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Schockierte Madonna hinter Glas

Eine Hellerauer Künstlerin zeigt in der Lohse-Galerie ihre Arbeiten und will damit „gesellschaftlich Problematisches“ ansprechen.

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© Michael Neuhaus

Von Theresa Hellwig

Bischofswerda. Die Hinterglasmalerei hat Libuscha Neuhaus aus ihrer Zeit in Murnau mitgebracht; dem Künstlerdorf, in dem auch der russische Maler Wassily Kandinsky von der Künstlergruppe „der Blaue Reiter“ lebte. Eher zufällig zog die Hellerauer Künstlerin 1990 dorthin und eher zufällig zog es sie dann 16 Jahre später wieder in ihre Heimat Hellerau zurück. Einige der Glasmalereien hängen nun in Bischofswerda: Vom 9. März bis Ende April stellt die Künstlerin einige ihrer Werke in der Carl-Lohse-Galerie aus.

Schwarzer Hintergrund, darauf bunte Fratzen – „Hüllen des Wirklichen“ heißt Neuhaus’ Ausstellung, die sie nach ihrem gleichnamigen Werk aus mehreren Hinterglasmalereien und einem Ölgemälde benannt hat. Masken, wie Libuscha Neuhaus sie bei der sogenannten Maschkera in Süddeutschland kennengelernt hat, sind darauf zu sehen. Bei dem traditionellen Maskenfest wollen die Teilnehmer ihre Identität verschleiern und in andere Rollen schlüpfen. Dieses Motiv des Hintergründigen zieht sich durch die Ausstellung. Da sind zum Beispiel die Obstschalen, die mit scheinbar gesunden und frischen Früchten gefüllt sind – „schaut man genauer hin, so kommt das Obst von weit her“, erklärt die Künstlerin die Ambivalenz, die innere Zerrissenheit. Die Inspirationen für die Motive sammelt sie in der Natur, ihrem Alltag und in der Geschichte. Viele Exponate der 59-Jährigen bilden Einflüsse anderer Kulturen, Menschengemachtes, ab. So zeigt noch ein Bild eine Maske. Diese stammt aus Kolumbien. Immer wieder taucht in den Bildern der konfessionslosen Künstlerin ein Engel oder die Madonna auf. Mal schutzgebend in warmem Farbton neben Putten, deren Gesichter zu Fratzen verzerrt sind: die Bombardierung Dresdens. Ein anderes Mal mit erschrockenem Blick. „Sie kann sich nicht mit allem in der Welt zufriedenstellen“, erklärt Libuscha Neuhaus den schockierten Blick der Mutter Jesu. Dabei denkt sie an die vielen Kriege überall auf der Erde. „Die Kirche spielt eine wichtige Rolle für viele Menschen“, erklärt die Ölmalerin das häufige Motiv.

Nicht nur einmal spricht sie „gesellschaftlich Problematisches“ an. Eine Leinwand, auf der kalte Farbtöne dominieren, zeigt zwei schlafende Menschen zwischen Flaschen und Dosen. Als sie 1990 nach Süddeutschland zog, die freie Marktwirtschaft kennenlernte, überraschte sie, dass der Mülleimer ständig durch Werbung überfüllt war. „Konsumschlaf“ hat die geborene Bambula das Bild genannt, in das sie Prospekte eingearbeitet hat.

Die Ausstellung ist vielfältig. Neben schwarz-weißen Tuschemalereien hängen bunte Hinterglasmalereien und neben Stillleben steht eine Vase, gegenüber von Farbholzschnitten. Vor Kurzem hat die Künstlerin, die einst an der Porzellanmanufaktur Meißen eine Ausbildung absolvierte, das sogenannte weiße Gold wieder für sich entdeckt. Damals habe sie zwar gemerkt, dass der Beruf nichts für sie sei; sie sei regelrecht geflohen. Nun weiß sie das Material als Motivträger zu schätzen: „Mir gefällt, dass es nicht vergänglich ist.“ Was fast alle Bilder vereint, ist die Farbvielfalt. Immer wieder enthalten Libuscha Bambulas Werke Schwarz, doch das habe für sie nichts Trauriges oder Finsteres an sich: „Ich bin ein positiv denkender Mensch.“ Schwarz sei eine Farbe wie jede andere.

Libuscha Neuhaus, „Hüllen des Wirklichen“: Eröffnung: 9.3., 19 Uhr. Bis 29.4., Carl-Lohse-Galerie, Dresdener Str. 1. Di. & Do., 10 - 18 Uhr; Fr. 10 - 15 Uhr, So. 13 - 17 Uhr.