Hoyerswerda
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Schulchronik und Kumpeltod

Am Dienstag befreiten Mitglieder des Heimatvereins Laubusch beim Frühjahrsputz das Museum von Staub und Schmutz.

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Die Heimatvereinsvorsitzende Carola Schael war mit dem Staubwedel im Museum unterwegs. Durch die Fenster im Hintergrund lugt die Schule, deren bewegte Geschichte beim Heimatverein in Form einer Chronik in sehr guten Händen ist.
Die Heimatvereinsvorsitzende Carola Schael war mit dem Staubwedel im Museum unterwegs. Durch die Fenster im Hintergrund lugt die Schule, deren bewegte Geschichte beim Heimatverein in Form einer Chronik in sehr guten Händen ist. © Foto: Silke Richter

Von Silke Richter

Carola Schael weiß sofort, wo sie im grünen Stahlschrank das gewünschte Exponat findet: Zweites Fach von oben, ganz hinten in der Ecke. Behutsam greifen die Hände der Vorsitzenden des Heimatvereins Laubusch nach dem Sammelband, der viele Jahre als verschwunden galt, durch Zufall beim Aufräumen wiedergefunden und dem Heimatmuseum übergeben wurde. In dieses Buch wurde vor 66 Jahren das erste Mal hineingeschrieben: mit blauer Tinte und in Schönschrift. Zwischen den Seiten findet sich ein hauchdünnes rosafarbenes Löschblatt, das ebenfalls aus dieser Zeit vor fast sieben Jahrzehnten stammt.

Carola Schael, scheint’s, empfindet fast ein bisschen Ehrfurcht. Und sehr viel Fürsorglichkeit. Empfindungen, die sich bei der im März neu gewählten Vereinsvorsitzenden immer wieder einstellen, wenn sie Werke und Exponate des Heimatmuseums betrachtet, sie gelegentlich in den Händen hält und Besuchern darüber berichtet. Die gerade vorgestellte Schulchronik gehört, wie Carola Schael es umschreibt, zu den Schätzen des Museums. Quasi Goldstaub. Die Kladde birgt Berichte aus dem Alltagsleben zwischen 1953 und 1992. In dem handschriftlich geführten Buch findet sich auch die Vereinsvorsitzende selbst wieder. Als damalige Lehrerin und Schulleiterin hat sie von 1989 bis 1990 die Geschichte des Gebäudes mit festgehalten.

Auf Letzteres kann sie übrigens vom Heimatmuseum aus genau blicken, denn das Kulturhaus und die Schule trennt räumlich (und vor allem symbolisch!) nur ein Steinwurf voneinander. Aber nicht nur Lehrerin war Carola Schael in dem besagten Schulhaus. Noch viel früher wurde sie hier von Manfred Koch unterrichtet. Der mittlerweile 84-Jährige übernahm später die Leitung des Heimatvereins und arbeitete seine ehemalige Schülerin Carola Schael langsam in ihr neues Amt als seine Nachfolgerin ein. Der Generationswechsel in der Vorstandsspitze war für den Verein ein nahtloser Wechsel, der die Beständigkeit der Arbeit garantiert. Die 103 Mitglieder können sich also weiter voll und ganz der Sammlung, Bewahrung und Pflege der Zeugen Laubuscher Geschichte widmen.

Dazu gehört so Prosaisches wie Großreinemachen, wie es am Dienstagvormittag angesagt ist. Mehrere Damen wollen beim Frühjahrsputz Staub entfernen; Fußböden und Fenster vom Winterschmutz befreien. Viel Arbeit, aber unumgänglich.

Im Heimatmuseum können Tausende Exponate in Form von Bildern, Dokumenten, Alltagsgegenständen aus Beruf und Familie sowie Büchern, Auszeichnungen oder Arbeitskleidung besichtigt werden. Jedes Stück „erzählt“ seine Geschichte und weckt Erinnerungen an die Vergangenheit, die vornehmlich vom Bergbau und der Kolonie Ilse geprägt war.

Ein Künstler, dessen Name leider verschollen ist, hat aus Braunkohle einen Bergarbeiter in Arbeitskluft geschnitzt. Die Figur steht in einer der vielen abschließbaren Glasvitrinen, die ihr Innenleben weitestgehend schützen. Deren Säuberung nimmt Zeit in Anspruch. Viel Zeit. Deshalb soll dieser Arbeitseinsatz auch später stattfinden. „Das wird nicht so einfach. Erst müssen alle Ausstellungsstücke rausgenommen, entstaubt und wieder richtig eingeräumt werden. Damit wir den Überblick behalten und nicht durcheinanderkommen, wollen wir vorher Fotos machen, auf dass alle Exponate wieder an ihre richtige Stelle kommen“, erläutert die stellvertretende Vorsitzende Erika Wustmann das geplante Vorgehen.

Nebenan wird jetzt plötzlich laut gekichert. Der Spaß kommt auch an diesem Vormittag nicht zu kurz. Auslöser ist eine „Kumpeltod“-Flasche mit verrostetem Metalldeckel. Die Flasche ist mehrere Jahrzehnte alt, wurde bei einer Haushaltsauflösung gefunden und (voll!) dem Heimatverein übergeben. Die Damen erinnern sich an jene Zeiten, als aus dem („Bergmanns“-) Deputat-Schnaps Eierlikör hergestellt wurde. Der damals steuerfreie Trinkbranntwein hatte 32 Prozent Alkoholgehalt und kostete laut Etikettenaufdruck 60,00 Pfennige der DDR. Jetzt wird wieder gekichert. „Der Likör war immer sehr lecker“, schwelgt Erika Wustmann in der Erinnerung an einstige Genüsse, ehe die Staubsauger wieder in Gang gesetzt werden. Weiter geht’s!

Schließlich hat sich der nächste Besuch gewissermaßen schon angekündigt: Soll doch das Heimatmuseum im Kulturhaus Laubusch an der Hauptstraße 10 beim Kunstlandstrich am Sonnabend, dem 2. Juni, für Besucher geöffnet sein.