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Showdown im Antennen-Krimi

Vodafone-Kabel oder die gute alte Antennengemeinschaft? In Graupa eskaliert der Streit um den Anbieter fürs Fernsehen.

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Von Mareike Huisinga, Thomas Möckel und Christian Eissner

Pirna. Es ist ein Fernseh-Krimi im wahrsten Sinne des Wortes: der Streit um den ehemaligen beziehungsweise neuen Fernseh- und Internetanbieter von insgesamt 185 Wohnungen am August-Röckel-Ring in Graupa. Die Häuser hier gehören der städtischen Wohnungsgesellschaft Pirna (WGP).

Mit Fernsehen und Internet versorgte die Mieter bisher die Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen. Ein Angebot, das die WGP zu Ende 2017 aber auslaufen lassen wollte. Sie hat einen Vertrag mit Vodafone für die Kabelversorgung abgeschlossen – zum Ärger vieler Bewohner, denn das Angebot der Antennengemeinschaft ist günstiger. Und diese will den Standort Graupa auch nicht aufgeben. Der Antennenbetreiber Pilz und Fischer pocht auf bestehende Verträge mit den Mietern.

Und so haben die betroffenen Graupaer seit einiger Zeit zwei Kabelnetze parallel in ihren Wohnstuben anliegen. Sie konnten sich zuletzt aussuchen, ob sie ihren Fernseher bei Vodafone oder der Antennengemeinschaft anstöpseln. Das Problem: Die WGP hat einen Exklusiv-Vertrag mit Vodafone abgeschlossen.

Am Mittwoch eskalierte der kuriose Streit. Eine Techniker-Mannschaft der WGP rückte vor Ort an und legte das Netz der Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen still. „Die Abschaltung war seit langem angekündigt. Wir sind der Hauseigentümer und entscheiden, was passiert“, wettert WGP-Chef Jürgen Scheible.

Allerdings hat der Geschäftsführer des städtischen Großvermieters wohl nicht mir der Chuzpe der Antennengemeinschaft gerechnet. Denn Mitarbeiter der Betreibergesellschaft Pilz und Fischer Elektronik GbR klemmten, nachdem der WGP-Trupp durch war, am Mittwochabend kurzerhand die eigenen Kabel wieder an. Mitinhaber Jens Fischer spricht in diesem Zusammenhang von einer „Reparatur“.

Die WGP-Geschäftsleitung erfuhr im Laufe des Donnerstagvormittags von der Aktion. Sofort schickte sie ihre Leute wieder nach Graupa, um dem Gemeinschaftskabel erneut und möglichst endgültig den Garaus zu machen. WGP-Chef Jürgen Scheible spricht von Hausfriedensbruch durch Pilz und Fischer, da die WGP bereits vor zwei Wochen ein Hausverbot gegen die Mitarbeiter der GbR ausgesprochen habe. Er behalte sich rechtliche Schritte gegen die Betreibergesellschaft vor, so Scheible.

Unterdessen holen Pilz und Fischer zum nächsten Schlag aus. Bereits zuvor hatten sie einen Rechtsanwalt aus Leipzig beauftragt, eine einstweilige Verfügung gegen die Netzabschaltung der Antennengemeinschaft zu erwirken. Und die bekommt die Betreibergesellschaft nach eigenen Angaben bereits am Donnerstagnachmittag: Das Landgericht Dresden habe verfügt, dass die WGP vorerst nicht in die Kabelanlage der Antennengemeinschaft eingreifen dürfe, sagt Eberhard Keyser, Antennengemeinschafts-Urgestein aus Graupa.

Die Hintergründe des Graupaer Kabelstreits sind kompliziert. Wer im Recht ist, kann letztlich wohl tatsächlich nur das Gericht klären. Das Angebot der Antennengemeinschaft fußt auf einem von den Mietern selbst mit aufgebauten Fernsehkabelnetz aus DDR-Zeiten. Es reicht von Dresden-Zaschendorf über Graupa bis Söbrigen. Über eine Million DDR-Mark flossen ab 1986 in das Projekt – und viele Arbeitsstunden der Mieter. Für zuletzt sechs Euro Netzwartungsgebühr bot die Antennengemeinschaft eine Grundversorgung mit rund 30 Fernsehprogrammen an, die vielen ausreichte.

Im Herbst 2017 forderte die WGP die Mieter auf, ihre Verträge mit dem Anbieter zu kündigen, weil ab 2018 Vodafone ein Kabelnetz für Fernsehen und Internet für die Häuser am August-Röckel-Ring betreibe. Vodafone bietet eine ebenfalls günstige Grund-Fernsehversorgung mit 30 Programmen zum Monatspreis von 9,99 Euro an, für 15 Jahre festgeschrieben.

Knackpunkt des Streits: Die Antennengemeinschaft hat zwar Verträge mit den Mietern, nicht aber mit der WGP. Die Wohnungsgesellschaft pocht nun auf ihr Recht, entscheiden zu dürfen, wer die Wohnungen in ihren Häusern mit Kabelanschlüssen versorgt. Die Betreiber der Gemeinschaftsantenne pochen im Gegenzug auf die Verträge mit den Mietern.

Trost für die Mieter: Trotz des Streits gucken sie derzeit nicht in die Röhre. Sie haben derzeit die Möglichkeit, über den Anbieter Vodafone kostenfrei fernzusehen. Kabel und Signal liegen an, versichert WGP-Geschäftsführer Jürgen Scheible.

In diesem Zusammenhang betont Scheible, dass die Mieter auch künftig nicht verpflichtet sind, Vodafone als Fernseh- und Internetanbieter zu wählen. „Sie können sich auch für einen anderen Anbieter entscheiden, jedoch nicht für die Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen.“ Ob der zweite Teil dieser Aussage so stehen bleiben kann oder ob die Gemeinschaft doch noch eine Chance bekommt, wird nach jetziger Sachlage wohl demnächst das Landgericht Dresden entscheiden.

Gernot Heerde, Ortsvorsteher von Graupa, bedauert den Streit um die Antennengemeinschaft. „Die Mieter haben eingezahlt in die Antennengemeinschaft und damals Arbeitsstunden geleistet. Sie sind folglich Miteigentümer der Antennengemeinschaft und hätten bei einer endgültigen Abschaltung dann keinen Nutzen mehr.“