Von Heike Heisig
Roßwein. Weil er am Abend noch mit den Stadträten zusammengesessen hat, konnte Bürgermeister Veit Lindner (parteilos) den Fördergeldbescheid für die Breitband-Erschließung nicht persönlich entgegennehmen. Wie die Nachbarkommunen auch, bekommt Roßwein 50 000 Euro dafür, sich von Fachleuten darlegen zu lassen, wo welcher Ausbau vonnöten ist und welche Technologie zum Einsatz kommen sollte. Allein für solche Beraterleistungen stellt der Bund deutschlandweit 4,3 Millionen Euro zur Verfügung.
Wie Michael Klöden vom Ordnungsamt den Räten darlegte, wird diese Bestandsanalyse die Tele-Kabel-Ingenieurgesellschaft (TKI) mbH übernehmen. Sie wird auch die Ausbauvorschläge unterbreiten. Klöden geht davon aus, dass er im Stadtrat schon im Januar oder Februar Ergebnisse vorlegen kann. Inzwischen, so Klöden, hat es schon eine Befragung der Unternehmen gegeben. Nach der sei zum Beispiel Envia Tel an einem eigenen Ausbau interessiert. Auch die Telekom will nach Klödens Angaben Geld in die Hand nehmen und unter anderem in die Verdichtung der Kabelverteilerstationen investieren.
Das ist gut für diejenigen, die nahe an solchen Stationen wohnen. Denn: Die Internetgeschwindigkeit, die schließlich daheim erreicht wird, hängt davon ab, wie nah der Kunde am nächsten Knotenpunkt wohnt. Denn die herkömmliche Telefonleitung, über die der Datenstrom ab dieser Vermittlungsstelle geschickt wird, dämpft das Signal Meter um Meter. Ab einer Entfernung von rund fünf Kilometern spielt die Physik im Kupferkabel nicht mehr mit. Daher kann es beim schnellen Internet in den einzelnen Stadtgebieten oder sogar schon in benachbarten Straßenzügen gravierende Unterschiede geben. Erreicht werden sollen Übertragungsraten von 30 bis 100 Megabits pro Sekunde (Mbit/s).
Für den Ausbau, den Telekommunikationsunternehmen in eigener Regie angehen, bekommt die Kommune keine finanzielle Unterstützung. Die ist nur für einen Netzausbau gedacht, den die Verwaltung oder ein Zusammenschluss von Kommunen für unterversorgte Gebiete, die ansonsten auf der Strecke bleiben würden, in Angriff nimmt. In dem Förderprogramm sind Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s gefordert. „Dabei sollten wir aber nicht hängenbleiben“, findet der Mann vom Roßweiner Ordnungsamt.
300 Mbit/s sollten schon drinsein
Dieser Meinung ist auch Bürgermeister Veit Lindner (parteilos). Er ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte, von 300 Mbit/s-Anschlüssen auszugehen. „Denken wir mal an die erste Stufe des Breitbandausbaus“, so Lindner. „Da waren die zwei Mbit/s Standard bei der Einweihung schon prähistorisch“, so der Bürgermeister.
Ob solche Raten bei den Ausbaustufen in den nächsten Jahren in Roßwein und den Ortsteilen erreicht werden können, wird die Analyse von TKI zeigen. In der untersuchen die Fachleute ebenfalls, ob das Glasfaserkabel nur bis zu einer bestimmten Station oder bis in die Wohnung der Kunden gebracht wird. Auch andere Möglichkeiten der Breitbandversorgung werden betrachtet. LTE zum Beispiel liegt in Roßwein zurzeit nicht an, wird aber wie andere Möglichkeiten der Versorgung genauso erwogen. Von der Art des Netzausbaus hängt ab, wann die Arbeiten starten können und wie umfangreich sie ausfallen. Realisierungstermine nannte der Mitarbeiter der Stadt Roßwein den Stadträten zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht.
Zu den unterversorgten Gebieten gehört in Roßwein nach wie vor das Gewerbegebiet „Goldene Höhe“. Dort ansässige Firmen wie die Gemeinhardt Gerüstbau Service GmbH, die auf einen schnellen Datentausch angewiesen sind, arbeiten bereits seit Jahren mit selbst finanzierten Zwischenlösungen. Ob es auch für sie ein akzeptables Angebot im Zuge der Ausbauoffensive der Stadt Roßwein geben wird, darauf legte sich Michael Klöden nicht fest.
Im Nachbarort Striegistal können die Nutzer in 1 400 Haushalten bereits mit bis zu 50 Megabits pro Sekunde im Internet unterwegs sein. Dort hat die Deutsche Telekom 2014 ihr Breitbandnetz in Betrieb genommen. Dafür wurden fünf Knotenpunkte aufgebaut und fast 15 Kilometer Glasfaserkabel neu verlegt.