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So macht Putzen Spaß

Mit dem Sauberkasten gelingt der Hausputz schnell und umweltfreundlich. Die kleinen Helferlein sind alle natürlichen Ursprungs und waren schon Omas Geheimwaffen.

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© Sebastian Willnow

Von Ines Mallek-Klein

Der Putzmittelschrank von Jeanette Schmidt ist randvoll. Da steht der Glasreiniger neben dem Backofenspray, die Parkettpflege hat sich zwischen den Allesreiniger und das Fliesenspray gedrängelt. Selbst Chlorix für die ganz ernsten Fälle darf nicht fehlen.

Wenn Jeanette Schmidt die Reiniger heute herausnimmt, dann allenfalls zu Demonstrationszwecken. Sie baut bei Vorträgen die Flaschenwand zwischen sich und den Zuhörern auf, um zu zeigen, was ein durchschnittlicher deutscher Haushalt so alles an Chemie hortet.

Die Leipzigerin war selbst überrascht, als sie 2015 ihren Putzschrank ausräumte. Und sie stellte sich zwei Fragen: Brauchen wir das alles wirklich? Und was wird aus der Chemie, wenn wir sie mit dem Putzwasser in die Kanalisation spülen? Dass das nicht gut für unsere Umwelt ist, war der 27-jährigen Studentin schnell klar. Sie beschäftigt sich in Dessau mit dem Fachbereich „Integriertes Design“, war gerade dabei, ihre Bachelorarbeit zu schreiben und die sollte unter dem Thema „Nachhaltigkeit im Alltag“ stehen. Nachhaltig einkaufen, nachhaltig essen, das alles lebt Jeanette Schmidt schon. Aber nachhaltig putzen? Die junge Frau mit den langen braunen Haaren und dem strahlenden Lächeln besuchte ihre Oma und fragte: „Wie habt ihr eigentlich früher geputzt?“

Mit verschiedenen Hausmitteln. Für deren Herstellung braucht man nicht mehr als fünf Zutaten. Essigessenz, Soda, Zitronensäure, Kernseife und Natron. Eine sechste Ingrediens sind ätherische Öle. Jeanette Schmidt hat sich für Melisse und Lavendel entschieden, wobei Letzteres nicht nur wohltuend riecht, es hat auch eine antiseptische Wirkung. Die Düfte können, müssen aber nicht zu den Putzmitteln hinzugefügt werden. Das ist vor allem für Leute wichtig, die unter Allergien leiden.

Mit dem Wissen um die Zutaten hat Jeanette Schmidt nach den Rezepturen für die Putzmittel gesucht. Neben der Oma half dabei auch das Internet weiter. Doch die Studentin wollte sich nicht auf das Hörensagen verlassen. Sie beauftragte eine Biochemikerin mit der Überprüfung der Rezepturen. Die reduzierte die eine und erhöhte die andere Zutat. „In den Grundzügen blieben aber die überlieferten Rezepte erhalten“, sagt Jeanette Schmidt. Auf der Basis der Zahlen stellte die junge Designerin ihren „Sauberkasten“ zusammen. Aus seinem Inhalt lassen sich zehn verschiedene Reiniger herstellen, von der Bodenpflege über den Glasreiniger, das Spül- und Waschmittel bis zur WC-Pflege. Die Rezepturen finden sich in einer übersichtlichen Karte. Zur Grundausstattung gehören neben dem Messbecher und Messlöffel auch die Etiketten zum Beschriften der Reiniger. Wer den Sauberkasten in der Premiumvariante bestellt, bekommt außerdem einen Trichter zum einfacheren Abfüllen, Handschuhe, einen Naturschwamm und verschiedene Sprühaufsätze dazu.

Die Zutaten des Sauberkastens reichen, je nach Putzwut, durchschnittlich sechs Wochen. Sie können als Set auch nachgekauft werden. Damit alle Zutaten immer gleich bei der Hand sind, hat Jeanette Schmidt dem Sauberkasten das Aussehen eines Werkzeugkastens verpasst. Er besteht aus Holz und wird in einer Werkstatt der Lebenshilfe bestückt. Die Beschäftigten dort portionieren auch die Zutaten, und zwar exakt so, dass sie sich nach den Rezepturen optimal aufbrauchen lassen und keine Reste entstehen.

