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Sebnitz setzt jugendliche Raucher auf Entzug

Die Stadt will den Jugendschutz schärfer kontrollieren. Minderjährigen sollen die Kippen weggenommen werden.

Von Dirk Schulze
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Schnell eine anzünden? In Sebnitz will das Ordnungsamt jetzt bei Jugendlichen strenger hinschauen. Unter 18-Jährigen ist das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten.
Schnell eine anzünden? In Sebnitz will das Ordnungsamt jetzt bei Jugendlichen strenger hinschauen. Unter 18-Jährigen ist das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten. © Dirk Zschiedrich

Vorm nächsten Stundenklingeln noch schnell eine Kippe durchziehen. Für Generationen von Schülern war dieses Ritual Teil des Erwachsenwerdens. Raucherecken gab es früher auf jedem Schulhof – mal mehr, mal weniger geduldet. Dort wo das Regime strenger ist, treffen sich die jungen Raucher eben eine Ecke weiter.

Was vielen Erwachsenen nicht bewusst ist: Etwa zeitgleich mit der Einführung weitreichender Rauchverbote – seit 2007 darf in den meisten Kneipen, Clubs und Diskotheken nicht mehr geraucht werden – wurde auch die allgemeine Altersgrenze hochgesetzt. Jahrzehntelang durften Jugendliche ab 16 Jahren ganz legal Zigaretten kaufen und sich öffentlich eine anzünden. Seit 2007 ist das erst ab 18 Jahren erlaubt. So steht es im Jugendschutzgesetz.

Die Stadt Sebnitz will diese Regelung nun härter durchsetzen. Per Pressemitteilung gab das Rathaus jetzt bekannt, dass minderjährige Raucher ab sofort strenger verfolgt würden. Das städtische Ordnungsamt – und auch die Polizei – würden die Einhaltung der Regeln kontrollieren. Erste Kontrollen habe es bereits gegeben. Wer unter 18 ist und beim Rauchen in der Öffentlichkeit ertappt wird, dessen Tabakwaren würden beschlagnahmt. Die Eltern der Minderjährigen haben dann vier Wochen Zeit, die Kippenschachteln ihrer Sprösslinge beim Ordnungsamt abzuholen. Danach werden sie vernichtet.

Das wirft gleich mehrere Fragen auf. Haben die Polizei und auch das Ordnungsamt angesichts der immer wieder beklagten Personalnot keine drängenderen Aufgaben als jugendliche Raucher zu kontrollieren? Und dürfen die Beamten und Ordnungsamtsmitarbeiter den jungen Leuten tatsächlich ihre Zigaretten abnehmen?

Letzteres scheint möglich. „Rechtlich ist das zulässig“, sagt Rechtsanwalt Ulli H. Boldt, der in Dresden und Berlin aktiv ist und als Fachanwalt für Strafrecht häufig Jugendliche vertritt. Er kenne Behörden, die bereits so verfahren. Der Anwalt stellt jedoch die Frage, ob es sinnvoll ist, Polizei und Ordnungsämter mit solchen Dingen zu belasten. Würde man die Regelung konsequent durchsetzen, hätte dies massenhafte Kontrollen von jungen Leuten zur Folge, erklärt er. Denn auf den ersten Blick kann niemand erkennen, ob ein Jugendlicher mit der Zigarette in der Hand nun erst 16, 17 oder schon 18 Jahre alt ist. Und noch auf einen weiteren Aspekt weist der Jurist hin: Die jungen Leute würden dann massenhaft negative Erfahrungen mit der Staatsmacht machen. „Davon halte ich gar nichts“, sagt Rechtsanwalt Boldt. Minderjährige über die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens aufzuklären, liege letztlich in der Verantwortung ihrer Eltern.

Zumindest die Polizei sieht es wohl auch nicht als ihre vordringliche Aufgabe, qualmende jugendliche Delinquenten zu verfolgen – anders als es die Mitteilung aus dem Sebnitzer Rathaus suggeriert. Bisher habe es keine zielgerichteten Kontrollmaßnahmen Jugendlicher bezüglich des Rauchverbotes in der Öffentlichkeit gegeben, erklärt Hauptkommissar Stefan Grohme, Sprecher der Polizeidirektion Dresden. Auch in Zukunft seien solche Maßnahmen nicht angedacht. Die Zuständigkeit liege hier bei den Ortspolizeibehörden – also dem städtischen Ordnungsamt. Sollte die Polizei im Rahmen anderer Maßnahmen derartige Verstöße feststellen, würden diese aber auch entsprechend verfolgt, erklärt der Polizeisprecher.

Auf Nachfrage will auch Sebnitz‘ Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU) die ganze Sache nicht zu hoch gehängt wissen. Einen besonderen Anlass für die angekündigten Kontrollen – etwa ein vermehrtes Auftreten minderjähriger Raucher – gebe es nicht. Er habe diesbezüglich auch keine Anweisung erteilt. Die Einhaltung des Jugendschutzes zu überwachen, gehöre zum Tagesgeschäft des Ordnungsamts, und jetzt habe man eben einmal darüber informiert.