Von Andreas Rabenstein,Berlin
Schlimmer hätte das Urteil der Verfassungsrichter aus Berliner Sicht nicht ausfallen können. Die mit mehr als 60 Milliarden Euro verschuldete Hauptstadt hat keinen Anspruch auf zusätzliches Geld vom Bund, entschieden die Richter. Statt auf Hilfe von außen zu hoffen, solle Berlin lieber selbst mehr sparen und sein Vermögen verkaufen. Berlin sei zwar nach eigener Aussage sexy – aber eben doch nicht so bedürftig, wie es immer behaupte, sagte Gerichts-Vizepräsident Winfried Hassemer.
Er zitierte damit den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der seine Stadt in den vergangenen Jahren gerne als „arm, aber sexy“ tituliert hatte. Nun muss Wowereit sich an der Aufforderung des Gerichts orientieren – auch auf die Gefahr hin, dass Berlin noch ärmer wird. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung kündigte er an, den Sparkurs der vergangenen Jahre fortzusetzen. Wie weit ihm dabei die Linkspartei, mit der er gerade über die Fortsetzung der Koalition verhandelt, folgen wird, muss sich noch zeigen..
Disteln statt Möhren
Nach Einschätzung des Gerichts hat Berlin kein Problem wegen zu geringer Einnahmen, sondern zu viele Ausgaben, die besonders im Vergleich zum anderen großen Stadtstaat Hamburg viel zu hoch liegen. Vor allem in drei Bereichen könne die Hauptstadt weniger Geld ausgeben: in der Kultur, bei Universitäten und Wissenschaft und bei landeseigenen Wohnungen.
Immerhin leistet sich die Hauptstadt drei Opern, vier große Universitäten und zwei Zoos. Studiengebühren müssen in Berlin nicht gezahlt werden. Zudem verspricht Wowereit weitgehend kostenlose Kindertagesstätten, und es gibt rund 270 000 Wohnungen, die dem Land gehören. Große Teile der Berliner Politik lehnen allerdings weitergehende Einsparungen in diesen Bereichen ab.
Opern und Theater seien gerade für Berlin als Touristenmetropole wichtig, argumentiert Wowereit. „Es macht keinen Sinn, dass die Kultur in Berlin sich auf das Niveau einer Kleinstadt reduziert.“ Genauso wichtig für die Zukunft der Stadt und der ganzen Republik seien die 120 000 Studenten, die derzeit ausgebildet werden, meint die Linkspartei. Der Verkauf der landeseigenen Wohnungen für geschätzte fünf Milliarden Euro ist bei Linkspartei und linken SPD-Leuten ein Tabuthema – damit ließen sich auch nur die Zinsen von zwei Jahren bezahlen
Also muss in Berlin weiter kräftig gespart werden: Finanzsenator Thilo Sarrazin, der deutliche Vergleiche liebt und nicht zu Unrecht als „Sparmeister“ gilt, meinte: Der störrische Esel Berlin müsse nun Disteln statt Möhren essen. (dpa)
AZ: Bundesverfassungsgericht 2 BvF 3/03