ich weiß auch nicht wirklich, warum das Schild da steht. Prinzipiell finde ich es natürlich doof, dass wir jetzt mit zur Neustadt gezählt werden“, sagt Ortsbeirat Lutz Hoffmann (CDU). Er hat sich bereits mit anderen Parteimitgliedern zusammengesetzt und über das Problem gesprochen. „Wahrscheinlich müsste das Schild in der Brückenmitte aufgestellt werden“, sagt er. „Doch das wird bautechnisch nicht möglich sein.“ Er hat nun eine eigene Idee: Anstelle der falschen Beschilderung soll ein Altstadt-Ende-Schild rücken. Das Neustadt-Schild will er am Brückenfuß auf Neustädter Seite aufgebaut sehen.

Bei den Linken hält man das Schilderchaos eher für einen verspäteten Aprilscherz der Verwaltung. „Ich konnte mir vor Ort bisher noch kein eigenes Bild machen, werde der Sache aber auf den Grund gehen“, sagt der Altstädter Ortsbeirat Marco Dziallas (Linke). Dabei ist das Schild nicht ohne Absicht am Johannstädter Brückenkopf angebracht, sagt Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz dazu. Stadtteilschilder würden generell in der Nähe der Gemarkungsgrenzen stehen. „An der Waldschlößchenbrücke steht das Schild dort, weil wir es nicht am Bogen anbringen und keinen zusätzlichen Mast aufstellen wollten“, sagt er. Zudem wäre man auf der Brücke ja ohnehin schon quasi in der Neustadt. „Man kann darauf ja schlecht umdrehen“, so der Amtschef. Stadtteilschilder gibt es zudem am Blauen Wunder und an der Flügelwegbrücke zwischen Übigau und Friedrichstadt. Augustus-, Albert- und Marienbrücke haben solche Schilder nicht. „Wegen des Denkmalschutzes sind wir hier generell sparsam mit Schildern“, so Koettnitz.

Der Neustädter und Altstädter Ortsamtsleiter André Barth stellt sich bereits auf ein Duell seiner Ortsbeiräte ein. „Als Altstädter Ortsamtsleiter kann ich das nicht einfach hinnehmen. Eine angemessene Reaktion muss her. „Vielleicht sollten wir einfach auf Neustädter Seite ein Schild Johannstadt aufstellen. Dann ist die Chancengleichheit wieder gegeben.“