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Selten im Scheinwerferlicht

Mit Sophie Scheder ist erstmals eine Turnerin Sachsens Sportlerin des Jahres – und ihre Trainerin räumt gleich mit ab.

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© Robert Michael

Von Michaela Widder und Daniel Klein

Das erste Mal Tränen in den Augen hat Sophie Scheder, da geht es noch gar nicht um sie. Aber um einen nahen Menschen an ihrer Seite. Gabriele Frehse wird bei der Sächsischen Sportlergala am Samstagabend in Dresden als Trainerin des Jahres ausgezeichnet. Hart, aber liebevoll beschreiben die Turnerinnen in Chemnitz ihre „Gabi“, wie sie selbst schon von den Kleinen genannt wird. Die 55-Jährige ist überwältigt und gerührt, als sie ausgerechnet von Sophie Scheder, ihrer Besten, die Blumen überreicht bekommt.

Die Sportlerin des Jahres herzt die Trainerin des Jahres Gabriele Frehse. Es war einer der emotionalsten Momente des Abends.
Die Sportlerin des Jahres herzt die Trainerin des Jahres Gabriele Frehse. Es war einer der emotionalsten Momente des Abends. © Robert Michael
Das lustigste Foto machte Moderator Marc Huster mit seinem Handy-Selfie.
Das lustigste Foto machte Moderator Marc Huster mit seinem Handy-Selfie. © Robert Michael
Dynamo-Präsident Andreas Ritter versprach, den Porzellan-Pokal der Mannschaft nach der Rückkehr aus Marbella zu überreichen.
Dynamo-Präsident Andreas Ritter versprach, den Porzellan-Pokal der Mannschaft nach der Rückkehr aus Marbella zu überreichen. © Robert Michael

Die eine würde ohne die andere jetzt nicht auf der Bühne im Congresscenter stehen. Sie wissen das, und dennoch ist es der in Chemnitz zur Weltklasse gereiften Turnerin wichtig, das in dem Moment auch mal laut auszusprechen, „Ohne Dich, Gabi, wäre ich niemals so weit gekommen.“

In Rio wird Sophie Scheder Olympiadritte am Stufenbarren. Es ist eine dieser unverhofften Medaillen – dazu die erste für die deutschen Turnerinnen seit 28 Jahren an diesem Gerät. Elisabeth Seitz hatte damit allerdings als Vierte knapp die Medaille verpasst – und ungewöhnlich, aber typisch Sophie Scheder, sie dachte zuerst an ihre Freundin und Teamkollegin. „Ja, im ersten Moment konnte ich mich nicht richtig freuen, weil ich es weiß, wie schlecht es einem als Vierte geht“, erinnert sich die 20-Jährige auch noch fünf Monate später an ihre chaotische Gefühlswelt von Rio.

Mit Überraschungsbronze und diesem sympathisch-ehrlichen Auftritt hat es Scheder geschafft, in der Sportlerwahl sogar die beiden Olympiasiegerinnen – die Ruderin Annekatrin Thiele und die Kanutin Tina Dietze – hinter sich zu lassen. Bei einer Publikumswahl entscheidet eben nicht nur die Farbe der Medaille. „Ich bin ein bisschen verblüfft“, meint die gebürtige Wolfsburgerin, als sie zum zweiten Mal an diesem Abend in ihrem knallroten Ballkleid auf der Bühne steht. „Da hatte ich wohl viele Publikumsjoker. Es ist für mich eine ganz große Ehre, ein goldener Abschluss von 2016.“ Und für das Turnen, eine Sportart, die nicht im Rampenlicht steht, sei es eine tolle Sache. Bei der deutschlandweiten Sportlerumfrage war sie schon in die Top Ten gewählt worden, in Sachsen reichte es nach der Auszeichnung als Juniorsportlerin 2013 nun für den großen Titel – in 25 Jahren ist es der erste für eine Turnerin. Den Preis überreicht Ex-Rodlerin Sylke Otto, die zwischen 1998 und 2006 neunmal in Serie und damit die Umfrage so oft wie keine andere Athletin im Freistaat gewann.

Dass die zweifache Mutter, die im September im bayrischen Zirndorf einen Kinderladen eröffnet hat, auch heutzutage noch öfter auf der Straße erkannt wird als Scheder nach ihrem Rio-Auftritt, wundert nicht. Und doch hat sich für die Turnerin einiges seit Sommer verändert. „Ich habe ein paar mehr Fans und bin selbstbewusster geworden“. Der Erfolg zahlt sich für die Sportsoldatin auch finanziell aus. Drei neue Sponsoren hat sie gefunden. Ex-Biathletin Petra Behle ist nun ihre Managerin.

Nach viermonatiger Pause wegen Knieproblemen hat die Weltcupsiegerin vor zwei Wochen mit dem Training wieder angefangen. „Ich habe Bock, will unbedingt noch mal vier Jahre dranhängen und dann ganz oben auf dem Treppchen stehen.“ Eiserne Disziplin ist also täglich wieder gefragt. Noch konnte sie es sich erlauben, vom üppigen Dessertbüffet am Samstag gleich mehrmals zu naschen. „Im Moment schaut keiner so genau auf die Figur. Ich liebe Kuchen, Eis und Schokolade.“

Eric Frenzel, der zum dritten Mal in Folge die Wahl bei den Männern gewann, konnte nicht beim Süßen zugreifen, er grüßte per Video vom Weltcup in Val di Fiemme. Auch die Ersten in der Kategorie Mannschaft fehlten, die im Trainingslager in Marbella weilenden Dynamo-Fußballer schickten ihren Präsidenten zur Preisverleihung. „Das ist eine Würdigung für den ganzen Verein“, erklärte Andreas Ritter. „Und wir haben den Erstligisten aus Leipzig zum zweiten Mal in dieser Saison geschlagen“, sagte er mit einem Verweis auf die Pokalpartie. Davor hatte Dynamo bei der Sportgala erst einmal gewonnen – bei der Premiere 1993.