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So ticken die Lehrer von morgen

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist Sachsens Lehramts-Absolventen wichtiger als die große Karriere.

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© dpa

Von Carola Lauterbach

Lehrer werden in Sachsen liegt wieder im Trend. Vor allem Lehrer in Sachsen bleiben. Nachdem junge Leute, die hierzulande auf Lehramt studiert haben, über Jahre hinweg mangels Angeboten zur Ausübung ihres Berufes regelrecht in andere Bundesländer getrieben wurden, stellt sich die Situation jetzt ganz anders dar. Lehrer werden gebraucht, weil sich ein Generationswechsel großen Stils in den Schulen vollzieht. In gut zehn Jahren wird die Hälfte der heute noch unterrichtenden Lehrer in den Ruhestand gegangen sein.

Wie die nächste Generation an Pädagogen tickt, zeigt die kürzlich vorgestellte zweite Absolventenstudie des Sächsischen Kompetenzzentrums für Bildungs- und Hochschulforschung. Lehramtsabsolventen der Prüfungsjahrgänge 2010 und 2011 – also vor der Reform der Lehrerausbildung in Sachsen – beurteilen ihre Studiensituation demnach deutlich schlechter als Bachelor-, Master- und Diplomstudiengänge. Ihre Unzufriedenheit bezieht sich vorrangig auf die Organisation des Studiums und die Lehre. Lediglich ein Viertel äußert sich rückblickend positiv.

Den Umfang des Lehrstoffs halten demnach knapp 40 Prozent aller befragten Studierenden für zu hoch. Ähnlich verhält es sich bei den Lehramtsabsolventen. 38 Prozent beurteilen zudem ihre Prüfungsanforderungen als zu hoch.

Ihre beim Studium erworbene Kompetenz zum Selbstlernen sowie die wissenschaftliche Fach- und die Kommunikationskompetenz schätzen die Absolventen der sächsischen Lehramtsstudiengänge etwas bzw. deutlich geringer ein als der Schnitt der Universitätsabsolventen. In puncto Organisation und Führung sehen sich die „Lehrämtler“ allerdings vorn.

Ein reichliches Viertel aller Absolventen gibt an, während des Studiums kein Praktikum absolviert zu haben, im Lehramt ist es jeder Fünfte. Freiwilligen Praktika unterzog sich nur ein Prozent der Lehramtsabsolventen (im Vergleich: 35 Prozent bei Magister), allerdings absolvierten mehr als zwei Drittel von ihnen Pflichtpraktika (Schnitt aller Uni-Absolventen: 42,6 Prozent). Den Nutzen, den sie daraus zogen, ist bei den Lehrämtlern in Bezug auf den Erwerb fachlicher Kompetenzen mit fast 75 Prozent besonders hoch. Dass ihnen das Praktikum allerdings nützlich war, um Kontakte für ihren späteren Berufseinstieg zu knüpfen, bejahte lediglich ein reichliches Viertel (im Vergleich: bei Master-Absolventen 52,8 Prozent).

Was macht den Wert des Studiums für den Einzelnen aus? Sich persönlich weiterzuentwickeln, einen interessanten Beruf zu ergreifen und sich über längere Zeit zu bilden steht im Ranking der Lehramtsabsolventen weit oben. Die Verwertbarkeit für die berufliche Karriere oder die Vermittlung erforderlicher Erkenntnisse für den Beruf wird – wie bei allen Uni-Absolventen – deutlich geringer eingestuft.

Pluspunkt sicherer Arbeitsplatz

Die Zufriedenheit mit ihrer aktuellen bzw. letzten Beschäftigung ist bei Lehramtsabsolventen im Vergleich zu anderen am höchsten in Bezug auf die selbstständige Gestaltung (knapp 83 Prozent) und die Inhalte der Tätigkeit (79) sowie die Möglichkeiten, eigene Ideen einzubringen (77,8). Hinsichtlich des Arbeitsklimas oder des Lebensumfeldes gibt es jedoch glücklichere Absolventen. Mit Blick auf ihre berufliche Position, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung und des Verdienstes sind Lehramtsabsolventen zufriedener als alle anderen. Ihre Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben schätzen sie schlechter ein.

Auf die Frage, welche beruflichen Veränderungen sie in den kommenden zwei Jahren anstreben, stehen für alle Uni-Absolventen höhere Einkommen und berufliche Qualifikation ganz oben. Zudem ist den angehenden Lehrern die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie die Konzentration auf Kindererziehung und Familie erheblich wichtiger als anderen. Deutlich uninteressanter als anderen Absolventen ist ihnen indes beruflicher Aufstieg oder eine Promotion anzustreben. Sie haben auch nicht im Entferntesten das Bestreben anderer Absolventen, ihre Beschäftigung zu wechseln.

Wie beurteilen die Absolventen den Stellenwert ihres Berufes? Für 80 Prozent ist ein Leben ohne Beruf schwer vorstellbar. Das gilt in besonderem Maße für jene mit Lehramts-Abschluss. Stärker als anderen ist ihnen allerdings die Familie wichtiger als das berufliche Fortkommen. Etwas ausgeprägter ist bei ihnen auch die Auffassung, dass der Beruf nicht nur Mittel zum Zweck ist.Die eingangs geäußerte These, wonach angehende Lehrer jahrelang in anderen Bundesländern Arbeit suchen mussten, belegt die Nachbefragung der Absolventen der Prüfungsjahre 2006 und 2007. In der Gruppe der Lehrämtler gibt es heute – so heißt es in der Studie – mit 39 Prozent den erwartungsgemäß größten Anteil an Beamten. In Sachsen allerdings sind Lehrer grundsätzlich Angestellte.