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Sie hat Pegida den Platz genommen

Viola Klein hat den Kampf um den Altmarkt gewonnen. Jetzt gelte sie als Hassobjekt der Bewegung, sagt sie – allerdings auch für deren Gegner.

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© André Wirsig

Von Andreas Weller

Vielen Dresdnern war der Protest gegen Pegida bisher zu radikal und gespickt mit Personen, die dem extrem linken Lager zugerechnet werden. Auch wenn die Verantwortlichen von Herz statt Hetze um Rita Kunert nicht zum extremen Spektrum gehören, haben sie es nie geschafft, Massen auf die Straße gegen Pegida zu bekommen.

Das könnte an diesem Sonnabendnachmittag anders werden. Einerseits, weil erstmals Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) bei einer Gegenveranstaltung reden soll. Der andere Grund ist eine ganz normale Frau: Viola Klein. Die Dresdnerin ist Unternehmerin, führt die 250 Mitarbeiter starke Saxonia Systems. Außerdem veranstaltet sie seit zwölf Jahren die Hope Gala, die HIV-infizierte Kinder und deren Familien in Südafrika unterstützt. Und sie hat nun Pegida vom Altmarkt vertrieben. Die „patriotischen Europäer“ haben offenbar aufgegeben, um den Platz zu kämpfen. Nachdem sie den Streit in einem ersten Gerichtsverfahren verloren haben, mobilisieren sie zum Theaterplatz. Viola Klein kann ihr Hope Kinderfest auf dem Altmarkt durchführen. Damit könnte sie zum bürgerlichen Gesicht des Widerstands werden.

Allerdings will sie damit keinesfalls ins Rampenlicht. Fragt man Klein, ob sie Pegida den Platz streitig machen wollte, weicht sie aus. „Wir haben die Hope Gala erweitert. Die Bühne war eh geplant, um die Gala aus dem Kulturpalast nach draußen zu übertragen. Wenn sie steht, kann sie auch bespielt werden.“ Es sei sinnvoll, dies nachmittags zu tun, da es abends, wenn die Gala läuft, zu „stressig“ sei. Zu Pegida mag sie sich nicht äußern. „Ich gebe denen keine Plattform.“ Dresden werde von dem Bündnis vereinnahmt und das schade der Stadt.

Die Gala werde sich immer mal wieder verändern. „Wir wollten sie jetzt erweitern. Bei einem Hilfsprojekt für Kinder – was liegt da näher als ein Kinderfest? Die Idee dazu ist bereits im Mai entstanden, als wir darüber diskutiert haben.“ Deshalb verstehe sie nicht, dass Pegida sie nun als „Hassobjekt“ hinstellt, das dem Bündnis den Platz genommen hat. „Aber das halte ich aus.“ Klein werde auch von anderer Seite angefeindet. „Ich werde mal als linksradikal hingestellt, wie jetzt – aber auch als rechtsradikal wurde ich bereits bezeichnet.“ Denn Viola Klein tritt immer wieder in Erscheinung. Beispielsweise auch im Umfeld des umstrittenen Vereins „Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen“. Der Verein sammelt Spenden und verteilt Kleidung an Obdachlose, veranstaltet Weihnachtsessen für sie – allerdings nicht für Flüchtlinge, solange diese nicht anerkannt sind. Deshalb und weil Personen aus dem Umfeld von Pegida und rechten Gruppierungen dort mitwirken, ist der Verein in die Kritik geraten.

Klein hat das Engagement öffentlich gelobt und mit den Protagonisten wie dem Vorsitzenden Ingolf Knajder und Ex-FDP-Stadträtin Barbara Lässig mehrfach gesprochen. „Ich wollte einfach wissen, wer dahintersteckt und was die genau machen“, erklärt Viola Klein. Sie kenne Barbara Lässig bereits länger. „Dass man da miteinander spricht, halte ich für selbstverständlich.“ Überhaupt werde in der gespaltenen Dresdner Gesellschaft zu wenig miteinander gesprochen. Aber Klein habe auch klar gesagt, dass sie nicht Mitglied in dem Verein werde. „Zumindest nicht, solange es dort Leute gibt, die ihre Einstellung nicht ändern.“ Damit spielt sie auf mögliche rechte Tendenzen an.

Auch das Hope Kinderfest solle ein Beitrag sein, die Dresdner zu einen. „Dort können die immer Unzufriedenen sehen, dass etwas Gutes in dieser Stadt getan wird.“ Generell sollten Dresdner Unternehmer viel mehr von ihren Gewinnen dafür einsetzen, etwas für die Stadt zu tun, findet Klein. Das Kinderfest koste ihre Firma zwischen 15 000 und 20 000 Euro, denn sie muss neben der Technik auch Sondernutzungsgebühr für den Platz zahlen. Die fällt bei Versammlungen nicht an.

Da die Pegida-Teilnehmer sich nun um 15.45 Uhr auf dem Theaterplatz versammeln, mobilisieren die Gegner auch dorthin. Es soll – wie sonst bei den regulären Treffen montags – Protest direkt daneben geben. Außerdem sind fünf weitere Gegenveranstaltungen geplant. Die erste beginnt um 14 Uhr auf dem Postplatz. Um 16 Uhr treffen sich alle Menschenzüge am Pirnaischen Platz, um zur Abschlusskundgebung auf dem Neumarkt zu laufen. Dort wird auch OB Hilbert erwartet. Pegida hat insgesamt 5 000 Teilnehmer angemeldet, die Gegner rechnen mit rund 3 000 Menschen. Sie hoffen allerdings auf mehr, auch weil durch die Teilnahme von Hilbert und den Einsatz von Viola Klein sich vielleicht mehr Dresdner angesprochen fühlen. Ein breiterer bürgerlicher Protest könnte zum dritten Jahrestag von Pegida entstehen. Laut Stadtverwaltung müssen Dresdner und Besucher nachmittags mit Verkehrseinschränkungen in der Innenstadt rechnen.