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Schluss mit Tarif- und Preiswirrwarr

Landrat Michael Harig verspricht für 2018 Veränderungen im Nahverkehr. Davon soll auch die Region Bischofswerda profitieren.

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© Steffen Unger

Von Reiner Hanke

Bischofswerda. Neues Jahr neues Glück? Lothar Fraunhain aus Großröhrsdorf hat inzwischen wohl aufgegeben, dass sich etwas tut: mit dem Nahverkehr. Er und mit ihm zahlreiche andere passionierte Nutzer der öffentlichen Nahverkehrsmittel wie Bus und Bahn wohnt an einer Schnittstelle zwischen zwei Verkehrsverbünden. Das macht den Fahrgästen das Leben schwer und den Nahverkehr damit nicht attraktiver. Für den Großröhrsdorfer ist es völlig unverständlich, dass es über viele Jahre nicht gelingt, den Nahverkehr zwischen den Verbünden VVO (Verkehrsverbund Oberelbe mit Dresden) und Zvon (Raum Bautzen Görlitz) kundenfreundlich zu gestalten.

Verbundgrenze Großharthau

Zehn Jahre lang wurde nur diskutiert. Lothar Fraunhain spricht vom Versagen der Politik und kritisiert, dass nur „irgendwelche Leute an ihren Posten hängen“. Der Großröhrsdorfer fragt, wann er endlich mit einer Fahrkarte von Großröhrsdorf nach Bautzen fahren könne, so wie nach Dresden und zu einem vergleichbaren Preis. So fahre er mit einer Fahrkarte nach Dresden für 4,60 Euro in einer knappen halben Stunde. Nach Bautzen für 10 Euro und brauche mindestens eine Stunde. Ein unhaltbarer Zustand in einem gemeinsamen Landkreis. Er zweifelt am Willen, das zu verändern. Zwei Verkehrsverbände in der Region, in einem Kreis, seien völlig unnötig. Zumal der Bautzener Landrat Michael Harig (CDU) auch noch in beiden Verbänden an der Spitze steht.

Mit seiner Kritik steht der Großröhrsdorfer nicht allein. Bischofswerdaer, die mit dem Zug beispielsweise zur Arbeit nach Radeberg oder Dresden pendeln, beklagen das selbe Problem seit Jahren. Denn die Verbundgrenze verläuft mitten durch „ihre Strecke: Großharthau gehört noch zum Zvon-Gebiet, Arnsdorf schon zum Bereich des VVO. Das macht das Reisen teurer und komplizierter. Sparfüchse, die den Tarifdschungel durchschauen, nutzen mehrere Tickets. Oder sie fahren mit dem Auto bis zum Bahnhof Arnsdorf und steigen dort in den Zug.

Landrat Harig räumt ein: „Zunächst habe ich für die Äußerungen des Lesers Verständnis.“ Zugleich erinnert er an die Geschichte. Die Verkehrsverbünde sind in den 1990er-Jahren per Gesetz als sogenannte Pflichtverbände geschaffen worden. Letzteres sei eine Folge der Privatisierung der Deutschen Bahn (DB AG) gewesen. Der Fernverkehr sei der DB AG zugeordnet worden, die Regionalverkehre wurden kommunalisiert. Den Verbänden gehe es ausschließlich um die Kunden. „Die Verbände verfolgen keinen Selbstzweck. Es geht mit Sicherheit nicht um Posten oder ähnliche Beweggründe.“

Freilich seien die angesprochenen Preisunterschiede ärgerlich, räumt der Landrat ein. Sie hätten aber nicht nur in den Verbandsstrukturen ihre Ursachen. So gebe es auch im VVO-Gebiet Probleme, z. B. wenn eine vergleichsweise kurze Reisedistanz über mehrere Tarifzonen führt.

In der Tat bemühe er sich seit 2008 als Landrat um eine Klärung. Tariflich sei das immerhin im Bereich der Zeitkarten gelungen. Noch keine Lösung gibt es bei den Einzelfahrscheinen und eben bei der Fusion oder einem Beitritt des ZVON zum Zweckverband Verkehrsverbund Oberelbe. Michael Harig: „Eine Fusion benötigt die Zustimmung aller Verbandsmitglieder des Zvon.“ Widerstand formulierten erst jetzt wieder die Stadt und der Landkreis Görlitz.

Notfalls Bautzener Alleingang

So wird befürchtet, dass wegen der starken Verkehrsnachfrage in Dresden und im Elbtal der ländliche Raum fernab der Landeshauptstadt benachteiligt werden könnte. Michael Harig: „Mein Ziel ist es, die Gespräche mit dem Oberbürgermeister und dem Landrat aus Görlitz im ersten Quartal 2018 zu einem guten Ende zu bringen.“ Wenn dies nicht gelingen sollte, werde der Landkreis Bautzen in Gänze ins VVO-Gebiet wechseln, sichert Harig zu. Allerdings wäre es für ihn eine schlechte Lösung, weil dadurch das Tarifproblem nur in Richtung Osten verschoben würde.

Neben dem Tarifgeschehen geht es dem Landrat auch um die Verkehrsplanung und die Erreichbarkeit der Städte und Gemeinden innerhalb des Landkreises, die kritisierte Verbindung in die Kreisstadt sicher mit eingeschlossen. Komplexe Fragen seien zu klären. So wären mit einer Tarifveränderung auch Ausgleichsansprüche der Verkehrsunternehmen verbunden. Das bleibe letztlich nicht ohne Auswirkungen auf die Finanzen des Verbundes und des Kreises. „Ich schätze aber ein, dass es auf alle Fragen zufriedenstellende Antworten geben kann“, so Michael Harig.