Von Marcus Herrmann
Meißen. Noch mal gutgegangen. Das denken Peggy Kretschmann und Sven Rost im Nachhinein, wenn sie an die Busfahrt ihres sechs Jahre alten Sohnes Ben am vergangenen Montagabend denken. Doch Erleichterung hat sich bei den Eltern noch nicht eingestellt. Stattdessen fordern sie eine Stellungnahme der Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM), prüfen sogar eine Anzeige gegen das Unternehmen.

Was war passiert? Eigentlich wollte Erstklässler Ben mit einem halben Dutzend seiner Mitschüler aus der Afra-Grundschule mit dem Bus (Linie C) zum Albert-Mücke-Ring. „Hier holt ihn einer von uns immer ab. Entweder er ist kurz nach 16 Uhr oder kurz vor halb fünf da“, sagt Peggy Kretschmann. Doch an diesem Tag kommt der Bus, der normalerweise innerhalb von sieben Minuten vom Busbahnhof Meißen zur Haltestelle Albert-Mücke-Ring fährt, dann über Bohnitzsch zur Elblandklinik weiter verkehrt, hier nicht an. Die Eltern von Ben sind in Sorge – so wie viele andere auch. Denn insgesamt kommen sechs Schüler nicht pünktlich an der Haltestelle im Wohngebiet an. Inzwischen ist es dunkel geworden, was die Sorgen der Eltern größer werden lässt.
Erst als sich eine Schülerin per Handy bei ihrer Mutter meldet und diese auch Peggy Kretschmann Bescheid gibt, wird klar: Die Kinder haben sich zu Fuß aus der Nähe des Nassauweges auf den knapp zwei Kilometer langen Heimweg begeben. „Wir sind den Kindern daraufhin sofort entgegengelaufen, konnten sie zum Glück unversehrt in der Mitte des Weges in Empfang nehmen“, erzählt Sven Rost.
Auf dem Nachhauseweg berichtet Söhnchen Ben dann, dass der Busfahrer dieses Mal komisch gefahren sei. Nämlich nicht gleich zum Mücke-Ring, sondern über das Wellenspiel, dann zwei Runden ums Krankenhaus. „Hier hat er plötzlich angehalten und gesagt, dass alle aussteigen müssen“, so Ben Kretschmann.
Der Fahrer habe gesagt, dass er nicht mehr zum Albert-Mücke-Ring weiterfahren werde. Für die Eltern ist das ein Unding. „Ich habe mich umgehend bei der VGM gemeldet, wollte wissen, wie man so verantwortungslos sein kann und kleine Schulkinder ohne weitere Informationen aus dem Bus aussteigen lässt, sie so in Angst und Schrecken versetzt“, sagt Peggy Kretschmann, die selbst Kindergärtnerin ist. Am Telefon nimmt eine VGM-Mitarbeiterin die Beschwerde auf und sagt, dass eine schriftliche Stellungnahme – falls gewünscht – mit einer Frist von 14 Tagen erfolgen würde.
Gegenüber der SZ räumt Jörg Weinhardt, Sachgebietsleiter Verkehr bei der VGM den Fehler des Busfahrers ein. „Der Kollege hat leider einen doppelten Fehler begangen. Zunächst ist er entgegen des Fahrplans gleich in Richtung Bohnitzsch statt zum Mücke-Ring gefahren.
Als er dann sein Malheur bemerkt hatte, wollte er die verlorene Zeit aufholen und ist vom Krankenhaus nicht noch mal zum Mücke-Ring gefahren, sondern zurück.“ Dieses Verhalten – zumal viele Kinder im Bus saßen – widerspreche klar der dienstlichen Anweisung.
Eine Auswertung mit dem schon lange im Dienst befindlichen Fahrer werde nun intern erfolgen. Ihm tue das Fehlverhalten selber am meisten leid. Er sei selbst Vater eines kleinen Kindes und wisse um die möglichen Gefahren. „Und auch wir entschuldigen uns in aller Form bei den Fahrgästen und den Eltern der Kinder. Wir sind froh, dass niemanden etwas passiert ist“, sagt Weinhardt. Eine entsprechende Stellungnahme werde die Familie selbstverständlich von der VGM erhalten.