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Schlesierland ohne Flüchtlinge

Die Asylunterkunft Markersdorf sollte erst Ende September 2018 schließen. Doch der Bedarf sinkt dramatisch schnell.

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© Constanze Junghanß

Von Constanze Junghanß

Markersdorf. Das Tor der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber an der Bundesstraße 6 steht sperrangelweit offen. Mitarbeiter vom DRK Görlitz bepacken Fahrzeuge. Die Bungalowsiedlung mit Platz für bis zu 72 Menschen ist verwaist.

Was ist passiert, wo sind die Frauen, Kinder und Männer hin, die als Asylsuchende in der Markersdorfer Unterkunft strandeten? Ursprünglich sollte die Unterkunft bis zum Herbst 2018 Bestand haben. So wurde das bisher öffentlich kommuniziert. Der Vertrag soll aber nun zum Jahresende aufgehoben werden, sagt Peter Hoffmann, Amtsleiter vom Ordnungs- und Straßenverkehrsamt. Grund dafür sei, dass der Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber im Kreis zurück gegangen ist. „Daher müssen nun Überkapazitäten reduziert werden“, so Hoffmann. Bereits Ende November wurden die Asylsuchenden in andere Unterkünfte gebracht.

Damit die Siedlung besenrein übergeben werden könne, seien die Asylbewerber schon jetzt umgezogen, heißt es auf Nachfrage der SZ aus der Geschäftsstelle des DRK Görlitz. Dabei sehen die Holzhäuschen auf den ersten Blick weder verwahrlost aus, noch sind Schäden zu sehen. Genau zu überprüfen ist das aber nicht. Das DRK lässt niemanden auf das Gelände.

Neben den Mitarbeitern ist auch ein Sicherheitsdienst Anfang der Woche weiter vor Ort gewesen. Die Markersdorfer Familien und Einzelpersonen seien in andere Unterkünfte im Landkreis gebracht worden, sagt Hoffmann. Nach SZ-Informationen handelt es sich dabei unter anderem um ein Asylheim in Löbau und eins in Friedersdorf im Süden des Kreises.

Dass der Auszug plötzlich passierte, bestätigt der Landkreis. Zuletzt wurden die beiden Reichenbacher Schulen vom Umzug informiert. In Ober- und Grundschule lernten die Flüchtlingskinder aus der Gemeinschaftsunterkunft Markersdorf. „Wir wurden von den Schülern informiert“, sagt Oberschulleiterin Karin Schnaubelt. Das war ein Tag vor dem Umzug. Warum bisher weder der Kreis noch das DRK den vorschnellen Auszug thematisierten, bleibt unklar. Etwas anders stellt sich die Situation in der Gemeinschaftsunterkunft Weißkeißel dar. Auch dort endet der Mietvertrag mit dem DRK Weißwasser als Betreiber am 31. Januar. „Die Planung und Vorbereitung zur Verlegung laufen bereits“, so Hoffmann. Beim DRK Weißwasser ist noch unbekannt, wohin die Menschen verlegt werden sollen. „Dazu gab es von öffentlicher Stelle noch keine Informationen an uns“, sagt DRK-Vorstandsmitglied Maik Warich.

Im Asylheim Weißkeißel wohnen noch 37 Personen. Das sind nach Auskünften von ehrenamtlichen Unterstützern Familien und zwei alleinstehende Frauen. „Über das Aus der Einrichtung erfuhren wir erst durch einen Bericht der SZ“, sagt Heike Krahl, die seit zwei Jahren Freizeitangebote in der Unterkunft durchführt.

Im jüngsten Kreistag in der Bürgerfragestunde sprach die Abgeordnete der Linkspartei das Thema an, weil die Bewohner der Einrichtung verunsichert darüber wären, wie es weiter geht. Mit der Schließung kämen sie viel zu weit von Weißwasser weg, um ihre begonnenen Integrationskurse, den Deutschunterricht oder Förderschulen im Ort zu besuchen. „Bei allem Verständnis für die finanzielle Situation des Kreises geht es letztlich um das Kindeswohl, und da sollte der Schwerpunkt klar auf den Kindern liegen“, sagt Heike Krahl.

Konkrete Zahlen zur Miethöhe nennt der Landkreis Görlitz nicht. Reine Mietzahlungen könnten nicht durchgängig ermittelt werden, weil „bei Abschluss der Verträge in der Regel Betreuung und Unterbringung gemeinsam zu einem ausgehandelten Gesamtpreis vergeben wurden“, heißt es in einer Erklärung. Die Bungalowsiedlung Markersdorf soll für die Übergabe an die Bauen und Wohnen GmbH als Eigentümer vorbereitet werden. In Weißkeißel gehört das Objekt der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Zusätzliche Kosten entstünden dem Landkreis durch das zeitigere Vertragsende in Markersdorf nicht, hieß es.