Von Dominique Bielmeier
Als der Mann die lauten Schläge hört, ist er sich nicht sicher, ob er wach ist oder noch träumt. Es ist halb sechs Uhr morgens am Freitag. Der Mann geht ans Fenster und sieht uniformierte, schwer bewaffnete Polizeibeamte auf seinem Grundstück stehen. „Hände hoch“, rufen sie ihm zu. Was gerade mit seinem Haus passiert, davon zeugt noch Stunden später die Fassade. Eine Holztür wird eingetreten, eine andere mit einer Akku-Motorsäge kreuzförmig eingeschnitten und dann mit einem Fußtritt geöffnet.
Polizeieinsatz in Luga
„Hände hoch!“ Dann Axthiebe.
Die Beamten durchsuchen daraufhin das Haus. Die Familie muss im Schlafzimmer bleiben, der Mann etwa eine halbe Stunde lang auf Anweisung der Polizei in Unterhose und mit den Händen auf dem Rücken am Boden liegen. Ein Wohnwagen, der auf dem Grundstück parkt und einem Freund gehört, wird wie eine Sardinendose geöffnet. Eine Erklärung, wen oder was die Beamten suchen, bekommt die Familie nicht.
So erzählt es der Hamburger Stunden später im Hof seines Hauses der Sächsischen Zeitung. Er macht zurzeit mit seiner Familie, darunter Kinder im jugendlichen Alter, Ferien auf seinem Grundstück in Luga. Das kleine Dorf liegt in der Nähe von Krögis im Käbschütztal, keine halbe Stunde von Meißen entfernt. Seinen Namen will der Mann nicht nennen, der ganze Presse-rummel an diesem Tag ist ihm nicht ganz geheuer.
Auch ein Nachbar des Hamburgers ist von dem Lärm am Morgen wach geworden und berichtete zuvor, wie schwarz Uniformierte die enge Dorfstraße entlangliefen, hinauf zu zwei etwas abgelegenen Gehöften. Danach habe er laute Rufe gehört: „Kommen Sie zurück ans Fenster! Hände hoch! Die Hände hoch!“ Dann Axthiebe und wieder laute Rufe. Bereitschaftspolizei, SEK und Polizeibeamte in Zivil seien im Oberdorf zu Gange gewesen, sie kamen angeblich von allen Seiten ins Dorf. Anwohner schätzen, dass 50 bis 60 Beamte im Einsatz waren.
Einsatz kann noch Tage dauern
Ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden hielt sich auf Anfrage der SZ bedeckt zu den Vorgängen in Luga – aus ermittlungstaktischen Gründen. Er bestätigte, dass „Dutzende“ Beamte im Einsatz gewesen seien und es noch immer sind. Die Aktion in Luga war lediglich „ein Puzzlestück eines größeren Polizeieinsatzes, der noch läuft“. Dieser Einsatz könne noch Tage andauern.
Vor Ort habe es „keine Festnahmen und keine Feststellungen“ gegeben. Er ließ durchblicken, dass der Einsatz offenbar einen ernsten Hintergrund hat und sprach von einer „Gefahr für Gesundheit und Leben eines Menschen“. Bei einer früheren Anfrage hatte die SZ bereits als Antwort erhalten, man müsse auch an den Opferschutz denken.
Zuletzt hatte es einen SEK-Einsatz im Kreis Meißen im vergangenen Dezember gegeben. Damals wurde bei einer Hausdurchsuchung das SEK im Priestewitzer Ortsteil Böhla angefordert, weil vermutet wurde, dass der 30-jährige Tatverdächtige eine scharfe Schusswaffe besitzt. Es ging um Diebstähle und Drogenmissbrauch.
Der Hamburger, dessen Haus am Freitag gestürmt wurde, hofft nun, dass ihm die entstandenen Schäden schnell ersetzt werden. Eigentlich hatte er an diesem Tag zurück nach Hamburg fahren wollen. Dann zeigte er auf die offene Haustür, die sich nun nicht mehr schließen lässt.