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Schwarz-gelbe Powerfrau

Simone Saloßnick betreibt seit vier Jahren die Dynamo-Fantankstelle. Schwierig wird das nur bei Heimspielen.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Freital/Dresden. Hupen ist Pflicht. Wenn der Mannschaftsbus von Dynamo Dresden auf der Dohnaer Straße entlangfährt, wird es kurz laut. Sobald Busfahrer Didi Preußer schwarz-gelb sieht, drückt er auf die Hupe. Er weiß, dann freut sich jemand: Simone Saloßnick. Die steht derweil in der Dynamo-Fantankstelle, kassiert Tankrechnungen, verkauft Tickets fürs nächste Heimspiel und schenkt Kaffee aus. Alles macht die 52-Jährige mit einem Lächeln. Von Stress redet sie ungern. „Mir macht das Spaß, da jammere ich nicht.“ Sie verkauft Benzin. Und sie muss ein paar Tröpfchen davon im Blut haben. Denn mehr als einmal musste sie im Leben neu durchstarten.

Simone Saloßnick ist heute nicht nur Pächterin der Dynamo-Fantankstelle in Nickern. Sie betreibt auch die Go-Tankstellen auf der Tharandter Straße an der Stadtgrenze zu Freital und auf der Dresdner Straße in Pirna. Ihr eigentlicher Berufswunsch war früher filigraner. Maßschneiderin hatte sie gelernt. Sie arbeitet gerade in Cottbus, als ihr Vater erkrankt und wenig später stirbt. Da ist sie 18 Jahre alt. Sie kehrt nach Hoyerswerda zurück, um für Mutter, Schwester und Bruder da zu sein. Schon damals ist sie mit ihrem späteren Ehemann zusammen. Mit 16 hatte sie ihn kennengelernt. „Damals war es die große Liebe.“ Sie heiraten. Mit 20 bekommt sie Sohn Marc. Die Schwiegereltern betreiben eine Tankstelle in Lauta. Dort steigt sie ein. „Ich eröffnete einen Imbiss in der Tankstelle“, erzählt Simone Saloßnick. Es läuft gut. 1995 übernimmt das Ehepaar die erste eigene Tankstelle in Schwarzkollm. Kurz zuvor war Tochter Elisa zur Welt gekommen. Es hätte alles gut sein können. Hätte.

Zwei Jahre später steht Simone Saloßnick allein da. Ihr Mann hat sie verlassen, verabschiedet sich nach Hamburg. „Das war ein Schock. Aber dann wusste ich, ich muss stark sein für die Kinder.“ Die sind damals vier und elf Jahre alt. Also startet sie neu, rafft sich auf. Betreibt die Tankstelle so erfolgreich, dass die Besitzerfirma ihr eine weitere in Lohsa anbietet. Mutter und Vater zugleich zu sein, das Geschäft am Laufen zu halten, all das verlangt viel Kraft. „Ich habe mir meine Stärke erarbeitet, würde ich mal sagen.“ Hilfe bekommt sie von den Schwiegereltern, die ihr noch heute lieb und teuer sind. „Sie haben mich in schweren Zeiten aufgefangen.“

Einen Namen gemacht

Die sollten noch einmal auf sie zurollen. Mit ihrem Mann hatte sie für den Start in die Selbstständigkeit Kredite aufgenommen. Allein erdrückt sie die Kreditlast. Sie kann nicht mehr zahlen. Im März 2010 ist sie raus. Die Besitzerfirma kündigt die Pachtverträge für die beiden Tankstellen. „Ich fahre noch heute ungern an ihnen vorbei“, sagt sie. Das nagt an ihr. Doch in der Tankstellen-Szene hat sie sich einen Namen gemacht. Ein anderes Unternehmen bietet ihr den Standort auf der Tharandter an. Ein Neustart in einer neuen Stadt. An den Moment, als sie nach dem Umzug erstmals über die Carolabrücke rollt und das Altstadt-Panorama sieht, erinnert sie sich noch heute. „Ich hatte Panik vor dem Leben in einer anderen Stadt. Aber da dachte ich: Super, es ist Dresden!“

Heute ist ihr Herz schwarz-gelb. Als sie 2013 die Dynamo-Tankstelle übernimmt, ist sie glücklich. Schon längst hat sich der Verein da einen festen Platz in ihrem Leben erspielt. Bei Heimspielen sitzt sie im Stadion. Selbstverständlich. Stadionsprecher Peter Hauskeller arbeitet in der Tankstelle an der Kasse. Ein Problem. „Schließlich müssen wir bei Heimspielen beide im Stadion sein.“ Zum Glück gibt es eine nette Kollegin, die dann Dienst schiebt. Durch die Popularität der Tankstelle sammelt Simone Saloßnick heute Spenden für Hilfsprojekte. Die Dynamo-Spieler helfen dabei. Lumpi Lambertz spendet regelmäßig seine Fußballschuhe zum Versteigern.

Ihr Privatleben beginnt oft erst am späten Abend. Zu Hause wartet niemand auf sie. Die Kinder leben ihr eigenes Leben. Doch der Partner, der zu ihr passt, ist schwer zu finden. Fleißig sollte er sein und sie achten. „Ich brauche einen, der keine Zeit für mich hat.“ Schließlich ist sie selbst viel unterwegs. „Aber vielleicht finde ich ja einen Fußballfan.“ Dann wären die Heimspiel-Sonntage schon mal gebongt.