Der Sauberkasten ist das Ergebnis der Bachelorarbeit von Jeanette Schmidt. Ihre Prüfer waren begeistert. Es gab eine 1,0. Und danach legte die Studentin eine Putzpause ein. Erst als immer mehr Freunde nach dem Sauberkasten fragten, ihn ausprobieren und kaufen wollten, reifte die Idee, den Sauberkasten zu vermarkten. Im Team. Henriette Grewling, genannt Jette und beste Freundin von Jeanette Schmidt, kümmert sich um den Einkauf, die Kalkulation, die Finanzen, Produktweiterentwicklung und die Rezepte – parallel zu ihrem Referendariat.

Um die Produktion starten zu können, musste Kapital beschafft werden. 30 000 Euro war das Ziel der Crowdfunding-Kampagne im Sommer dieses Jahres. Am Ende wurden es 42 000 Euro für 700 vorbestellte Sauberkästen. Die Zutaten sind bestellt und geliefert. Im Oktober begann die Abfüllung. Noch gibt es keine Erfahrungen, wie viele Kästen pro Tag in der Lebenshilfewerkstatt versandfertig gemacht werden. Aber Jeanette Schmidt, die mit ihrer Freundin mittlerweile auch eine GbR gegründet hat, ist optimistisch. Über die Internetseite „www.sauberkasten.com“ trudeln fast täglich neue Bestellungen ein. Die Kunden müssen vor der Lieferung bezahlen. Das reduziert das unternehmerische Risiko der jungen Frauen erheblich.

Sie haben, so scheint es, eine echte Marktlücke entdeckt. Selbermachen ist in und der Wunsch, nachhaltiger zu leben, wächst. „Nicht nur bei der jungen Generation“, sagt Jeanette Schmidt. Sie stellt ihr Spülmittel grundsätzlich selbst her und auch ihre Mutter hat den Sauberkasten im Schrank. Es gibt ihn in drei Varianten, die – abhängig von der jeweiligen Ausstattung – zwischen 35 und 70 Euro kosten.

Noch ist das Team des Sauberkastens im Social Impact Lab Leipzig zu Hause. Im Plagwitzer Stelzenhaus haben die Gründerinnen ein achtmonatiges Stipendium absolviert, Workshops besucht und den Marktstart vorbereitet. In wenigen Wochen schon wollen die beiden Unternehmerinnen ihr eigenes Büro beziehen, direkt neben einem Lager. Das wird dringend benötigt, denn die Zahl der Anfragen steigt. Neben Reformhäusern und Bioläden gibt es auch schon Anfragen von umweltbewussten Hoteliers und Pensionsbetreibern, die den Sauberkasten für die Reinigung der Zimmer nutzen möchten.

Jeanette Schmidt hat ein Urlaubssemester eingelegt, wird aber noch einmal an die Hochschule nach Dessau zurückkehren, um dort ihren Master zu machen. Parallel, so hofft sie, bleibt Zeit genug, um weiter an der Geschäftsidee zu feilen. Aktuell lässt sich aus den Zutaten Universalwaschmittel für 16 Wäschen herstellen. „Viele Kunden fragen aber nach, ob es nichts Spezielleres für Weißes, Buntes oder Seide geben könnte“, sagt Jeanette Schmidt. Auch ein Schuhputzset oder Kosmetik zum Selbermachen sind denkbar. „Da ist noch ganz viel möglich“, sagen die Gründerinnen lachend und gestehen, dass sie früher selbst gar nicht so gern geputzt haben. Aber seit ihre eigenen Produkte zum Einsatz kommen, hat sich das grundlegend geändert. Jeannette Schmidt wird irgendwann einmal die bunte Flaschenkollektion mit den Industriereinigern entsorgen. Aber erst, wenn sie weiß, wie man das umweltschonend macht.

Bestellungen für den Sauberkasten sind online unter www.sauberkasten.com gegen Vorauskasse möglich. Die Basisvariante ohne Transportbox kostet 35 Euro, die Premiumvariante gibt es für 70 Euro. Geliefert wird bundesweit, aber auch nach Österreich oder Dänemark. Die Putzmittelzutaten lassen sich im Set für 25 Euro nachbestellen.