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Schweigen ist nicht immer Gold

Sachsen sucht seinen „Unternehmer des Jahres“. Der letzte, Elaskon-Chef Karl Schwald, wollte mit den Mitarbeitern feiern. Doch die haben Besseres vor.

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© Ronald Bonß

Von Michael Rothe

Die blauen Flecken vom vielen Schulterklopfen sind weg. Das Telefon des Elaskon-Chefs klingelt nicht mehr ganz so oft wie noch in der letzten April-Woche. Auch Karl Schwalds Ehefrau Ute hat sich damit abgefunden, dass es neben ihr im Büro eine Zweite gibt, die dem Geschäftsführer des Dresdner Schmiermittelherstellers lieb und teuer ist. „Ich habe sie gleich versichern lassen“, gesteht Schwald. Bei „Sachsens Unternehmer des Jahres“ 2013 ist gut sechs Monate nach der Preisverleihung Normalität eingezogen. Seither zieren „Die Träumende“ das Chef-Zimmer, der Titel den E-Mail-Stempel der Firma und der Sieger-Film ihren Internetauftritt.

Wenn Statuen reden könnten, was hätte die Grazie nicht alles zu erzählen: Über staunende Gesichter der nunmehr 78 Mitarbeiter. Über den stolzen aber bescheidenen Chef. Über morgendliche, teils kontroverse Kaffeerunden des Schwald’schen Führungstrios vis a vis am runden Tisch – neben Bruder Richard ist Sohn Tobias dabei. Über die rührige Chefassistentin Petra Nisius, deren fröhliches Gemüt selbst auf Bronzefiguren überspringt. Über heimliche Handgreiflichkeiten mancher Gäste. Das dünne Goldkleid sitzt aber auch knapp. Doch die Grazie bleibt stumm.

„Schweigen ist Gold“, heißt es. Aber nicht immer. Hätte Schwald sich nicht auf Drängen Dritter zu Wort gemeldet und um den Titel beworben – die Schöne würde anderswo träumen. Und die Welt wüsste womöglich nichts von der Erfolgsstory des Allgäuers, der den Tante-Emma-Laden seiner Eltern in Kempten übernehmen sollte. Den in den 90ern aber Neugier und Abenteuerlust nach Sachsen trieben. Der die bekannte aber eingerostete DDR-Marke Elaskon, Kürzel für „elastisch konservieren“, zum Weltmarktführer bei Drahtseilschmierstoffen gemacht und in 51 Ländern etabliert hat. Der damit und mit Pflegeprodukten für Fahrzeuge, Trennmitteln für den Bau und Korrosionsschutz zuletzt 23 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet hat.

Und bei Elaskon brummt es weiter. „Wir werden dieses Jahr um etwa fünf Prozent zulegen“, sagt Schwald. Es sei „erstaunlich, wie selbst bei Schmiere made in Germany zählt“ – vor allem in Asien. Zwar soll aus Sorge um die Qualität in China keine Fabrik, sondern nur ein Verkaufsbüro in Schanghai entstehen. Dennoch erwarte er einen neuen Schub für sein Unternehmen.

Geschäft mit verkappter Leberwurst

Den könnte auch eine gerade gekaufte „Würstel-Maschine“ bringen. Richtig gelesen: Elaskon beliefert Bahnfirmen mit Konservierungsmittel für Schwellenschrauben zur Befestigung der Schienen. Per Hand in die Löcher eingebracht, ist die Dosierung schwer. Abhilfe schafft eine hemdsärmelige Erfindung: Die Paste wird abgefüllt wie Leberwurst. „Wir haben einen Metzger eingestellt“, sagt Schwald. Bierernst. Bislang wurden 1,2 Millionen Beutel produziert.

Auch wenn Hobbyjäger Schwald keiner ist, der nach Trophäen lechzt und es nie zugeben würde: Der 55-Jährige genießt den Ruhm. „Der Preis hat auch neue Kontakte gebracht und macht die Akquise leichter“, ergänzt er. Der Mann mit dem wachen Blick hat ein besonderes Auge auf seine Zweitfrau. „Sie ist Verdienst aller und gehört eigentlich ins Foyer“, räumt Schwald ein. Doch nach mehreren Einbrüchen im Gewerbegebiet bleibe sie im sicheren Büro.

Gleichwohl wollte sich Schwald bei den Mitarbeitern bedanken, „es krachen lassen und alle für ein Wochenende einladen“, sagt der Chef. Die Planung sei angelaufen. Doch die Beschenkten in spe haben abgewinkt. Ihr Vorschlag: „Lassen Sie uns lieber 7.000 Euro für die Taifunopfer auf den Philippinen spenden!“ Elaskon ist eben anders. Und das ist fast schon wieder ein Grund für die nächste Bewerbung. Ab heute wird Karl Schwalds Nachfolger gesucht.

Der Preis „Sachsens Unternehmer des Jahres“ ist eine Gemeinschaftsinitiative von Sächsischer Zeitung und Freier Presse sowie von Volkswagen Sachsen, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft PwC, der Sachsen Bank und der Sparkassen-Versicherung Sachsen.