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Software für Singapur

Eine Neugersdorfer Computerfirma schreibt ein Programm, das selbstständig programmiert. Und verkauft es in alle Welt.

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© Rafael Sampedro

Von Gabriela Lachnit

Neugersdorf. Carl-Philip-Hänsch ist mittendrin beim digitalen Wandel statt nur dabei. Der Gründer des Neugersdorfer Start-Up-Unternehmens Launix Software-Entwicklung und sein Team entwickeln individuelle Computerprogramme. Seit September 2017 arbeitet Launix an einem Problem, das den digitalen Wandel beschleunigen soll. „Individuelle Computerprogramme, also spezielle Software, werden immer öfter gebraucht“, weiß der 26-jährige Firmengründer. Bislang wurden für jedes Unternehmen die Programme immer vom ersten Schritt an die Tippel-Tappel-Tour bis zur fertigen Software vom Programmierer neu geschrieben. Das ist aufwendig, langwierig und damit nicht mehr zeitgemäß. „Je mehr die Digitalisierung voranschreitet, desto spezieller sind die Anforderungen an Unternehmens-Software“, begründet Carl-Philip Hänsch, der im Oberland aufgewachsen ist. Mit Frau und zwei kleinen Kindern lebt er in einem erworbenen Umgebindehaus in Ebersbach-Neugersdorf. Und der junge Mann setzt alles daran, fünf Jahre Informatik-Studium an der TU Dresden nicht nur für die Firma zu nutzen, sondern auch sein Haus „intelligent“ auszustatten. Er könne nicht anders, sagt der Neugersdorfer mit einem verschmitzten Lächeln.

Der Markt der Software-Entwicklung ist umkämpft. Billige Standardsoftware kommt aus Asien. Hiesige Programmierer müssen bei der Entwicklung angepasster Software oft Abstriche machen, um das Budget der Firmen nicht zu sprengen. Ohne individuelle Software können viele Firmen aber nicht produzieren. Aber: Nicht jedes Unternehmen lässt sich in ein Schema pressen und kann Standardsoftware nutzen. Also geht Launix mit seinen drei Mitarbeitern und einem Azubi einen neuen Weg, indem die Firma ein Computerprogramm erarbeitet hat, das selbst Programme programmiert. Der Firmengründer erläutert: „Genannt wird das FOP, Feature Oriented Programming. Grundlage von FOP ist eine Beschreibungssprache, mit der man Wünsche an die Software ausdrücken kann.“ Diese Beschreibungssprache bildet aus logischen Schlussfolgerungen ein fertiges Programm. Der Neugersdorfer ist stolz darauf, dass er FOP unter anderem nach Singapur verkaufen konnte, obwohl die dortigen Programmierer viel weniger Lohn bekommen. Sein Programm habe auch in der Schweiz Kunden überzeugt, freut sich der 26-Jährige. „Software entsteht künftig also nicht mehr durch die Programmierarbeit einer Horde von Spezialisten, sondern mit dem Kunden am Reißbrett“, berichtet Hänsch.

Sozusagen Software per Knopfdruck? Diese Vorstellung sei sehr reizvoll, findet Professor Christian Wagenknecht vom Fachbereich Informatik an der Hochschule Zittau-Görlitz. Seit Jahren gebe es mehr oder weniger zufriedenstellende Dienstprogramme, sogenannte Tools, die das automatische Herstellen von Software bewerkstelligen sollen. „Ginge dies uneingeschränkt, würde das nicht nur riesige Entwicklungsressourcen einsparen, sondern auch Fehlerkorrektur, Anpassung und Wartung von Software unterstützen“, sagt der Professor. Global sei dies jedoch nicht der Fall, so dass sich Konzepte wie FOP immer nur auf bestimmte Teilbereiche sinnvoll anwenden lassen. Um Geschäftsmodelle wie das von Launix realisieren zu können, sind Theoriekenntnisse, Programmiererfahrung und einige Werkzeuge zur Generierung der Software nach Kundenwunsch aus einer Art Baukasten erforderlich. Auch hierfür brauche es Entwickler, sagt der Informatiker. Man dürfe nicht erwarten, dass bald immer weniger Programmierer gebraucht würden. Gerade aktuelle Themen wie Webprogrammierung, mobile Anwendungen, Industrie 4.0 und autonome Systeme erfordern immer mehr qualifizierte Informatiker, betont Professor Wagenknecht. Hierfür leiste die Hochschule Zittau-Görlitz einen Beitrag. Die hier ausgebildeten Informatiker finden in der Oberlausitz, aber auch überregional in klein- und mittelständischen Unternehmen, genauso wie in Großunternehmen derzeit lukrative Jobangebote.

Die hatte auch Carl-Philip Hänsch unterbreitet, für zunächst einen Mitarbeiter, der im Januar bei Launix gestartet ist. Ab September will das Unternehmen weitere Stellen für Lehrlinge anbieten. Ausgebildet werden dann Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung. Sie sollen künftig unter anderem bei Programmierung und Kundenberatung tätig sein. An Beratung will Hänsch nicht sparen. Dafür bei den Kosten, die der Kunde zahlen muss für individuelle Computerprogramme. Die werden künftig ein Viertel von dem kosten, was früher zu bezahlen war, hat Hänsch ausgerechnet.