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Schluss im Schloss nach drei Jahrzehnten

Ingrid Welzig verabschiedet sich aus der Muldestadt. Ihre Nachfolgerin freut sich über gewachsene Strukturen – und auf ein Millionenprojekt.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Nossen/Altzella. Ohne Wehmut geht es nicht. Wie denn auch, geht doch eine leitende Mitarbeiterin, die mehr als drei Jahrzehnte die Geschicke von Schloss Nossen und des Klosterparks Altzella in den Händen hielt. Und so macht Sachsens Schlösserland-Chef Christian Striefler aus seiner Gefühlswelt auch kein Geheimnis. Er sei hin- und hergerissen. Dankbar einerseits, dass Schlossleiterin Ingrid Welzig 33 Jahre gute Arbeit geleistet hat und die Fußstapfen für ihre Nachfolgerin beachtlich sind, was für den Erfolg der 63-Jährigen spricht. „Andererseits bin ich traurig, dass nun diese Ära und eine stets vertrauensvolle Zusammenarbeit enden“, sagt Striefler am Mittwochnachmittag auf Schloss Nossen.

Vor etwa einem Jahr sei Welzig mit dem Wunsch an den Dachverband für Sachsens Schlösser, Burgen und Gärten herangetreten, nicht erst 2020, sondern zwei Jahre eher in den Ruhestand zu gehen. „Ich habe zwei kleine Enkel, und die Jungs sollen etwas mehr von ihrer Oma haben“, sagt Ingrid Welzig lachend. Auch ihr Garten im heimischen Käbschütztal brauche mehr Aufmerksamkeit von ihr, Reisen durch Südeuropa und Nordafrika seien bereits geplant.

Für Christian Striefler blieb Zeit genug, Welzigs Posten neu zu besetzten. Vier bis fünf Bewerber hätten durch ihre Vita überzeugen können, sagt er. Am Ende stach aber heraus, die „zupackt und Ideen hat“ – die bisherige Burg- und Museumsleiterin in Schönfels bei Zwickau, Ina Schumann. Die gebürtige Burgstädterin ist Museologin und Mutter eines sechs Jahre alten Sohnes. Noch wohnt sie in Zwickau, bereite aber ihren Umzug in die Nähe ihres neuen Arbeitsplatzes vor, erzählt die 45-Jährige. Offiziell wird sie am 1. Februar als Schlossherrin beginnen, wurde von Ingrid Welzig aber seit Beginn des Jahres eingearbeitet. „Der Zeitplan war straff. Aber ich bin total positiv aufgenommen worden. Die ersten Wochen haben mich so richtig neugierig gemacht. Auf Schloss Nossen gibt es viel zu entdecken, sowohl archäologisch als auch konzeptionell“, sagt die Westsächsin, die als Jugendliche in einer Theaterschneiderei arbeitete, nach der Wende und einer Umschulung eine kaufmännische Lehre in einem Baumarkt absolvierte. Mitte der 1990er Jahre habe sie ihr Fachabitur nachgeholt und an der HTWK Leipzig studiert. „Anschließend war ich als freiberufliche Museologin unterwegs, bevor 2005 meine Zeit auf Burg Schönfels begann“, sagt Schumann.

Von der Pflanzenzucht ins Schloss

Die Entscheidung für das verglichen mit ihrer vorherigen Anstellung deutlich größere Ensemble samt Schloss und Klosterpark sei ihr nicht schwergefallen. „Ich habe schon öfter mit einem Auge nach Nossen geschielt, fand interessant, was hier passiert.“ Nun wird sie bald das Sagen über acht feste Mitarbeiter haben, soll den eingeschlagenen Weg ihrer Vorgängerin fortsetzen, aber auch neue Impulse geben.

„Dinge wie die Blumen- und Gartenschau in Altzella haben wir etabliert, das wird unter Frau Schumann sicher bestens weitergeführt. Auch der Ausbau museumspädagogischer Angebote für Schulen wird vorangehen“, ist sich Welzig sicher. Als diplomierte Pflanzenzüchterin der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg hatte sie 1985 im damaligen Heimatmuseum Nossen begonnen. Und es zur Schlossleiterin geschafft. Dieser eher untypische Bildungsweg wird als Anekdote bleiben – so wie das Vermächtnis Welzigs, gleichwohl sie dieses Wort nie benutzen würde. „Ich denke gerne an die Aufbruchstimmung nach der Wende zurück und an die baulichen Fortschritte im Klosterpark nach dem Übergang zum Freistaat“, erzählt sie. Zu den Höhepunkten ihrer Amtszeit gehöre die Jubiläumsausstellung zum Bühnenbildner der Semperoper Otto Altenkirch 2005 oder der Einzug der Stiftung der Adelsfamilie von Schönberg im selben Jahr. Heute gibt es auf Schloss Nossen eine Dauer- und wechselnde Sonderausstellungen zum sächsischen Adel. Zuletzt lockten Kloster Altzella und Schloss Nossen rund 58 000 Besucher jährlich an. Nicht schlecht für das Renaissance-Schloss, das mit Prachtbauten wie Schloss Moritzburg nicht konkurrieren kann.

Trotzdem sieht Christian Striefler noch mehr Potenzial. Dieses zu befördern, liege nun in der Hand der jüngeren, neuen Schlossherrin Ina Schumann – und sei zudem mit einem größeren Museumsprojekt des Freistaats verbunden. Bis 2021, so der Plan, soll im sanierungsbedürftigen Südflügel des Schlosses ein Museum mit dem Schwerpunkt sächsischer Adel neu einziehen. Das Konzept solle deutlich von einem gewöhnlichen Museum mit Rundgang-Charakter abweichen, sagt Striefler. Die Planungen laufen, zu viel könne noch nicht verraten werden, so der Schlösserland-Chef. Jedenfalls sollen die Neuerungen dazu führen, ein größeres Publikum anzusprechen. Dafür investiert das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB) laut Striefler rund acht Millionen Euro in den Um- und Ausbau. Auf Ina Schumann wartet somit eine spannende Zeit in Nossen. „Dafür wünsche ich ihr viel Glück und stehe gern beratend zur Seite“, sagt Ingrid Welzig. Doch zunächst ruft die weite Welt. Und der eigene Garten.