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Schreiben kritisiert Polizei in Connewitz

Auf Indymedia erheben Unbekannte Vorwürfe gegen das Vorgehen der Spezialeinheit in der Silvesternacht. Kritik kommt auch von der SPD.

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Ein Polizist war in der Silvesternacht im linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz schwer verletzt worden. Mehrere Menschen hätten Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper auf Einsatzkräfte geworfen.
Ein Polizist war in der Silvesternacht im linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz schwer verletzt worden. Mehrere Menschen hätten Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper auf Einsatzkräfte geworfen. © Sebastian Willnow/dpa

Von Sven Heitkamp, Leipzig

Nach den Auseinandersetzungen zu Silvester in Leipzig-Connewitz mit mehreren verletzten Polizisten erhebt ein anonymes Schreiben auf dem linksgerichteten Internetportal Indymedia schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Zwar lässt sich die Authentizität der Quellen auf dem Portal nicht eindeutig verifizieren: Auf Indymedia kann jeder veröffentlichen, auch hat es dort schon mehrere "erfundene" Bekennerschreiben gegeben, vorwiegend von antilinken Kräften. In Sprache und Tonfall klingt die Verlautbarung zu Silvester jedoch tendenziell glaubwürdig. 

„Das Jahr 2019 war nicht nur in Connewitz, sondern in ganz Leipzig von zunehmender Aggressivität und zahlreichen Erniedrigungen, Körperverletzungen, Beleidigungen und gewalttätigen Übergriffen seitens der Bullen geprägt“, heißt es in dem Schreiben, in dem Polizisten durchgängig als „Bullen“ und „Schweine“ beschimpft werden. Zahlreiche Demos seien angegriffen und Menschen zusammengeschlagen, bedroht und verletzt worden.

„Der 31. Dezember war in Leipzig-Connewitz ein Tag der Bullenbesatzung und Schikanen“, heißt es weiter. Schon im Vorfeld sei der Ausnahmezustand beschworen worden. Der ganze Tag sei von massiver Polizeipräsenz mit zahlreichen Mannschaftswagen und Helikopterlärm geprägt gewesen. Sie „wollten offensichtlich die Eskalation und haben sie bekommen“, so die Verfasser. 

Schon Wochen zuvor seien in Connewitz Anwohner von „martialischen Fußpatrouillen kleiner BFE-Trupps“ belästigt, schikaniert und bedrängt worden. Der 38-jährige Polizist, der in der Silvesternacht schwer verletzt wurde, soll dieser Spezialtruppe angehören. Das Kürzel BFE steht für Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit. Diese Einsatzgruppen verfügen laut Bundespolizei über besondere Aufgaben und besondere Ausstattungen und unterstützen andere Polizeikräfte „beim Vorgehen gegen aggressive und gewaltbereite Personen.“ Kritikern gelten sie indes als rabiat.

Darüber hinaus, so das Schreiben, trete die Leipziger Polizei mit meinungslastigen Pressemitteilungen zunehmend als politischer Akteur in Erscheinung, besonders unter dem neuen Präsidenten Torsten Schultze. „Dieser fällt durch andauerndes Rumjammern über den Unmut, der ihm und seinen Kollegen aufgrund deren Berufswahl aus der Bevölkerung entgegenschlägt, auf.“ Rhetorisch werde offenbar gerade ein polizeilicher Angriff vorbereitet, der „eine neue Qualität der Gewalt mit sich bringen könnte“. Laut dem Landeskriminalamt fließt das Schreiben mit dem Titel „Betrachtungen zur Silvesternacht“ nun in die Ermittlungen mit ein.

Bei einem Besuch der Bereitschaftspolizei am Freitag hatten Innenminister Roland Wöller (CDU) und Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar indessen betont, es gebe ein Problem mit gewaltbereiten Linksextremisten in Leipzig. Die Gewalt richte sich gezielt gegen Polizeibeamte und habe „eine neue Dimension erreicht“. Die Provokationen gingen aber von der autonomen Szene aus – und nicht von der Polizei. „Wir werden das nicht hinnehmen“, so Wöller. 

Ein Polizist war in der Silvesternacht im linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz schwer verletzt worden.
Ein Polizist war in der Silvesternacht im linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz schwer verletzt worden. © dpa/Sebastian Willnow

In Leipzig wird am 2. Februar der Oberbürgermeister neu gewählt. CDU-Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow fordert dabei Amtsinhaber Burkhard Jung heraus. Im Vorfeld spitzt sich der Konflikt um Connewitz offenbar erneut zu.

Inzwischen warnte die sächsische SPD-Spitze vor einer Instrumentalisierung politischer Gewalt. „Der feige Angriff auf einen Polizisten allein ist eine verbrecherische Tat. Den Beamten jetzt im Leipziger Oberbürgermeisterwahlkampf zu instrumentalisieren, ist nicht nur schamlos, sondern wird auch der Situation des Polizisten und seiner Familie nicht gerecht“, betonte SPD-Generalsekretär Henning Homann. „Von der AfD kennen wir das nicht anders. Die Äußerungen mancher CDU-Politiker stehen diesen bedauerlicherweise in nichts nach. Das werden wir nicht akzeptieren", erklärte Homann weiter. Man müsse das polizeiliche Einsatzkonzept genauso hinterfragen wie den Umgang mit Gewalt in Leipzig.

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