Von Gunnar Klehm
Porschdorf. Seit Ende Oktober geht das nun schon so. Die Schar derer, die sich bei Annegret Mack für ihr jahrelanges Engagement in Porschdorf bedanken und sich von ihr verabschieden wollen, reißt einfach nicht ab.

Jetzt sitzen Ortsvorsteher Jens Küller und Stadtrat Mathias Klimmer mit ihr im Saal des Erbgerichts in Porschdorf, haben ein paar Blumen mitgebracht und schwelgen in Erinnerungen. Die Tische stehen noch in der U-Form, so wie es die letzten Gäste hier wollten. Es war eine goldene Hochzeit. Annegret Mack wird hier nie wieder eine Feier ausrichten. Mit 66 Jahren hört sie als Wirtin auf. Viele Stammkunden wollten es bis zuletzt nicht glauben, doch seit dem Ersten dieses Monats ist die Gaststätte mit Pension geschlossen.
Das ist sie aber keineswegs aus wirtschaftlichen Gründen. „Zwar wurde es mir in den vergangenen Jahren ziemlich schwer gemacht, aber das Geschäft lief immer weiter“, sagt Annegret Mack. Die Porschdorfer hätten es zwar lieber gesehen, wenn es einen nahtlosen Übergang zu einem Nachfolger gegeben hätte. „Die Hauptsache ist aber, dass es überhaupt weitergeht“, sagt Mathias Klimmer. Frau Mack sagt, dass es damit ganz gut aussieht. Nur sei eben noch nichts unterschrieben, deshalb wolle sie noch nichts Konkretes sagen.
Für sie ist es auch mehr als eine Geschäftsaufgabe. Es wird ein Abschied von ihrem Elternhaus. Der war schon einmal schmerzvoll und ist es im Wortsinne auch jetzt. Denn Annegret Mack kann sich derzeit nur an zwei Krücken fortbewegen. Sie leidet an einem Beckenbruch. Als einige Stammgäste sie vor Wochen baten, doch weiterzumachen, hatte die Wirtin noch gefrotzelt, dass sie dann irgendwann mit Rollator bedienen müsste. „Der steht jetzt wirklich hier“, sagt sie und zeigt in eine Ecke des Gastraums.
Der erste Abschied vom Erbgericht liegt zwar schon lange zurück. Da war Annegret Mack gerade mal sechs Jahre alt. Doch die Situation kann sie heute noch genau schildern. Es war in einer Nacht im Jahr 1956, als Vater Richard der kleinen Annegret den Schulranzen aufsetzte und sie in die Dunkelheit verschwanden. Statt Schulbüchern war der Ranzen voller Dokumente. Die Familie floh aus der DDR, weil der Vater immer mehr in die Fänge der staatlichen Behörden geriet, die ihn auf dem Kieker hatten. „Damit niemand Verdacht schöpfte, ist uns meine Mutter mit meinen zwei kleineren Geschwistern in der Nacht danach gefolgt“, erzählt Annegret Mack. Als politisch Verfolgte wagten sie nie wieder, einen Fuß auf ostdeutsches Gebiet zu setzen.
Das Leid mit den Straßensperrungen
Die politische Wende 1990 veränderte alles. Spontan entschloss sie sich, mit ihrem Lebensgefährten nach Porschdorf zu fahren, um zu gucken, ob das Haus noch steht. Der bauliche Zustand war zwar miserabel, die Zimmer nicht beheizbar, die Fußböden teilweise kaputt, dennoch stellte die damalige Angestellte im Finanzamt München einen Antrag auf Rückübertragung. Dem wurde stattgegeben, denn ihr Vater hatte die Immobilie nie verkauft. Nach der Enteignungswelle 1972 fiel das Erbgericht an die DDR-Handelsgenossenschaft Konsum.
Erst wollte das Paar das Haus nur herrichten und verpachten. Sie nahmen Kredite auf und suchten Bürgen. Dann gab Annegret Mack ihren sicheren Posten im Amt in München aber doch auf und wurde Wirtin in Porschdorf.
Lange hat sie gesagt, dass sie es nicht bereut hat. In besten Zeiten hielten 140 Reisebusse pro Saison bei ihr an, die Urlauber zwischen Bastei und Festung kutschierten. Bis zu 13 Mitarbeiter hatte sie beschäftigt. Doch in den letzten Jahren machte sich auch Frust breit. Die zweijährige Vollsperrung der Straße am Porschdorfer Berg war übel fürs Geschäft. Auch bei den vielen Baustellen danach fühlte sie sich als Unternehmerin missachtet. Sie kann mit den Gastronomen mitfühlen, die jetzt wegen der gesperrten Straße zwischen Hohnstein und Bad Schandau leiden.
Doch eigentlich will sie nur noch an das Positive denken. Sie bedankt sich bei den vielen Stammgästen und den Mitarbeitern, die ihr die Treue hielten. Auch zur Feuerwehr hatte sie immer ein sehr gutes Verhältnis. Viele Kameraden kamen, um sich bei ihr zu verabschieden. Sobald die Nachfolge geklärt ist, wird sie wieder zu ihrer Familie ins Münchener Umland ziehen.