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Schrauben statt schreiben

Zwei Lehrerinnen vom Wilthener Gymnasium waren bei  Trumpf in Neukirch zum Praktikum. Davon profitieren beide Seiten.

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Von Katja Schäfer

Statt Tafelkreide hat Ramona Heußer einen Schraubenschlüssel in der Hand. Das ist ungewohnt für die Lehrerin des Wilthener Immanuel-Kant-Gymnasiums. Doch sie fühlt sich richtig wohl in der großen Werkhalle von Trumpf Sachsen in Neukirch. Ramona Heußer absolviert im Unternehmen ein Lehrerpraktikum, gemeinsam mit ihrer Kollegin Karin Jacob. Die Firma, die Laserschneidmaschinen und die Automatisierungstechnik für deren Be- und Entladung herstellt, bietet schon seit neun Jahren allen Schulen diese Möglichkeit an. Doch die beiden Wilthener Lehrerinnen sind die ersten, die das nutzen. Warum sie sich dafür entschieden hat, begründet Karin Jacob, stellvertretende Schulleiterin, so: „Wir wollen praxisnah unterrichten, unsere Schüler gezielt aufs Studium vorbereiten. Wenn wir selbst die Praxis kennen, können wir den Unterricht besser darauf ausrichten.“ Oberstufenberaterin Ramona Heußer fügt an: „Zu wissen, wie es in so einem Unternehmen zugeht und was gefordert wird, das hilft uns, die Schüler bei Berufsorientierung und Studienwahl besser zu beraten.“ Sie ist ganz begeistert von ihrem Praktikum. Denn das bietet viel, viel mehr als die Mitarbeit in der Montage. Die Lehrerin hat so zum Beispiel einen Überblick über den gesamten Produktionsprozess und die Logistik bekommen, die Mitarbeiter der Qualitätskontrolle bei ihrer Arbeit begleitet, Einblick in die Ausbildung erhalten und an Beratungen in verschiedenen Bereichen teilgenommen.

„Das Programm wird immer speziell auf die Interessenten zugeschnitten und ganz intensiv vorbereitet“, sagt Trumpf-Personalleiterin Ulrike Jeschke. Für Lehrer von Mittelschulen steht eher die Berufsausbildung im Vordergrund. „Da die beiden Frauen am Gymnasium unterrichten, haben wir uns bei ihnen darauf konzentriert, dass sie die Arbeit der Ingenieure kennenlernen“, sagt Stephan Wetzlich, Leiter der Produktionseinheit Palettenwechsler, der die Lehrerinnen zugeordnet waren.

Das Praktikum bringt sowohl der Schule als auch dem Betrieb was. „Wir können auf diese Art Vorurteile abbauen, die es gegenüber Maschinenbauunternehmen gibt, zum Beispiel dass es dort laut zugeht und nach Öl sowie Bohrmilch riecht. Wir können zeigen, dass wir attraktive Arbeitsplätze bieten als Ausbilder und Arbeitgeber“, erklärt die Personalleiterin. Hinter all dem steht das Ziel, dem drohenden Fachkräftemangel entgegen zu wirken. „Dafür braucht man intelligente Lösungen“, sagt Ulrike Jeschke. Eine von vielen ist bei Trumpf das Angebot an Lehrer, mal die Perspektive zu wechseln, vom Klassenzimmer in die Wirtschaft. So können sie ihren Schülern authentisch berichten, was sie dort erwartet. Und sie wissen, welche Anforderungen gestellt werden. Das kann dazu beitragen, dass Trumpf weniger unbrauchbare Bewerbungen erhält. Gegenwärtig hat das Unternehmen in Neukirch 434 Mitarbeiter; 38 davon sind Auszubildende und Studenten. Im Sommer kommen zehn neue dazu; darunter zwei für die wieder eingeführte Berufsausbildung mit Abitur. Ausgebildet werden Industriemechaniker, Mechatroniker und Zerspanungsmechaniker. Die Kooperative Ingenieurausbildung ist ebenso im Angebot wie Stellen für Studenten der Berufsakademie.

Durch das Praktikum der beiden Lehrerinnen ist am Immanuel-Kant-Gymnasium keine Stunde Unterricht ausgefallen. Sie haben den Termin in eine Zeit gelegt, wo die Schüler durch fächerverbindenden Unterricht anderweitig beschäftigt sind. „Wir sind da ganz flexibel“, sagt Ulrike Jeschke. Die Dauer ist nicht vorgeschrieben. Karin Jacob war zwei Tage im Betrieb, Ramona Heußer eine ganze Woche. „Es war hoch interessant und hat großen Spaß gemacht“, resümiert sie. Karin Jacob nickt zustimmend. Beide fühlten sie sich bestens betreut. Dazu trug auch bei, dass sie einen persönlichen Paten hatten. Jungfacharbeiter Sven Janze nahm diese Aufgabe wahr.

Die beiden Lehrerinnen nehmen von ihrem Praktikum, das als Fortbildung zählt, auch einiges mit für die Arbeit. „Was die Organisation betrifft, da können wir manches übernehmen, was wir bei Trumpf kennengelernt haben“, sagt Karin Jacob.

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