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Schnattchen zieht um

Vertrag läuft aus, die Betreiberin der Suppenküche am Norma muss in ein neues Domizil.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Meißen. Schnattchen hat den Grill angeworfen. Jeannett Neumann, so heißt die 51-Jährige mit richtigem Namen, brutzelt die Roster. Normaleweise kocht sie ja vor allem Suppen, betreibt am Norma im Triebischtal „Schnattchens Suppenküche“. „Meine Freunde und Bekannten nennen mich so, weil ich gern und viel schnattere“, sagt sie und lacht. Heute kocht beziehungsweise grillt sie aber nicht für die normale Kundschaft. Sie hat 19 Frauen und Männer, die von der Lebenshilfe betreut werden, zu einem Sommerfest eingeladen. Erst gab es Kaffee, Kuchen und Eis, nach einer Führung in der Porzellanmanufaktur war Grillen angesagt. „Ich freue mich, wenn ich anderen helfen kann“ sagt die gelernte Köchin. Dabei hat sie es selbst nicht so dicke. Mit ihrer Suppenküche kommt sie einigermaßen über die Runden. „Jetzt im Sommer ist es gut, das kommen viele Touristen“, sagt sie. In den fünf Jahren, die sie hier kocht, hat sie viele Stammkunden. Handwerker, ältere Leute vor allem. Die kommen nicht nur zum Essen, sondern eben auch zum Quatschen. Das sind sie bei „Schnattchen“ an der richtigen Stelle.

Offen für Behinderte

Doch Jeannett Neumann redet nicht nur, sie handelt auch. So war sie gleich zur Stelle, als sie die Lebenshilfe wegen eines Sommerfestes ansprach. Andere halfen ebenso mit. Die Bäckerei Hartmann steuerte Kuchen bei, der Reinigungshandel Riesa stellte das Geschirr, die Manufaktur machte eine kostenlose Führung. Die Suppenküche ist der ideale Ort für solche Veranstaltungen, ist die Gaststätte doch behindertengerecht. Und es gibt noch einen weiteren Grund. Die Inhaberin ist offen für behinderte Menschen. „Andere Gastronomen sehen das ja nicht so gern, wenn Behinderte bei ihnen einkehren, weil sich andere Gäste dadurch gestört fühlen könnten. Bei mir ist das nicht so“, sagt sie.

Sich selbstständig zu machen, eine Suppenküche in Meißen zu eröffnen, diese Idee sei ihr über Nacht gekommen. Zuvor hatte sie unter anderem als Köchin in Gaststätten gearbeitet. „Mir dort immer die Nacht um die Ohren zu schlagen, das wollte ich nicht mehr“, so die Meißnerin.

Um elf Uhr öffnet die Suppenküche, in der es aber auch andere Gerichte gibt, doch der Arbeitstag für Jeannette Neumann beginnt in der Regel um fünf Uhr. Schließlich muss sie alles alleine machen, eine Angestellte kann sie sich nicht leisten. Und dazu gehört eben nicht nur das Kochen, das sie leidenschaftlich gern macht, sondern auch Reinigungsarbeiten und der ganze Bürokram. „Den mache ich am Wochenende“, sagt sie.

Fünf Jahre keinen Urlaub

In den fünf Jahren hat sie keinen einzigen Tag Urlaub gemacht. „Das kann ich mir als Selbstständige gar nicht leisten, denn dann fehlt das Geld.“ Lediglich eine Woche war sie mal krank, wegen einer schweren Grippe. Da ging gar nichts mehr.

Die derzeitige Hitze tut dem Geschäft keinen Abbruch. Die Leute kommen trotzdem essen. „Nur bei Regen trauen sich viele nicht raus. Da möchte ich manchmal am liebsten gar nicht aufmachen“, sagt sie.

Lange aufmachen kann sie im Triebischtal sowieso nicht mehr. Am 30. September ist Schluss, dann läuft der Untermietvertrag aus. Schnattchen sucht ein neues Objekt, das bezahlbar sein muss. In der Poststraße ist sie fündig geworden. Ob es klappt, steht noch nicht fest. „Wenn nicht, finde ich was anders.“ So schnell gibt Schnattchen nicht auf.