Von Petra Strutz
Dresden. Wütende Attacken des Verteidigers, Unterbrechungen und Lügenvorwürfe dominierten den zweiten Tag im Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König. Dem Kirchenmann wird unter anderem Landfriedensbruch vorgeworfen. Am Mittwoch drehten sich die beiden ersten Zeugenaussagen von Polizisten um den Vorwurf, König habe während einer Anti-Nazi-Demonstration am 19. Februar 2011 aus einem Lautsprecherwagen heraus Linksautonome zu Gewalt aufgerufen.


Beide Befragte waren an vorderster Linie im Einsatz, als sie und ihre Kollegen angegriffen wurden. Sie schilderten im Amtsgericht Dresden das Ausmaß, das die Konfrontationen mit Demonstranten südlich des Hauptbahnhofs an jenem Samstagvormittag hatten. Die Beamten, die ein Aufeinandertreffen der Demonstranten mit Rechten verhindern sollten, waren mit Flaschen, Steinen und Fahnenstangen attackiert worden. Mehr als 100 Polizisten wurden damals im Laufe des Tages in Dresden verletzt.
Die Berliner Polizisten - 25 und 48 Jahre alt - sagten aus, König und dessen Lautsprecherwagen zumindest am Ort des Geschehens gesehen zu haben. Umstritten blieb, ob aus dem Fahrzeug heraus tatsächlich zu Gewalt aufgerufen wurde. „Nein, daran kann ich mich nicht erinnern“, sagte der 25-Jährige auf drängende Nachfrage von Anwalt Johannes Eisenberg. „Aber ich schließe es nicht aus“, fügte er hinzu. Der Beamte war bei dem Einsatz an den Beinen verletzt worden.
Eisenberg unterstellte dem Zeugen, gelogen zu haben und hielt ihm eine Aussage seines Hundertschaftsführers vor. Dieser hatte zu Protokoll gegeben, dass im Hinblick auf Lautsprecherdurchsagen „kein strafbares Verhalten in Bezug auf die Durchsagen bzw. Redebeiträge festgestellt werden konnte“.
Richter-Entscheidung könnte Revisionsgrund sein
Eine Antwort auf die Frage nach seiner politischen Orientierung blieb der junge Mann schuldig. Er suche mit der Frage nach einem Motiv für die mögliche Falschaussage, sagte Eisenberg und schloss eine Nähe des Zeugen zu Rechten nicht aus. Der Vorsitzende Richter Ullrich Stein wertete die Frage nach längerer Pause als unzulässig und lehnte auch eine Vereidigung des Zeugen ab. Prozessbeobachter meinten, dies könne angesichts aktueller Rechtsprechung ein Revisionsgrund sein.
Der zweite Zeuge, Einsatzführer einer anderen Hundertschaft, schilderte das Geschehen um Königs Lautsprecherwagen. Nach kurzen Treffen an dem Fahrzeug seien immer wieder Demonstranten gegen die Polizisten vorgegangen. „Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, dass da Absprachen getroffen wurden“, sagte er. Es habe Überlegungen gegeben, den Wagen aus der Menge zu beordern. Er habe aber keine entsprechende Weisung mehr geben können, weil an einem anderen Ort eine Beamtin in einem Polizeifahrzeug angegriffen worden sei.
Die Verteidigung legte etliche Beweisanträge vor, um Entlastungszeugen für König vor das Gericht zu rufen. So soll der Einsatzführer der Hundertschaft geladen werden, zu der der 25-jährige Zeuge gehörte. Verteidiger Eisenberg wurde bei der Befragung dieses Polizisten mehrfach laut. Er unterstellte ihm, mit der Beschreibung von aggressiven, überwiegend schwarz gekleideten Demonstranten schlechte Stimmung gegen seinen Mandanten verbreiten zu wollen. Der Anwalt bekam mehrfach Applaus aus dem überfüllten Zuschauerraum. Er wurde aber auch wegen verbaler Ausfälle gegen den ersten Zeugen und Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer vom Richter mehrfach mit scharfen Worten in die Schranken gewiesen.
Der Prozess wird am 13. Mai fortgesetzt. Dann sollen auch die beiden Polizisten gehört werden, die am Mittwoch aus Zeitgründen nicht mehr vernommen werden konnten. Verschoben wurde auch die Auswertung eines Polizeivideos, weil die Technik im Gerichtssaal nicht ausreichend war. (dpa)