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Schwedische Höhenflüge

Beim Sturzfestival in Dresden nimmt Olympiasiegerin Stina Nilsson Revanche und ist die neue Sprintkönigin vom Elbufer.

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Noch genug Kraft für einen dreifachen Jubelsprung haben Siegerin Stina Nilsson (Mitte) und ihre Landsfrauen Maja Dahlqvist und Jonna Sundlin.
Noch genug Kraft für einen dreifachen Jubelsprung haben Siegerin Stina Nilsson (Mitte) und ihre Landsfrauen Maja Dahlqvist und Jonna Sundlin. © dpa/Sebastian Kahnert

Es gibt so einige Rekorde an diesem Wochenende. Gebrochene Skistöcke zum Beispiel, von denen es schätzungsweise in jedem Rennen gleich mehrere gab. Auch die Sturzstatistik scheint rekordverdächtig. Und die Schnellsten am Elbufer – das ist nun wirklich überraschend – sind britische Langläufer. Das Duo James Clugnet/Andrew Young raste mit einer Höchstgeschwindigkeit von 44,6 km/h über die Strecke, gewonnen haben aber andere. Der 100 Gramm leichte GPS-Chip im Trikot ermittelte die Daten – ein Novum im Skilanglauf.

Wie rasant es im Sprint zugeht, sahen die Zuschauer am Wochenende beim zweiten Skiweltcup am Elbufer. Der Sprint lebt nun einmal von Duellen und den Millimeterentscheidungen. Wie eng Freud und Leid zusammenliegen, musste Sandra Ringwald erfahren. Noch am Samstag hatte die Schwarzwälderin als Siebente für die beste Platzierung in diesem Winter gesorgt, und am Tag darauf war sie mit Victoria Carl mit großen Hoffnungen in den Teamsprint gegangen.

Heiße Waffeln als süße Belohnung

Als Drittplatzierte in ihrem Lauf wollte die 28-Jährige unbedingt an der Konkurrenz aus Schweden und den USA vorbei, denn das erste Halbfinale war von der Zeit her wesentlich schneller gewesen. „Platz eins oder zwei – sonst ist es vorbei“, reimte Ringwald unbewusst. „Und dann habe ich mich mit den Skiern der Schwedin verkantet.“ Ein Sturz, und alle Hoffnungen versickerten in diesem Moment im Schnee.

Stina Nilsson kennt das Gefühl in Dresden. Bei der Premiere 2018 war die spätere Olympiasiegerin im Finale von Dresden selbst gestürzt. „Letztes Jahr war ich nicht so glücklich, das war eine echte Wiedergutmachung, bis zum Ende und durchhalten zu können“, sagte sie und hatte diesmal in Dresden nur im Waffelessen das Nachsehen. Weil die Siegerin in der Pressekonferenz erst viele Fragen beantworten musste, kamen ihre Landsfrauen, die Zweit- und Drittplatzierte Maja Dahlqvist und Jonna Sundling neben ihr schneller in den Genuss der warmen Waffeln mit Himbeersoße. Es dürfte die richtige Energielieferung gewesen sein, da die Schwedinnen am Sonntag einen Doppelsieg feierten. „Wir hatten einen guten Tag und sehr gute Skier. Schade, dass wir nicht drei Mannschaften stellen konnten“, meinte Nilsson mit einem Schmunzeln nach ihrem Erfolg mit Dahlqvist. 

Der Norweger Sindre Björnestad Skar feiert mit einer Sektdusche. 
Der Norweger Sindre Björnestad Skar feiert mit einer Sektdusche.  © dpa/Sebastian Kahnert

Über Platz zwei musste das Zielfoto zwischen der zweiten schwedischen Mannschaft, Norwegen und den USA entscheiden. Die beiden Deutschen Laura Gimmler und Elisabeth Schicho liefen als Siebente ein gutes Finale. „Die letzte Runde war schrecklich“, meinte Schicho erschöpft. „Da waren die Beine müde. Da habe ich versucht, mich nur noch ins Ziel zu retten.“

Wie kraftraubend der mit 4.000 Kubikmeter Kunstschnee belegte Kurs ist, erzählte auch Double-Sieger Sindre Björnestad Skar. „Es war schnell. Aber drei Minuten auf flacher Strecke zu laufen, ist härter als drei Minuten mit Auf- und Abstieg. Denn in Dresden kann man sich nie ausruhen“, erklärte Skar. Dazu blies an der Elbe ein heftiger Wind. Der Norweger trotzte am Sonntagmittag den noch widrigen Bedingungen mit Nieselregen und schaffte das Double in nicht mal 24 Stunden. „Man muss von vorne laufen und sich aus allem Ärger raushalten“, erklärte Skar die Taktik, obwohl sein Team erst kurz vor Schluss die Führung übernahm. „Es hat alles gut geklappt.“

Pellegrino hat zweimal Pech

Das konnte der zweifache Vorjahressieger Federico Pellegrino von sich nicht an diesem Wochenende behaupten. Der Italiener war der Pechvogel und schwärmte trotzdem von Dresden. In seinem Viertelfinale überquerte er zwar als Erster die Ziellinie, wurde aber nachträglich wegen unfairen Verhaltens disqualifiziert. Pellegrino hatte seinem Konkurrenten versehentlich seinen Skistock zwischen die Beine gehauen.

Bundestrainer Peter Schlickenrieder teilte den Jury-Entscheid nicht. „Für mich zählt immer: Macht es jemand, um den anderen auszuschalten oder passiert es im Eifer des Gefechts“, meinte der frühere Weltklasselangläufer. „Ich bin jemand, der gerne von der Show lebt, und Pellegrino hat Speed gehabt, er war eigentlich der Schnellere und ich würde meinen, das hat er nicht absichtlich gemacht.“ Aber auch mit einer Revanche am Sonntag klappte es nicht, weil der Mann aus dem Aostatal im Finale zu Fall kam. Die deutschen Männer hatten es gar nicht erst in die entscheidende Runde geschafft.

Insgesamt 4 700 Zuschauer kamen an beiden Tagen in der Arena mit Blick auf die Altstadt. Dazu ist die Rede von 15 000 Leuten an der Strecke. Auch wenn der Zuspruch nicht so groß wie bei der Premiere war, dürfte der Citysprint im Weltcup-Vergleich trotzdem zu den gut besuchten Veranstaltungen zählen. Zum Vergleich: Beim Weltcup der Nordischen Kombinierer im Val die Fiemme hatten sich am Wochenende nur vereinzelte Zuschauer verirrt. Bloß eines fehlte in Dresden: der echte Schnee, den sich die Organisatoren als Puderzucker gewünscht hätten und den es in Oberhof und anderen Orten zu viel gab.