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Schöne Bäder, steile Dächer

Im Klempnerbetrieb Hänig übernimmt die dritte Generation. Zuvor haben sich die jungen Chefs in der Welt umgesehen.

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© André Wirsig

Von Ines Scholze-Luft

Weinböhla. Für manchen ist das Bad der wichtigste Raum der Wohnung. Wegen der Wirkung auf die Frühmorgen-Stimmung, aufs Wohlbefinden überhaupt, beispielsweise beim entspannten Planschen in der Wanne oder beim ausgiebigen Duschvergnügen. Auch der Weinböhlaer Familie Hänig haben es Bäder angetan, ganz speziell beruflich und das seit drei Generationen.

Da verwundert es nicht, dass sich die Handwerksleute eines ihrer Werke fürs Foto herausgesucht haben. Aus einem besonderen Grund: Vater Johannes II. (66) übergibt seinen Klempnerbetrieb in jüngere Hände, an seine Söhne Johannes III. (33) und Clemens (27).

Sie bereiten sich seit einiger Zeit auf diesen Schritt vor. Klempnermeister Clemens und Johannes, Meister für Installation, Heizungs- und Lüftungsbau, sind mit dem Metier vertraut. Johannes war schon als kleiner Junge mit dem Großvater auf der Baustelle der Kirche in Weinböhla. Hier hat die Firma die Zinkblechornamente des Kirchendachs gestaltet. Und er saß oft mit den Arbeitern zum Frühstück im Pausenraum des Betriebs auf der Beethovenstraße zusammen. Nein, gezwungen hat ihn niemand, in die Fußstapfen der Vorfahren zu treten. Und nicht zurückgehalten, als er eine Ausbildung zum Chemielaboranten beginnen wollte. Aber das Praktikum zeigte, das ist nichts, den ganzen Tag im Labor.

Clemens schaute sich ebenfalls außerhalb um. Nach etwas Handwerklichem. Vielleicht Bäcker? Erste Erfahrungen in der Backstube brachten ihn davon ab. Dann schon lieber die Klempnerei. Da reizt ihn die Vielfalt der Aufgaben besonders.

Beide sind den Eltern dankbar, dass sie sich so frei orientieren konnten, wie ihre Schwestern. Die eine ist für die Kirche tätig, die andere ist in Italien verheiratet, hat eine Pension am Gardasee.

In den Süden zog es auch Johannes III. nach der Ausbildung. Nach Südtirol, wo er ein Jahr lang arbeitete, noch mal eine Menge lernte, unter anderem über regenerative Energien, die dort schon länger Thema sind. Inzwischen setzen auch in Sachsen Kunden verstärkt auf Solarenergie, Wärmepumpen, Photovoltaik. Johannes brachte seine Begeisterung dafür mit. Und seine Erlebnisse mit anderen Menschen. Ebenso wie Bruder Clemens, der mit dem Rucksack auf Weltreise ging und viele unterschiedliche Kulturen erlebte, und ganz unterschiedliche Bäder, darunter solche wie in Deutschland vor 100 Jahren.

Das hat sie geprägt, sagen die Brüder, die nun die Familienfirma weiterführen wollen. Mit ordentlicher fachlicher Arbeit und engem Kontakt zum Kunden. Mit Beratung und Service von der einfachen Gas- therme bis zur ultramodernen Heizung samt komplizierter Elektronik und digitalen Raffinessen. Da lässt sich vom Handy aus die Heizung steuern, die Wanne übers Smartphonesignal füllen. Oder in einer Musik-Wanne baden, deren rhythmisches Vibrieren für die Wellenbildung sorgt. Vater Johannes freut sich, dass Neues Einzug hält und Bewährtes erhalten bleibt. Hat er das Unternehmen doch auch nach seinen Vorstellungen gestaltet, als er es 1984 von Vater Johannes I. übernahm. Als Klempner- und Installationsmeister, der nach der Wende noch den Heizungsbaumeister abschloss. Dabei wollte der begeisterte Radsportler ursprünglich Sportlehrer werden. Doch als er einen längeren Wehrdienst ablehnte, war der Weg zum Studium verschlossen. Zum Glück interessierten ihn Beruf und Betrieb des Vaters.

Auch Johannes II. sagt, ihm wurde nichts übergestülpt und dass ihn vor allem die Vielseitigkeit des Handwerks anzog, bei Material, Kunden und Aufgaben. Die Blechbearbeitung gehört dazu. Für Dachrinnen, Schornsteineinfassungen, ganze Blechdächer. Auf die Arbeit an Kirchendächern sind Hänigs besonders stolz. An vielen Gotteshäusern im Umkreis haben sie mitgewirkt. Die jungen Chefs mit der Zinkverkleidung an der Peter-Paul-Kirche in Coswig, Vater Johannes II. an der Frauenkirche in Meißen mit einer Walzblechabdeckung. Und der Großvater eben in Weinböhla.

Dass sie hierher ins Elbtal kam, verdankt die Familie einem Zufall. Zwar gab es auf der Beethovenstraße schon seit 1906 eine Klempnerei, doch Hänigs stammen aus dem Erzgebirge. Eines Märztages im Jahr 1956 fuhr Klempnermeister Johannes I. Hänig zum Materialeinkauf nach Radebeul. Und traf dort Klempner Sammler von der Beethovenstraße. Der wusste wegen der vielen Rohrbrüche im Ort nicht, wo zuerst anfangen, denn der Winter 1955/56 war schneereich und sehr kalt. Meister Hänig reparierte mit und blieb, weil es auch seiner Frau gefiel, dass hier die Pfirsichbäume viel eher blühen als in den Bergen.

Eine wichtige Einnahmequelle damals: Die Büchsenschließmaschine, fürs Konservieren der Früchte aus den vielen Gärten unverzichtbar. In die Weißblechbüchsen kamen nicht nur Obst und Spargel, sondern auch Leber- und Blutwurst. Zwei Gesellen standen dem Meister damals zur Seite. Sohn Johannes II. hatte schon um die fünf Mitarbeiter, darunter immer Lehrlinge, auf deren Ausbildung auch Clemens und Bruder Johannes großen Wert legen, um beizeiten Nachwuchs heranzuziehen.

Ein Azubi und vier Angestellte sind dabei, wenn die Hänig Installateur und Klempnermeister GmbH am 1. März startet. Mit beiden Brüdern zu gleichen Teilen als Geschäftsführer und Inhaber. Johannes zuständig für die Angebotsplanung. Clemens für Baustellenleitung und Kundengespräche. Neben dieser Arbeit soll das Betriebsgelände umstrukturiert und saniert werden. Um die Firma für die Zukunft zu rüsten. Johannes IV. ist schon da, viereinhalb Jahre jung. Ob er mal übernimmt, wird die Zeit zeigen.