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Sex statt angedeutete Verführung

„Effi Briest“ kommt als Oper heraus. Sie verleugnet Fontane nicht und ist doch nah bei Wagner.

Von Bernd Klempnow
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Die Sehnsucht ist übergroß und die Gelegenheit günstig: Effi Briest (Liudmila Lokaichuk) geht auf die Avancen des erfahrenen „Damenmanns“ Major Crampas (Martin Shalita) ein.
Die Sehnsucht ist übergroß und die Gelegenheit günstig: Effi Briest (Liudmila Lokaichuk) geht auf die Avancen des erfahrenen „Damenmanns“ Major Crampas (Martin Shalita) ein. © Marlis Kross

Da stimmt doch was nicht! Das Orchester nimmt Fahrt auf: Die Melodie wird lauter, drängender, sogartig. Der Tenor schmachtet, die Sopranistin verzehrt sich: „Halt mich! Heil mich!“, singen sie über dem brodelnden Orchester, um schließlich über sich herzufallen. Nein, das kann nicht sein. So geht doch nicht Theodor Fontanes „Effi Briest“. Nie hat der Dichter in seinem Erfolgsroman von 1896 eine solche Leidenschaft beschrieben. Nur angedeutet beschrieben ist die Verführung der gelangweilten, unterforderten Effi durch den Lebemann Major Crampas. Das Verhältnis fand im Kopf des Lesers statt.

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