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So wird die Schlammflut ausgebremst

An der Hohen Eifer sorgt jetzt ein System für Schutz, das man sonst nur aus den Alpen kennt.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Ein merkwürdiges Bauwerk zieht derzeit am Unterlauf des Kirchsteig- oder Gainitzbaches die Blicke auf sich. Abgeschälte Robinienstämme stecken in massiven Metallhülsen. Der Bachlauf ist mit schweren Granitsteinen gesichert. Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) balanciert an diesem Freitagvormittag vorsichtig zu der Geschiebesperre, um diese in Augenschein zu nehmen. Es handelt sich um den neusten Baustein in einem ausgefeilten System, welches dem Triebischtal eine erneute Schlammflut wie im Jahr 2014 ersparen soll.

© SZ-Grafik

Geröll und Holz werden aufgehalten

Gebildet wird die Geschiebesperre aus sieben je 30 Zentimeter dicken Holzpfählen. Diese sind auf einer Linie im Abstand von etwa 90 Zentimetern angeordnet. Das Bauwerk soll verhindern, dass wie vor vier Jahren Steine, Erdmassen und Holz den verrohrten Unterlauf des Baches verstopfen. Damals hatte sich das Wasser zusammen mit Treibgut angestaut und schließlich lawinenartig ins Tal ergossen. Die Folge waren Schäden in Millionenhöhe und wochenlange Aufräumarbeiten. Bei einem erneuten Starkregen in dieser Heftigkeit soll die Sperre künftig das Geschiebe in einem Becken mit einer Größe von 1 150 Kubikmetern sammeln. Von dort kann es über eine Zufahrt abtransportiert werden. Ist dies nicht möglich, lässt sich das überschüssige Wasser über einen Notüberlauf ableiten.

Bauern achten beim Säen auf Richtung

Systematisch betrachtet, beginnt der Schutzverbund für das Triebischtal auf dem Hochland zwischen Schletta, Dobritz und Korbitz. Auf den Ackerflächen in diesem Gebiet kommen bei Starkregen sehr schnell riesige Wassermengen zusammen. Mit den Landwirten wurde nach 2014 vereinbart, dass diese Kulturen anbauen, welche nicht – wie etwa Mais – das Wasser hindurchschießen lassen. Zudem wird schon beim Aussäen darauf geachtet, die Linien so anzulegen, dass diese nicht als Kanäle ins Tal zeigen. Südlich von Korbitz sorgt ein Streifen aus Stieleichen, Linden und Ahornbäumen sowie über 200 Sträucher auf einem neuen Wall für Sicherheit.

Becken, Damm und Baumgürtel

Zum Schutz des Triebischtals entstand auf dem Hochland in einer bereits vorhandenen Senke ein Rückhaltebecken mit einem Volumen von 5 600 Kubikmetern Wasser. Der damit verbundene Damm hat die beeindruckenden Maße von 81 Metern Länge und sechs Metern Höhe. Ergänzend hat die Stadt auf eigenen Flächen in einem Halbrund oberhalb des Waldes einen breiten Baumgürtel angelegt. Auf mehreren Hektar Fläche wachsen hier mittlerweile Bergahorn, Esskastanien, Stieleichen, Vogelkirschen und Winterlinden, dazu Sträucher wie Schlehen. Bis dieser natürliche Schutzstreifen seine volle Wirkung entfalten kann, wird es noch einige Jahre dauern.

Nichts kann mehr verstopfen

Im über die Jahrhunderte ausgewaschenen Tal des Kirchbaches geht es weiter. An verschiedenen Punkten, wo Teile des Kirchsteigbaches zusammenfließen und es deshalb gefährlich werden könnte, hat die Stadt Furten errichtet lassen. So werden Stellen bezeichnet, an denen ein Fluss auch zu Fuß oder mit einem Fahrzeug durchquert werden kann. Im Vergleich zum vorherigen Einsatz von Rohren hat das einen entscheidenden Vorteil. Die Durchlässe wurden früher von Schutt, Geröll und Schlamm verstopft. Mit den Furten kann das nicht mehr passieren. Insgesamt entstanden im Stadtwald entlang des Baches vier Furten aus Granit. Um die Begehbarkeit der Rad- und Wanderwege wieder zu gewährleisten, wurden zudem zwei Brücken aus Glasfaser errichtet. Sie ersetzen die zerstörten Stahlbrücken. Anders als bei ihren Vorgängern lassen sich bei den neuen Brücken beschädigte Teile leichter austauschen.

Wasser wird in die Triebisch geführt

Nur wenige Meter unterhalb des Geröllfangbeckens am Unterlauf des Kirchsteigbaches, wird dessen Wasser in einem riesigen Rohr aufgefangen. Ein stabiler Käfig, in der Fachsprache Rechen genannt, hält erneut Geröll und mitgeschwemmtes Holz zurück. Allerdings endet das breite Rohr derzeit noch etwa in Höhe des Angerweges. Das soll sich ab nächstem Jahr ändern. Dann wird auch dieser Bereich bis hin zur Einmündung in die Triebisch in der Nähe des Städtischen Bauhofs so aufgebohrt, dass er größere Mengen Wasser besser abführen kann. Knapp eine halbe Million Euro sind hierfür in den Haushalt eingestellt. Der frühere Mühlgraben soll als redundantes System ertüchtigt werden, um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.