Am Freitag vergangener Woche gab sich Horst Seehofer im Gespräch mit der SZ noch zuversichtlich. Er verlasse sich darauf, so der stellvertretende CSU-Vorsitzende, dass Parteichef Edmund Stoiber in den Verhandlungen mit der CDU nicht über die gemeinsame Linie hinausgehe. Am Montag dann verkündeten Stoiber und CDU-Chefin Angela Merkel ihren Kompromiss im Gesundheitsstreit: Eine so genannte Gesundheitsprämie, wie sie Seehofer stets abgelehnt hatte. Seehofer verweigerte seine Zustimmung, weil der Kompromiss aus seiner Sicht sozial Schwache benachteilige – und zog sich zurück.
Nun wird gerätselt, ob sich der frühere Gesundheitsminister aus CSU- und Unionsfraktionsämtern zurückzieht. Seehofer hat bisher erklärt, er halte den Stoiber-Merkel-Kompromiss für „so schlecht, dass niemand von mir verlangen kann, dass ich ihn mittrage“. Eine Entscheidung, wie es weitergehe, sei noch nicht gefallen.
Mit dem Kopf durch die Wand
Seehofer hat in der Vergangenheit mehrfach mit Rückzug gedroht. Seit seiner Genesung von einer schweren Herzerkrankung hatte er sich in Grundsatzfragen kompromisslos gegeben. Zurückgetreten war er dennoch nicht – auch nicht nach der erheblichen Meinungsverschiedenheiten mit Merkel um die Finanzierung des Zahnersatzes.
Der CSU-Gesundheitsexperte hatte in den vergangenen Monaten viel zur Verschärfung der Krise in der Union beigetragen, indem er die Beschlüsse und Vorschläge der CDU in heftiger Weise kritisierte und als unsozial brandmarkte. In der CDU wurde gemutmaßt, Seehofer ärgere nicht nur Merkel, sondern treibe Stoiber bewusst in eine Sackgasse, aus der der CSU-Chef ohne Gesichts- oder Machtverlust nicht mehr heraus könne.
Morgen tritt in München der CSU-Parteitag zusammen. Es wird erwartet, dass Seehofer bis dahin eine Entscheidung mitgeteilt hat. Auf dem Parteitag wird es eine Auseinandersetzung über den sozial- und gesundheitspolitischen Kurs der Christsozialen geben – und damit auch über die Frage, wer in dieser Sache in der CSU das Sagen hat.
Bayerns Sozialministerin Christa Stewens rief Seehofer zum Einlenken auf: „Man kann nicht immer mit dem Kopf durch die Wand.“ Die Basis hält sich bisher zurück. Er selbst äußerte sich gestern gegenüber der SZ vieldeutig: „Wenn die Zeit gekommen ist, muss man den Knoten durchschlagen.“